Das Drama von Ritter und Prinzessin
Eine deutsche Schriftstellerin mit Schreibtisch in Paris verliebt sich in diesem Roman in einen Franzosen mit Schloss auf dem Land. Am Ende findet sich das Paar im Fertility-Zentrum wieder und steht bald vor den Scherben seiner Beziehung.
Eine Frau, ein Mann, eine Liebe. Verrat, Verzweiflung, Rache. Stoff für ganz großes Drama oder seufzenden Kitsch – vor dem die Autorin sich offenbar fürchtet. Denn schon auf Seite 10 lässt sie ihre Ich-Erzählerin sagen, dass die Geschichte wie geschaffen sei für einen schlechten Roman. Was man als Leser nicht ganz begreift. Denn ob Liebe und ihr Kummer nun banal oder existenziell verhandelt werden, liegt nicht an der Liebe, sondern am Dichter bzw. an der Dichterin. Sie kann das Getümmel der Gefühle auch weit jenseits von Inbrunst gestalten.
Doch Anne Weber, auf der Flucht vor möglichem Gefühlsplunder, rennt vom Leben auf die Bühne, greift sich dort Mimen - also Stellvertreter -, um Wortbruch und Verletzung darzustellen und rettet sich mit Witz und Sprachkraft in Spiele und Märchen, die zunächst für eine amüsante Lektüre sorgen.
Ein erster und offenbar sehr langer Roman über den Liebesverrat ist schon im Papierkorb gelandet. Doch Heldin Léa, hinter der sich die Autorin, wie sie sagt, hatte verbergen wollen, plappert nun beim Remake der Ich-Erzählerin beharrlich dazwischen, und Anne Weber inszeniert ein gescheites und vergnügtes Verwirrspiel, mit dem sie uns fernhalten will von sich. Wie jeder Autor es tut. Oder es jedenfalls versucht. Denn auch Anne Weber weiß, wie sie in einem Interview sagt: "Man erfindet nichts, das einem ganz fremd ist."
Die Handlung ist schnell erzählt. Eine deutsche Schriftstellerin mit Schreibtisch in Paris verliebt sich in einen Franzosen mit Schloss auf dem Lande. Sie planen ein gemeinsames Leben. Der Ritter und die Märchenprinzessin, wie Anne Weber das Liebespaar nennt. Wunderbare Szenen gibt es da in dem bröckelnden Schloss mit Dutzenden von klammen Zimmern. Ihr Geliebter ist ein Mann mit Besitz und ohne Geld. Was macht's. Er ist ihr Ritter.
Die beiden wollen ein Kind. Naja, sie jedenfalls will ein Kind, das sich nicht einstellen mag. Und so steigen wir ein – ganz märchenfern, eher grob wirklichkeitsnah - ins medizinische Repertoire der Fruchtbarkeitsmanipulationen und Inseminationstechniken. Einer Prozedur, der der Ritter nicht standhält. Und er hat gute Gründe, die hier nicht verraten seien, kein Kind mit der Geliebten haben zu wollen.
Aus der Traum. Der Ritter ist ab sofort ein Halunke, die Märchenprinzessin eine Rächerin. Und die Autorin verliert ihre Leichtigkeit und auch ihren Witz. Ihr Spiel gerät zur Farce, kippt immer wieder hinüber in die Koketterie. Da werden Blut und Sperma herbeizitiert, um die Blutleere der Figuren zu überdecken. Und man begreift, was man von Anfang an ahnte. Aus lauter Angst vor Gefühligkeit, sollen Gefühle weggespielt werden. Soll Schmerz nur als Schmerzparodie auftreten, um die Autorin nur ja vor dem Pathos der Seelennot zu bewahren.
So ist der in großen Teilen so kluge und leichte Roman auch eine Kapitulation, ist auch die Geschichte einer Überforderung. Weil die Autorin keine Sprache gefunden hat für das Elend nach der Liebe.
Besprochen von Gabriele von Arnim
Anne Weber: Luft und Liebe
Roman S. Fischer Verlag Frankfurt am Main 2010
190 S EUR 17.95
Doch Anne Weber, auf der Flucht vor möglichem Gefühlsplunder, rennt vom Leben auf die Bühne, greift sich dort Mimen - also Stellvertreter -, um Wortbruch und Verletzung darzustellen und rettet sich mit Witz und Sprachkraft in Spiele und Märchen, die zunächst für eine amüsante Lektüre sorgen.
Ein erster und offenbar sehr langer Roman über den Liebesverrat ist schon im Papierkorb gelandet. Doch Heldin Léa, hinter der sich die Autorin, wie sie sagt, hatte verbergen wollen, plappert nun beim Remake der Ich-Erzählerin beharrlich dazwischen, und Anne Weber inszeniert ein gescheites und vergnügtes Verwirrspiel, mit dem sie uns fernhalten will von sich. Wie jeder Autor es tut. Oder es jedenfalls versucht. Denn auch Anne Weber weiß, wie sie in einem Interview sagt: "Man erfindet nichts, das einem ganz fremd ist."
Die Handlung ist schnell erzählt. Eine deutsche Schriftstellerin mit Schreibtisch in Paris verliebt sich in einen Franzosen mit Schloss auf dem Lande. Sie planen ein gemeinsames Leben. Der Ritter und die Märchenprinzessin, wie Anne Weber das Liebespaar nennt. Wunderbare Szenen gibt es da in dem bröckelnden Schloss mit Dutzenden von klammen Zimmern. Ihr Geliebter ist ein Mann mit Besitz und ohne Geld. Was macht's. Er ist ihr Ritter.
Die beiden wollen ein Kind. Naja, sie jedenfalls will ein Kind, das sich nicht einstellen mag. Und so steigen wir ein – ganz märchenfern, eher grob wirklichkeitsnah - ins medizinische Repertoire der Fruchtbarkeitsmanipulationen und Inseminationstechniken. Einer Prozedur, der der Ritter nicht standhält. Und er hat gute Gründe, die hier nicht verraten seien, kein Kind mit der Geliebten haben zu wollen.
Aus der Traum. Der Ritter ist ab sofort ein Halunke, die Märchenprinzessin eine Rächerin. Und die Autorin verliert ihre Leichtigkeit und auch ihren Witz. Ihr Spiel gerät zur Farce, kippt immer wieder hinüber in die Koketterie. Da werden Blut und Sperma herbeizitiert, um die Blutleere der Figuren zu überdecken. Und man begreift, was man von Anfang an ahnte. Aus lauter Angst vor Gefühligkeit, sollen Gefühle weggespielt werden. Soll Schmerz nur als Schmerzparodie auftreten, um die Autorin nur ja vor dem Pathos der Seelennot zu bewahren.
So ist der in großen Teilen so kluge und leichte Roman auch eine Kapitulation, ist auch die Geschichte einer Überforderung. Weil die Autorin keine Sprache gefunden hat für das Elend nach der Liebe.
Besprochen von Gabriele von Arnim
Anne Weber: Luft und Liebe
Roman S. Fischer Verlag Frankfurt am Main 2010
190 S EUR 17.95