Darf ich mir eine Designerbrille drucken?
Der gesamte Bereich des 3D-Druckens ist noch neu. Insofern gibt es keine Rechtsprechung, die spezifisch auf die Situation dieser Kulturtechnik zugeschnitten wäre, sagt der Jurist und Netzexperte Volker Tripp. Auch das Marken-, Urheber- oder Patenrecht greife nur bedingt.
Joachim Scholl: Und heute fragen wir nach den rechtlichen Folgen und Weiterungen, die dieser technische Umbruch mit sich bringt. Thomas Reintjes hat recherchiert, mit welchen Problemen sich demnächst vielleicht die Gerichte beschäftigen müssen, wenn jeder sich seine Designerbrille oder den Lego-Baukasten für die Kinder selbst ausdrucken kann.
Beitrag "Ich drucke mir die Welt" von Thomas Reintjes
Thomas Reintjes über das, was auch juristisch ansteht, wenn Konsumenten zu Makers werden, zu Herstellern, mithilfe von 3D-Drucktechnik. Bei mir im Studio ist jetzt der Netzexperte und Jurist Volker Tripp. Guten Morgen!
Volker Tripp: Guten Morgen!
Scholl: Greifen wir gleich mal diesen eben erwähnten Fall auf, Herr Tripp: Eine Waffe, selbst produziert, zu Hause, mit meinem privaten 3D-Drucker – muss das nicht sofort verboten werden?
Tripp: Das ist sogar verboten nach dem Waffengesetz, jedenfalls dann, wenn es sich um eine funktionsfähige Waffe handelt, das ist ja momentan bei den 3D-Druckern noch so ein bisschen das Problem, aber wenn das eine funktionsfähige Waffe im Sinne des Waffengesetzes ist, bräuchte ich dafür zunächst mal eine behördliche Erlaubnis.
Scholl: Und wie sieht es im friedlichen Bereich aus? Ich kann mir mittels eines solchen Druckers ja jeden Gegenstand in verschiedenen Materialien herstellen. Darf ich das überhaupt? Also die alte Tasse, von der Oma geerbt, vermutlich schon, da wird sich niemand aufregen – aber auch die Designerbrille von Ray-Ban, die im Laden 200 Euro kostet?
Tripp: Na ja, dieser ganze Bereich des 3D-Druckens ist ja zurzeit noch recht neu. Das bedeutet, es gibt dazu keine Rechtsprechung und auch keine Gesetze, die spezifisch auf die Situation von 3D-Druckern zugeschnitten wären. Allerdings gibt es bestehende Gesetze, die durchaus durch die Gegenstände, die man mit 3D-Druckern herstellen kann, berührt sein könnten, also insbesondere das Patentrecht, das Geschmacksmusterrecht, das Markenrecht und das Urheberrecht. Das Patentrecht schützt insbesondere Erfindungen, das heißt, bestimmte Verfahrensweisen oder Mechanismen. Falls die betroffen sein sollten, dann hat der Patentinhaber mir gegenüber ein Ausschließlichkeitsrecht, das heißt, er kann mir die Benutzung verbieten. Es gibt zwar eine Ausnahme, für den rein persönlichen Gebrauch, das bedeutet aber dann, dass ich diesen Gegenstand nicht gegenüber anderen verbreiten darf, ja?
Ein weiteres Problem, was im Hinblick auf das Patentrecht besteht, ist das ja hier die bloße Anleitung, also dieser Datensatz, den ich für den 3D-Drucker brauche auf der einen Seite, und die Herstellung des Gegenstandes selbst auseinanderfallen. Und die Information über Patente als solche, die wird durch das Patentgesetz nicht verboten, nur die Herstellung und Benutzung eines patentierten Gegenstandes.
Scholl: Ich glaube, das ist das, was man landläufig ja unter Copyright versteht, also Markendesigns sind ja warenrechtlich geschützt – wir alle kennen dieses Zeichen eingetragenes Warenzeichen –, reicht dieser Schutz denn jetzt noch aus dafür?
