Das Beste der Briten
Im Sommer gastiert Olympia zum dritten Mal in London. Die Entwicklung britischer Architektur, Technologie, Fotografie, Kunst, Mode und Musik seit den Londoner Spielen 1948 dokumentiert die Ausstellung "British Design 1948 - 2012" im Victoria and Albert Museum. Die Schau präsentiert Meilensteine seit den Nachkriegsjahren als "Best of British" in Sachen Innovation und Kreativität - darunter Autos, Mode oder Beatles-Plattencover.
Ein bisschen seltsam ist es schon: Man geht durchs Museum und fühlt sich doch eher wie auf einer Messe. Oder sagen wir: wie auf einer Leistungsschau, die ihren Besuchern eines ganz klar vor Augen führt, mit typischem Understatement zwar, aber durchaus selbstbewusst und stolz: "Seht her! Was haben wir nicht alles geschafft in den letzten 60 Jahren!"
Die Highlights der Schau sind die Ikonen des Industriedesigns, mit denen die Briten internationale Designgeschichte schrieben: der "Morris Mini Minor" alias "Mini Cooper" aus dem Jahr 1959, Großbritanniens Antwort auf den französischen 2CV, der E-Klasse Jaguar von 1961 und natürlich der rote Doppeldeckerbus der Marke "Routemaster", der Mitte der 50er-Jahre in Produktion ging und der in moderner Variante in London demnächst seine Wiederauferstehung erlebt.
Was fehlt, sind andere Designwahrzeichen wie das schwarze Taxi, das vom Aussterben bedrohte rote Telefonhäuschen oder Harry Becks Karte von 1931 mit dem Streckennetz der Londoner U-Bahn. Für unverzichtbar indes hielt man das Prestigeprojekt schlechthin, das Aushängeschild britischer – pardon: anglo-französischer! – Innovationskraft. Vor dem Video über die Entwicklung und Inbetriebnahme der "Concorde" Mitte der 70er-Jahre prangt ein sechs Meter langes Modell des Überschalljets. Die französisch-britische Koproduktion steht als Paradebeispiel für Spitzentechnologie in Kombination mit perfektem Design.
Der Designbegriff ist in der Schau sehr weit gefasst, und schon deshalb ist die Ausstellung wohl auch um ein paar Nummern zu groß geraten. Elementares, Theoretisches bleibt ausgeklammert. Was fehlt, sind grundsätzliche Anstöße, Antworten auf Fragen wie: Was ist gutes Design und was leistet es? Sollen die Dinge des Alltags einfach nur praktisch sein? Oder steht die Ästhetik im Vordergrund?
Die Ausstellung ist chronologisch sortiert und gliedert sich in drei Themenbereiche: Tradition und Moderne, Subversion, Innovation und Kreativität.
Großbritanniens Aufbruch in die Design-Moderne begann nicht 1948, sondern vorher und nachher: mit der Ausstellung "Britain Can Make It" 1946 – im Victoria & Albert-Museum! – und mit dem "Festival of Britain" 1951. Die Loslösung von der Tradition dauerte auf der Insel länger als etwa auf dem Kontinent. Und erst spät, in den 50er-Jahren, wurden Englands Designer als eigenständiger Berufsstand anerkannt.
Ganz wichtig hierfür war die "Art School"-Bewegung. Kunsthochschulen kamen mit radikalen neuen Ansätzen. Der Themenbereich "Subversion" trägt dieser Entwicklung Rechnung mit den Arbeiten so prominenter Akademie-Absolventen und Impulsgeber wie der Modeschöpferin Vivienne Westwood, dem Fotografen David Bailey oder dem Initiator und späteren Manager der "Sex Pistols", Malcolm McLaren. Natürlich gehört auch der Großkünstler und Star der "Young British Artists" der frühen 90er-Jahre hier mit dazu: Damien Hirst. Er ist in der Schau mit seinem berühmten Medikamentenschrank vertreten, der Glasvitrineninstallation "Pharmacy".
Da tut sich ein weites Spannungsfeld auf: hier die biedere Laura Ashley mit ihren Kleidern für die Damen der gehobenen Mittelschicht, dort das T-Shirt mit aufgedrucktem Hakenkreuz unter der Überschrift "Destroy" der Modeanarchistin Westwood; da der androgyne David Bowie in seinem Bühnenoutfit als Ziggy Stardust und daneben das Emblem des "Swinging London" der 60er-Jahre: das legendäre Cover zum "Sergeant Pepper"-Album der Beatles aus der Hand des Popkünstlers Peter Blake.
Spätestens hier ist alles im Fluss, auch die Grenzen zwischen Design und Technik, Kunst und Kommerz. Und was wäre eine solche Design-Parade ohne die Arbeiten des Briten Jonathan Ive, der seit 20 Jahren den Erzeugnissen aus dem Hause Apple ihr, nein: sein Profil gibt. Seine iMacs und iPads bilden den Abschluss der Schau, zusammen mit den Vorzeigeprodukten der Computerspielbranche: "Tomb Raider" und "Grand Theft Auto".
Mit von der Partie sind auch Stardesigner wie Alexander McQueen oder John Galliano und die Architektenstars Foster, Rogers und Zaha Hadid. Sie alle operieren längst auf der globalen Bühne. Welchen Pass sie mit sich führen: Wen kümmert das heute?
