Dannenröder Forst

Protest gegen A 49 bleibt zuversichtlich

06:43 Minuten
Auf einer Autobahnbrücke posieren drei Aktivisten vor einem Stofftransparent mit der Aufschrift "Strabag raus aus dem Danni"
"Wir sind gegen den Bau der Autobahn, weil es ein Planungsdinosaurier ist", sagt einer der Aktivisten. © Deutschlandradio / Ludger Fittkau
Von Ludger Fittkau |
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Der Winter hat den Protest in Hessen gegen den Bau der A 49 zwar abgekühlt. Doch mit den Temperaturen steigen auch wieder die Aktivitäten. Den Bau werden die Aktivisten wohl nicht mehr verhindern. Ihnen geht es aber eh ums große Ganze.
Eine Stadtautobahn am Rande von Darmstadt. Auf einer Brücke über der Schnellstraße befestigen Tamara, Erik und Jakob ein selbstgemaltes Transparent an der Brüstung. Die Aufschrift: "Strabag raus aus dem Danni".
Anfang März hat die Strabag, einer der größten europäischen Baukonzerne, die Baustelle im Dannenröder Wald übernommen, nachdem die Rodungsarbeiten Ende Februar abgeschlossen wurden. Die Strabag wird nun die umstrittene Autobahn A49 in Mittelhessen zu Ende bauen. Dagegen richtet sich die Aktion an der Autobahnbrücke.

Gesellschaftliche Kosten eines Großprojekts

Jakob ist schwarz gekleidet und trägt eine rote Atemschutzmaske: "Wir sind gegen den Bau der Autobahn, weil es ein Planungsdinosaurier ist und deswegen wollen wir nicht, dass Strabag dort die Autobahn baut."
Die jungen Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten aus Hessen wissen jedoch: Den Bau der Autobahn A49 werden sie wohl nicht mehr verhindern. Doch sie wollen der Politik und der Wirtschaft zeigen: Die gesellschaftlichen Kosten für den Bau solcher Großprojekte sind in Zeiten des Klimawandels sehr hoch.
Jakob erinnert an die Konflikte um die Startbahn West des nicht allzu weit entfernten Flughafens Frankfurt am Main vor mehreren Jahrzehnten:
"Damals haben sie die ganze Startbahn mit Stacheldraht eingezäunt. Ich bin mal gespannt, ob sie das diesmal mit einer kilometerlangen Autobahntrasse auch so machen, damit sie durchbauen können. Aber ich bin mir sicher, das wird jetzt nicht das Ende gewesen sein. Und es sind ja auch noch andere Autobahnen zu verhindern."

Der Winter dämpfte den Protest

Zwischen Ende Dezember und Ende Februar war es ruhiger geworden im Dannenröder Forst. Zum einen waren alle Protest-Baumhäuser abgeräumt und die Bäume gefällt worden. Zum anderen führte der zum Teil sehr kalte Winter dazu, dass sich das Protestcamp am Dorf Dannenrod zeitweise fast vollständig geleert hatte.
Doch der Vorfrühling und die anstehenden Kommunalwahlen in Hessen Mitte März sorgen dafür, dass der Protest rund um die Autobahn-Baustelle in Mittelhessen wieder zunimmt.
Für den April planen die meist jungen Klima-Aktivisten und -Aktivistinnen ein mehrtägiges Klimacamp am Dorf Dannenrod.

In den Camps herrschte Tatendrang

Auch Tamara aus Südhessen wird daran teilnehmen, versichert sie auf der Autobahnbrücke, auf der nun das Protestplakat hängt. Dort sollen "verschiedene Vernetzungsaktionen und auch Workshops" stattfinden.
Erik, der dritte Aktivist, studiert in Darmstadt Politikwissenschaften. Auch er war im vergangenen Jahr mehrmals im Protestcamp am Dannenröder Forst. Die Aktion hat ihn begeistert, sagt er.
"Erstmal sehr, sehr viele und auch mutige Menschen, die da gegen die Abholzung protestiert haben. Ich war am Anfang dort, dann ziemlich gegen Mitte und auch gegen Ende nochmal, bei der Ende-Gelände-Aktion. Viel Tatendrang! Ja, das war eigentlich ziemlich cool, dass wir dann da waren. Und die ganzen Baumhäuser waren auch eine kleine Utopie. Es hat sehr viel Spaß gemacht, da mal eine Woche zu wohnen."