Tripp: Na ja, also zunächst mal, das eingetragene Warenzeichen ist etwas anderes als ein Patent oder ein Geschmacksmuster, das Markenrecht schützt vor allen Dingen das Kennzeichen eines Unternehmers im Geschäftsverkehr. Und anders als das Patentrecht greift das Markenrecht ohnehin nur, wenn ich geschäftlich oder im Geschäftsverkehr tätig werde. Das ist ja nicht unbedingt der Fall, bei …
Scholl: Also so wie beim Brennen einer privaten CD?
Tripp: Genau, also wenn ich das rein im persönlichen Bereich mache, dann ist auch das Markenrecht nicht berührt, ja? Dazu müsste ich tatsächlich meinen markenrechtlich nachgebildeten Gegenstand – ich drucke mir einen Mercedesstern aus oder so was, oder einen Kühlergrill von irgendeiner bekannten Automarke –, wenn ich das dann kommerzialisiere, dann würde es das Markenrecht berühren. Wenn ich das nur für mich privat mache, berührt es nicht das Markenrecht, und es berührt auch nicht das Patentrecht.
Scholl: Sie nannten vorhin auch den Begriff Urheberschutz. Wir haben die ewig lange Diskussion um Urheberschutz und Kopierrechte im Netz ja noch gut im Ohr. Werden wir jetzt eine vergleichbare Diskussion haben, wenn diese 3D-Drucktechnik, wenn diese Entwicklung der Makers-Bewegung wirklich um sich greift?
Tripp: Also sicherlich nicht in der Breite, denn der Schutz des Urheberrechtes greift nur für die schöpferische Gestaltung, und da ist eine gewisse Schöpfungshöhe, man könnte sagen, eine gewisse Originalität, erforderlich, und die bloße Gestaltung von Gebrauchsgegenständen, also Besteck, Geschirr, Spielkarten, Spielsteine und ähnliches erreicht üblicherweise diese Schöpfungshöhe nicht, sodass das Urheberrecht dort überhaupt nicht einschlägig ist. Vorstellen kann man sich aber schon, dass, wenn Kunstgegenstände auf diese Art und Weise – also Büsten, Skulpturen oder ähnliches - nachgebildet werden, dass dann durchaus der Urheberrechtsschutz greift, und dann würde sich sicherlich eine ähnliche Diskussion einstellen wie die, die man bereits aus anderen Bereichen des geistigen Eigentums kennt.
Scholl: Deutschlandradio Kultur, in unserer Reihe "Wie Konsumenten zu Makers werden" sind wir im Gespräch mit dem Juristen Volker Tripp. Kommen wir zum nächsten triftigen Komplex, Herr Tripp, zum Haftungsrecht. Wenn ich mir ein industriell gefertigtes Produkt im Laden kaufe, und es ist schadhaft, dass ich mich eventuell verletze, haftet der Hersteller. Wer haftet denn für Unfälle, die durch selbstgebaute Teile verursacht werden in diesem Sinne?
Tripp: Das ist bisher, wie ich schon sagte, gar nicht geklärt, es gibt keinerlei Rechtsprechung dazu. Denkbar ist, dass im Wesentlichen zwei Haftungstatbestände einschlägig sein könnten, und zwar einmal die sogenannte Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz, zum anderen die sogenannte Produzentenhaftung, die sich nach dem BGB richtet. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden ist einmal, dass die Produkthaftung verschuldensunabhängig ist. Das heißt, alleine wegen der Herstellung eines fehlerhaften Produktes und sich daraus ergebender Schäden haftet der Hersteller dafür.
Anders ist das bei der Produzentenhaftung, die ist verschuldensabhängig. Das heißt, dort hafte ich dafür, dass ich Fabrikationspflichten, Konstruktionspflichten, Instruktionspflichten bei der Herstellung und Verbreitung des Produktes schuldhaft nicht eingehalten habe. Das heißt, der Haftungsmaßstab ist dort für den Produzenten etwas günstiger.