Gerade das irritiert an dieser Schau im Hause "Victoria und Albert", die ja doch nicht mehr und nicht weniger ist als eine Begleitveranstaltung zu Olympia im Sommer: Dass sie so erpicht ist auf die Sache mit der nationalen Identität. Wo doch "Britishness" letztlich mit Design so wenig zu tun hat wie mit der olympischen Idee. Aber die Zeiten sind hart, und ein bisschen Lokalpatriotismus – "Made in Britain" – muss da schon drin sein.
Die Highlights der Schau sind die Ikonen des Industriedesigns, mit denen die Briten internationale Designgeschichte schrieben: der "Morris Mini Minor" alias "Mini Cooper" aus dem Jahr 1959, Großbritanniens Antwort auf den französischen 2CV, der E-Klasse Jaguar von 1961 und natürlich der rote Doppeldeckerbus der Marke "Routemaster", der Mitte der 50er-Jahre in Produktion ging und der in moderner Variante in London demnächst seine Wiederauferstehung erlebt.
Was fehlt, sind andere Designwahrzeichen wie das schwarze Taxi, das vom Aussterben bedrohte rote Telefonhäuschen oder Harry Becks Karte von 1931 mit dem Streckennetz der Londoner U-Bahn. Für unverzichtbar indes hielt man das Prestigeprojekt schlechthin, das Aushängeschild britischer – pardon: anglo-französischer! – Innovationskraft. Vor dem Video über die Entwicklung und Inbetriebnahme der "Concorde" Mitte der 70er-Jahre prangt ein sechs Meter langes Modell des Überschalljets. Die französisch-britische Koproduktion steht als Paradebeispiel für Spitzentechnologie in Kombination mit perfektem Design.
Der Designbegriff ist in der Schau sehr weit gefasst, und schon deshalb ist die Ausstellung wohl auch um ein paar Nummern zu groß geraten. Elementares, Theoretisches bleibt ausgeklammert. Was fehlt, sind grundsätzliche Anstöße, Antworten auf Fragen wie: Was ist gutes Design und was leistet es? Sollen die Dinge des Alltags einfach nur praktisch sein? Oder steht die Ästhetik im Vordergrund?
Die Ausstellung ist chronologisch sortiert und gliedert sich in drei Themenbereiche: Tradition und Moderne, Subversion, Innovation und Kreativität.
Großbritanniens Aufbruch in die Design-Moderne begann nicht 1948, sondern vorher und nachher: mit der Ausstellung "Britain Can Make It" 1946 – im Victoria & Albert-Museum! – und mit dem "Festival of Britain" 1951. Die Loslösung von der Tradition dauerte auf der Insel länger als etwa auf dem Kontinent. Und erst spät, in den 50er-Jahren, wurden Englands Designer als eigenständiger Berufsstand anerkannt.
Ganz wichtig hierfür war die "Art School"-Bewegung. Kunsthochschulen kamen mit radikalen neuen Ansätzen. Der Themenbereich "Subversion" trägt dieser Entwicklung Rechnung mit den Arbeiten so prominenter Akademie-Absolventen und Impulsgeber wie der Modeschöpferin Vivienne Westwood, dem Fotografen David Bailey oder dem Initiator und späteren Manager der "Sex Pistols", Malcolm McLaren. Natürlich gehört auch der Großkünstler und Star der "Young British Artists" der frühen 90er-Jahre hier mit dazu: Damien Hirst. Er ist in der Schau mit seinem berühmten Medikamentenschrank vertreten, der Glasvitrineninstallation "Pharmacy".
Da tut sich ein weites Spannungsfeld auf: hier die biedere Laura Ashley mit ihren Kleidern für die Damen der gehobenen Mittelschicht, dort das T-Shirt mit aufgedrucktem Hakenkreuz unter der Überschrift "Destroy" der Modeanarchistin Westwood; da der androgyne David Bowie in seinem Bühnenoutfit als Ziggy Stardust und daneben das Emblem des "Swinging London" der 60er-Jahre: das legendäre Cover zum "Sergeant Pepper"-Album der Beatles aus der Hand des Popkünstlers Peter Blake.
Spätestens hier ist alles im Fluss, auch die Grenzen zwischen Design und Technik, Kunst und Kommerz. Und was wäre eine solche Design-Parade ohne die Arbeiten des Briten Jonathan Ive, der seit 20 Jahren den Erzeugnissen aus dem Hause Apple ihr, nein: sein Profil gibt. Seine iMacs und iPads bilden den Abschluss der Schau, zusammen mit den Vorzeigeprodukten der Computerspielbranche: "Tomb Raider" und "Grand Theft Auto".
Mit von der Partie sind auch Stardesigner wie Alexander McQueen oder John Galliano und die Architektenstars Foster, Rogers und Zaha Hadid. Sie alle operieren längst auf der globalen Bühne. Welchen Pass sie mit sich führen: Wen kümmert das heute?
Gerade das irritiert an dieser Schau im Hause "Victoria und Albert", die ja doch nicht mehr und nicht weniger ist als eine Begleitveranstaltung zu Olympia im Sommer: Dass sie so erpicht ist auf die Sache mit der nationalen Identität. Wo doch "Britishness" letztlich mit Design so wenig zu tun hat wie mit der olympischen Idee. Aber die Zeiten sind hart, und ein bisschen Lokalpatriotismus – "Made in Britain" – muss da schon drin sein.