Die Bevölkerung ist geteilter Meinung

Erik weiß: Die Autobahn in Mittelhessen wird von der Bevölkerung nicht einhellig abgelehnt. Etwa die Hälfte der lokalen Bevölkerung ist für den Bau der A 49, weil sie sich Entlastung vom LKW-Lärm verspricht.
Bisher schieben sich viele Lastwagen durch kleine Dörfer, weil ein ungefähr 40 Kilometer langes Teilstück noch fehlt. Das Teilstück, das der Baukonzern Strabag nun bauen will:
"Es gab ein paar Autoritäten in Dannenrod, den Pfarrer etwa, die haben uns sehr stark unterstützt. Der war auch stark gegen die Polizeigewalt, die dort stattgefunden hat. Er hat immer wieder dazu aufgerufen, friedlich mit den Demonstrant*innen umzugehen. Ja, aber von den anderen Seiten: Die Hälfte war für den Autobahnbau, die andere Hälfte, die vielleicht auch direkt Anwohner*innen waren, sind stark dagegen gewesen. Die haben uns auch sehr stark unterstützt. Mit Küchenessen und Duschangeboten und so weiter."
Tamara weiß aus der eigenen Familie, dass Autos vor allem bei Älteren lange Zeit mehr als ein reines Fortbewegungsmittel waren: "Das Auto war früher mehr ein Statussymbol als für meine Generation."

"Mehr Schienen und Busstrecken bauen"

Erik, Jakob und Tamara engagieren sich in der Darmstädter Jugendgruppe der globalisierungskritischen Organisation "Attac". Im Dannenröder Forst haben sie viele andere junge Politik-Aktivistinnen und -Aktivisten aus ganz Europa kennengelernt, die sich konsequent für eine Verkehrswende einsetzen: Weg vom Verbrennungsmotor und mehr Straßenbau – hin zu Elektromobilität und mehr öffentlichem Personennahverkehr. Wenigstens nach Corona, hofft Erik:
"Der Trend bei Corona ist, zumindest nach meinem Empfinden, eher, dass es wieder zurück zum Auto geht. Weil man eher Angst hat, sich in Bus und Bahn anzustecken. Aber ich hoffe natürlich, dass wir irgendwann über die Autos hinwegkommen und einen klimafreundlichen ÖPNV haben. Und da ist es natürlich direkt das falsche Zeichen, eine neue Autobahn zu bauen. Man müsste sehr viel mehr Schienen und Busstrecken bauen."

Proteste gegen die IAA geplant

Das Thema Verkehrswende wird die Gruppe in den nächsten Monaten weiterhin beschäftigen, auch über den Dannenröder Forst hinaus. Das erklärt Jakob. So werden jetzt schon Aktionen gegen die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) geplant, die im September erstmals in München stattfinden wird:
"Wir werden uns in diesem Jahr vor allem in die Proteste gegen die IAA einbringen, weil wir finden, dass es falsch ist, heutzutage den Bau von großen Autos zu propagieren. Auch viele alternative Energieformen wie Elektroautos haben ungelöste Energieprobleme. Deswegen protestieren wir dort."

Bahn- statt Autoverkehr

Doch zunächst ist erst einmal ein kleiner Demozug vom alten Bahnhof in Homberg (Ohm) geplant, nicht weit vom Dannenröder Forst entfernt. Der Anlass ist die Kommunalwahl in Hessen am 14. März.
Mit dieser Demo wird an die Politik in Mittelhessen appelliert, den seit Jahrzehnten stillgelegten Bahnhof in Homberg wieder in Betrieb zu nehmen und die Stadt wieder an das Schienennetz anzubinden.
Das Motto: "Ohmtalbahn reaktivieren statt Autobahn bauen."
(thg)
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