Scholl: Nun hat diese Makers-Bewegung ja auch diesen Effekt: Jeder ist sein eigener Designer oder kann sein eigener Designer werden. Das heißt, ich designe ein Produkt und stelle sozusagen für jedermann zugänglich im Netz, der sich das dann via privatem 3D-Drucker selbst ausdrucken kann – jetzt kommt aber jemand, der das nützt, zu Schaden. Bin ich dann als Designer dran?
Tripp: Mit der 3D-Druckerbewegung, mit der Maker-Bewegung, hat man da eigentlich eine vollkommen neue Situation, denn auf der einen Seite sind da die Leute, die die CAD-Datensätze verbreiten, also die Datensätze, die ich brauche, um die Gegenstände mit dem 3D-Drucker auszudrucken. Auf der anderen Seite stellen die aber den Gegenstand physikalisch, körperlich nicht her, das macht eigentlich erst der Verwender. Insofern stellt sich tatsächlich die Frage, wer ist eigentlich Hersteller, wer ist eigentlich Produzent im Sinne der gegebenen Haftungstatbestände, und insofern eben auch die Frage, ob dann sich überhaupt eine Haftung ergeben kann unter diesem Gesichtspunkt.
Scholl: Inwieweit hat sich denn die Rechtsprechung überhaupt schon mit diesem ganzen Problemkreis beschäftigt?
Tripp: Spezifisch mit dem Problemkreis 3D-Drucker meines Wissens, in Deutschland jedenfalls, überhaupt noch nicht. Man hat sich mal mit der Frage befasst, ob Software beziehungsweise Datensätze als solche, eigentlich überhaupt Produkte im Sinne des Produkthaftungsgesetzes sein können. Und da gibt es durchaus Rechtsprechungen, die jedenfalls dann, wenn die Software mit einem körperlichen Gegenstand verbunden ist, dort hat man das ganz klar bejaht. Und ungeklärt ist eigentlich noch die Frage, wie das bei rein virtuellen Daten ist, die wirklich nur online vorliegen.
Scholl: Um noch einmal auf die Waffen zurückzukommen, Herr Tripp, die Möglichkeit, sich Teile davon, oder vielleicht auch irgendwann sogar eine komplette Waffe auszudrucken, solche Perspektiven dürften die Politik und die deutsche Gerichtsbarkeit ja doch sicherlich bald alarmieren. Wie schätzen Sie das ein?
Tripp: Ja, das wird, denke ich, drauf ankommen, dass es dann irgendwelche Fälle gibt, die auch das entsprechende Aufsehen erregen, um dann eben dieses Thema einfach mal auf die Agenda zu setzen, um eine öffentliche Diskussion darüber auszulösen. Und ich denke, in dem Augenblick wird dann auch vor allen Dingen die Politik wach werden und sich überlegen, irgendwelche Schritte zu unternehmen. Eine Problematik, die ich mir eigentlich viel eher vorstellen kann im Zusammenhang mit dem Waffenrecht, als dass jemand mit einem 3D-Drucker voll funktionsfähige Waffen ausdruckt, ist, dass er sogenannte Anscheinswaffen ausdruckt. Auch deren Besitz ist nach dem Waffengesetz untersagt.
Scholl: Also eine Schreckschusspistole, die nur so aussieht?
Tripp: Nein … ja, es muss noch nicht mal eine Schreckschusspistole sein, es reicht einfach die Nachbildung einer Waffe, die einer echten Waffe zum Verwechseln ähnlich sieht, weil man damit eben im Zusammenhang mit Straftaten Bedrohungspotentiale aufbauen kann, und darum ist der Besitz von Anscheinswaffen verboten. Und wenn so was plötzlich um sich greifen sollte, was ja viel wahrscheinlicher ist, als dass man eine funktionsfähige Waffe herstellt, dann, glaube ich, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich Politik und auch Rechtsprechung zwangsläufig damit befassen werden.
