Das andere Kuba

Von Jörg Taszman · 09.07.2013
Sieben namhafte Regisseure wie der Hollywood-Star Benicio del Toro, der Spanier Julio Medem oder der Palästinenser Elia Suleiman wagen einen Blick von außen auf Kuba. Spielerisch versuchen sie, die Wahrheiten des Alltags einzufangen - jenseits pittoresker Bilder. Der Film kommt nun in die Kinos.
Schönes Sprachwirrwarr
Ein Taxifahrer transportiert den jungen Amerikaner durch Havanna. Er ist jung, naiv, leicht zu begeistern und lernt eine attraktive Frau kennen, die ein pikantes Geheimnis verbirgt. Der Hollywood-Schauspieler Benicio del Toro, der für Steven Soderbergh bereits Che spielte, liefert mit seiner Episode sein Regiedebüt ab. Dabei gibt es im Original ein schönes Sprachwirrwarr, dass sich bemüht den Alltag der Kubaner nicht völlig außer Acht zu lassen.

(Szene aus dem Film)


Hauptdarsteller Benicio del Toro und Regisseur Steven Soderbergh bei der Vorstellung des Films "Che" in Cannes 2008.
Benicio del Toro mit Regisseur Steven Soderbergh in Cannes.© AP
Emir Kusturica spielt einen müden Filmemacher
Während der Schauspieler Benico del Toro hinter die Kamera wechselte, sieht man den serbischen Regisseur Emir Kusturica in der zweiten Episode als Schauspieler. In dem ironischen zweiten Teilfilm spielt er einen müden Filmemacher, der mit einem Preis ausgezeichnet wird, sich aber viel mehr für Musiker interessiert und seinen Fahrer gerne nach Serbien holen möchte.

Der stämmige Kubaner und Vollblutmusiker hat diesen Spruch, dass man ihn in den Westen holen möchte, schon zu oft gehört. Er glaubt dem Ausländer nicht. So ist "7 Tage in Havanna" in seinen gelungenen Momenten immer eine Mischung aus der Sicht von Filmemachern aus dem Ausland, die ebenso die Klischees einfangen, wie die Wahrheiten des Alltags, die in diesen Klischees auch enthalten sind.

Emir Kusturica ist diesjähriger Jury-Präsident der Filmfestspiele in Cannes
Emir Kusturica© AP
Daniel Brühl als jung-dynamischer Spanier
Das gelingt auch in der dritten Episode, in dem der in Barcelona geborene Daniel Brühl, der hier ausschließlich Spanisch spricht und einen jungen, dynamischen Madrider verkörpert, einer hübschen jungen Frau die weite westliche Welt, Erfolg und ein neues Leben verspricht.

(Szene aus dem Film)

Eine absurde Komödie
Nur ein Film fällt völlig aus dem Rahmen. Es ist der Beitrag des Palästinensers Elia Suleiman, der vergeblich in der Botschaft seines Landes, den eine übergroße Statue von Yassir Arafat ziert auf ein Gespräch mit "El Presidente" wartet. Mit Anleihen bei Buster Keaton oder Jacques Tati hat Elia Suleiman eine absurde, stoische Komödie gedreht. Das Warten verkürzt er sich in seinem Zimmer mit Reden von Fidel Castro, die als Endlosschleife im Fernsehen laufen. Der Regisseur und Schauspieler war das erste Mal auf Kuba.

Elia Suleiman: "Außer Castro und Castro als Metapher für Arafat wusste ich nicht viel über Kuba. Jetzt nach dem Film hat sich meine Kenntnis über das Land als Konsequenz aus dem Film nicht so sehr erweitert. Ich weiß vielleicht etwas mehr. Aber ich habe etwas anderes erfahren: ein sehr schönes Gefühl. Bis heute werde ich an diese Zärtlichkeit der Kubaner erinnert. Es geht nicht um das exotische, stereotype Image von Kuba, ich rede von diesem kollektiven Zusammensein, diesen Vibrationen, die man spürt, wenn man sich die Mühe macht, an diesen Punkt zu kommen."

Wenn die Kamera von Elia Suleiman auch kurze Alltagsvignetten einfängt, dann gelingt es ihm auch eine poetische Melancholie zu erzeugen. Auch das macht seinen Beitrag aus. Die sieben Filmemacher kannten sich nur teilweise. Ihre Filme mussten nicht unbedingt ein großes Ganzes ergeben.

Die letzte Episode stammt Laurent Cantet, der für seinen semidokumentarischen Spielfilm, "Die Klasse" 2006 in Cannes die Goldene Palme erhielt. In seinem Film geht es um Religion, um Gottesanbetung und eine alte Frau mit angeblich übersinnlichen Kräften, die in ihrem armen Viertel sehr geachtet wird. Cantet schildert den Alltag fernab des pittoresken Havannas und erläutert seine Produktionsbedingungen und was ihm künstlerisch vorschwebte:

Laurent Cantet: "Ich habe genau den Film gemacht, den ich im Kopf hatte. Ich drehte mit nicht professionellen Darstellern und versuchte, mir meine Leichtigkeit zu bewahren. Andere Filmemacher haben sehr viel aufwendiger gedreht. Die einzige Einschränkung bestand in der Länge der Dreharbeiten. Wir hatten fünf Tage Zeit. Das ist sehr wenig und erinnerte mich an die Zeit, als ich noch Kurzfilme drehte und das Gefühl hatte, nicht genug Zeit zu haben, um wirklich in meinem Film zu sein."

Sicher bleibt "7 Tage in Havanna" ein Blick von außen, nicht jeder der sieben Filme ist überzeugend, aber es gibt auch immer genug interessante Ansätze und Geschichten. So wird doch ein anderes Kuba gezeigt als nur "Buena Vista Social Club".


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