Scholl: Die rechtlichen Konsequenzen der Makers-Bewegung – wenn Konsumenten zu digitalen Machern werden. Das war der Jurist Volker Tripp, besten Dank für das Gespräch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema bei dradio.de:
Die nächste industrielle Revolution? - Schwerpunkt "Maker-Bewegung" im Deutschlandradio Kultur
Beitrag "Ich drucke mir die Welt" von Thomas Reintjes
Thomas Reintjes über das, was auch juristisch ansteht, wenn Konsumenten zu Makers werden, zu Herstellern, mithilfe von 3D-Drucktechnik. Bei mir im Studio ist jetzt der Netzexperte und Jurist Volker Tripp. Guten Morgen!
Volker Tripp: Guten Morgen!
Scholl: Greifen wir gleich mal diesen eben erwähnten Fall auf, Herr Tripp: Eine Waffe, selbst produziert, zu Hause, mit meinem privaten 3D-Drucker – muss das nicht sofort verboten werden?
Tripp: Das ist sogar verboten nach dem Waffengesetz, jedenfalls dann, wenn es sich um eine funktionsfähige Waffe handelt, das ist ja momentan bei den 3D-Druckern noch so ein bisschen das Problem, aber wenn das eine funktionsfähige Waffe im Sinne des Waffengesetzes ist, bräuchte ich dafür zunächst mal eine behördliche Erlaubnis.
Scholl: Und wie sieht es im friedlichen Bereich aus? Ich kann mir mittels eines solchen Druckers ja jeden Gegenstand in verschiedenen Materialien herstellen. Darf ich das überhaupt? Also die alte Tasse, von der Oma geerbt, vermutlich schon, da wird sich niemand aufregen – aber auch die Designerbrille von Ray-Ban, die im Laden 200 Euro kostet?
Tripp: Na ja, dieser ganze Bereich des 3D-Druckens ist ja zurzeit noch recht neu. Das bedeutet, es gibt dazu keine Rechtsprechung und auch keine Gesetze, die spezifisch auf die Situation von 3D-Druckern zugeschnitten wären. Allerdings gibt es bestehende Gesetze, die durchaus durch die Gegenstände, die man mit 3D-Druckern herstellen kann, berührt sein könnten, also insbesondere das Patentrecht, das Geschmacksmusterrecht, das Markenrecht und das Urheberrecht. Das Patentrecht schützt insbesondere Erfindungen, das heißt, bestimmte Verfahrensweisen oder Mechanismen. Falls die betroffen sein sollten, dann hat der Patentinhaber mir gegenüber ein Ausschließlichkeitsrecht, das heißt, er kann mir die Benutzung verbieten. Es gibt zwar eine Ausnahme, für den rein persönlichen Gebrauch, das bedeutet aber dann, dass ich diesen Gegenstand nicht gegenüber anderen verbreiten darf, ja?
Ein weiteres Problem, was im Hinblick auf das Patentrecht besteht, ist das ja hier die bloße Anleitung, also dieser Datensatz, den ich für den 3D-Drucker brauche auf der einen Seite, und die Herstellung des Gegenstandes selbst auseinanderfallen. Und die Information über Patente als solche, die wird durch das Patentgesetz nicht verboten, nur die Herstellung und Benutzung eines patentierten Gegenstandes.
Scholl: Ich glaube, das ist das, was man landläufig ja unter Copyright versteht, also Markendesigns sind ja warenrechtlich geschützt – wir alle kennen dieses Zeichen eingetragenes Warenzeichen –, reicht dieser Schutz denn jetzt noch aus dafür?
Tripp: Na ja, also zunächst mal, das eingetragene Warenzeichen ist etwas anderes als ein Patent oder ein Geschmacksmuster, das Markenrecht schützt vor allen Dingen das Kennzeichen eines Unternehmers im Geschäftsverkehr. Und anders als das Patentrecht greift das Markenrecht ohnehin nur, wenn ich geschäftlich oder im Geschäftsverkehr tätig werde. Das ist ja nicht unbedingt der Fall, bei …
Scholl: Also so wie beim Brennen einer privaten CD?
Tripp: Genau, also wenn ich das rein im persönlichen Bereich mache, dann ist auch das Markenrecht nicht berührt, ja? Dazu müsste ich tatsächlich meinen markenrechtlich nachgebildeten Gegenstand – ich drucke mir einen Mercedesstern aus oder so was, oder einen Kühlergrill von irgendeiner bekannten Automarke –, wenn ich das dann kommerzialisiere, dann würde es das Markenrecht berühren. Wenn ich das nur für mich privat mache, berührt es nicht das Markenrecht, und es berührt auch nicht das Patentrecht.
Scholl: Sie nannten vorhin auch den Begriff Urheberschutz. Wir haben die ewig lange Diskussion um Urheberschutz und Kopierrechte im Netz ja noch gut im Ohr. Werden wir jetzt eine vergleichbare Diskussion haben, wenn diese 3D-Drucktechnik, wenn diese Entwicklung der Makers-Bewegung wirklich um sich greift?
Tripp: Also sicherlich nicht in der Breite, denn der Schutz des Urheberrechtes greift nur für die schöpferische Gestaltung, und da ist eine gewisse Schöpfungshöhe, man könnte sagen, eine gewisse Originalität, erforderlich, und die bloße Gestaltung von Gebrauchsgegenständen, also Besteck, Geschirr, Spielkarten, Spielsteine und ähnliches erreicht üblicherweise diese Schöpfungshöhe nicht, sodass das Urheberrecht dort überhaupt nicht einschlägig ist. Vorstellen kann man sich aber schon, dass, wenn Kunstgegenstände auf diese Art und Weise – also Büsten, Skulpturen oder ähnliches - nachgebildet werden, dass dann durchaus der Urheberrechtsschutz greift, und dann würde sich sicherlich eine ähnliche Diskussion einstellen wie die, die man bereits aus anderen Bereichen des geistigen Eigentums kennt.
Scholl: Deutschlandradio Kultur, in unserer Reihe "Wie Konsumenten zu Makers werden" sind wir im Gespräch mit dem Juristen Volker Tripp. Kommen wir zum nächsten triftigen Komplex, Herr Tripp, zum Haftungsrecht. Wenn ich mir ein industriell gefertigtes Produkt im Laden kaufe, und es ist schadhaft, dass ich mich eventuell verletze, haftet der Hersteller. Wer haftet denn für Unfälle, die durch selbstgebaute Teile verursacht werden in diesem Sinne?
Tripp: Das ist bisher, wie ich schon sagte, gar nicht geklärt, es gibt keinerlei Rechtsprechung dazu. Denkbar ist, dass im Wesentlichen zwei Haftungstatbestände einschlägig sein könnten, und zwar einmal die sogenannte Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz, zum anderen die sogenannte Produzentenhaftung, die sich nach dem BGB richtet. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden ist einmal, dass die Produkthaftung verschuldensunabhängig ist. Das heißt, alleine wegen der Herstellung eines fehlerhaften Produktes und sich daraus ergebender Schäden haftet der Hersteller dafür.
Anders ist das bei der Produzentenhaftung, die ist verschuldensabhängig. Das heißt, dort hafte ich dafür, dass ich Fabrikationspflichten, Konstruktionspflichten, Instruktionspflichten bei der Herstellung und Verbreitung des Produktes schuldhaft nicht eingehalten habe. Das heißt, der Haftungsmaßstab ist dort für den Produzenten etwas günstiger.
Scholl: Nun hat diese Makers-Bewegung ja auch diesen Effekt: Jeder ist sein eigener Designer oder kann sein eigener Designer werden. Das heißt, ich designe ein Produkt und stelle sozusagen für jedermann zugänglich im Netz, der sich das dann via privatem 3D-Drucker selbst ausdrucken kann – jetzt kommt aber jemand, der das nützt, zu Schaden. Bin ich dann als Designer dran?
Tripp: Mit der 3D-Druckerbewegung, mit der Maker-Bewegung, hat man da eigentlich eine vollkommen neue Situation, denn auf der einen Seite sind da die Leute, die die CAD-Datensätze verbreiten, also die Datensätze, die ich brauche, um die Gegenstände mit dem 3D-Drucker auszudrucken. Auf der anderen Seite stellen die aber den Gegenstand physikalisch, körperlich nicht her, das macht eigentlich erst der Verwender. Insofern stellt sich tatsächlich die Frage, wer ist eigentlich Hersteller, wer ist eigentlich Produzent im Sinne der gegebenen Haftungstatbestände, und insofern eben auch die Frage, ob dann sich überhaupt eine Haftung ergeben kann unter diesem Gesichtspunkt.
Scholl: Inwieweit hat sich denn die Rechtsprechung überhaupt schon mit diesem ganzen Problemkreis beschäftigt?
Tripp: Spezifisch mit dem Problemkreis 3D-Drucker meines Wissens, in Deutschland jedenfalls, überhaupt noch nicht. Man hat sich mal mit der Frage befasst, ob Software beziehungsweise Datensätze als solche, eigentlich überhaupt Produkte im Sinne des Produkthaftungsgesetzes sein können. Und da gibt es durchaus Rechtsprechungen, die jedenfalls dann, wenn die Software mit einem körperlichen Gegenstand verbunden ist, dort hat man das ganz klar bejaht. Und ungeklärt ist eigentlich noch die Frage, wie das bei rein virtuellen Daten ist, die wirklich nur online vorliegen.
Scholl: Um noch einmal auf die Waffen zurückzukommen, Herr Tripp, die Möglichkeit, sich Teile davon, oder vielleicht auch irgendwann sogar eine komplette Waffe auszudrucken, solche Perspektiven dürften die Politik und die deutsche Gerichtsbarkeit ja doch sicherlich bald alarmieren. Wie schätzen Sie das ein?
Tripp: Ja, das wird, denke ich, drauf ankommen, dass es dann irgendwelche Fälle gibt, die auch das entsprechende Aufsehen erregen, um dann eben dieses Thema einfach mal auf die Agenda zu setzen, um eine öffentliche Diskussion darüber auszulösen. Und ich denke, in dem Augenblick wird dann auch vor allen Dingen die Politik wach werden und sich überlegen, irgendwelche Schritte zu unternehmen. Eine Problematik, die ich mir eigentlich viel eher vorstellen kann im Zusammenhang mit dem Waffenrecht, als dass jemand mit einem 3D-Drucker voll funktionsfähige Waffen ausdruckt, ist, dass er sogenannte Anscheinswaffen ausdruckt. Auch deren Besitz ist nach dem Waffengesetz untersagt.
Scholl: Also eine Schreckschusspistole, die nur so aussieht?
Tripp: Nein … ja, es muss noch nicht mal eine Schreckschusspistole sein, es reicht einfach die Nachbildung einer Waffe, die einer echten Waffe zum Verwechseln ähnlich sieht, weil man damit eben im Zusammenhang mit Straftaten Bedrohungspotentiale aufbauen kann, und darum ist der Besitz von Anscheinswaffen verboten. Und wenn so was plötzlich um sich greifen sollte, was ja viel wahrscheinlicher ist, als dass man eine funktionsfähige Waffe herstellt, dann, glaube ich, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich Politik und auch Rechtsprechung zwangsläufig damit befassen werden.
Scholl: Die rechtlichen Konsequenzen der Makers-Bewegung – wenn Konsumenten zu digitalen Machern werden. Das war der Jurist Volker Tripp, besten Dank für das Gespräch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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