Das Ende des Serien-Intros

Bye Bye Vorspann!

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Szene aus der Netflix-Serie "Das Damengambit". Ein Mann und eine Frau sitzen vor einem Schachbrett und begrüßen sich.
Wer auf einen kunstvollen Vorspann bei der Netflix-Serie „Das Damengambit“ hofft, wird enttäuscht. © imago images/Cinema Publishers Collection/Phil Bray/Netflix/The Hollywood Archive Los Angeles CA
Von Simone Schlosser |
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Lange Namenslisten zu Beginn einer Serienfolge - diese Zeiten scheinen mit den Streamingdiensten vorbei zu sein. Ob "Das Damengambit" oder "Sex Education": Die Vorspanne werden immer kürzer. Droht dem Intro das Ende?
Einundzwanzig, zweiundzwanzig - zwei Sekunden. Genau so lang dauert der Vorspann der Netflix-Serie "Damengambit". Kein Bild, keine Musik. Nur kurz der Serientitel vor schwarzem Hintergrund. "The Marvelous Mrs. Maisel" macht das zum Beispiel auch so.
"Titelkarten nenne ich das immer ganz gerne. Das sind dann so ein oder zwei Shots", erklärt Jana Zündel, Medienwissenschaftlerin an der Uni Bonn.
Es geht aber auch noch knapper. "Das nächste Extrem ist dann, dass einfach nur noch Titel eingeblendet werden und dann so integriert werden in die fiktive Welt."

Was bringt ein Vorspann, wenn er nicht angeschaut wird?

Zum Beispiel bei "Sex Education", "I may destroy you" oder ganz aktuell bei "We are who we are": Da wird zum Teil nicht mal mehr der Titel eingeblendet, sondern nur noch die Anfangsbuchstaben der Wörter.
Der Grund für diese Entwicklung ist eindeutig, meint Jana Zündel: Es liegt am "Skip Intro"-Button. Oder "Vorspann überspringen", wie es auf Amazon heißt.
"Dieser Button reduziert die Attraktivität eines langen Vorspanns. Weil: Was bringt ein Vorspann, wenn er nicht angeschaut wird? Das ist dann so eine Abwägungssache, denke ich, auf Seiten der Serienmacher*innen, Produzent*innen: Wo stecke ich jetzt Geld rein? Brauche ich wirklich das Intro? Reicht vielleicht ein kreativer Titel?"


Der Vorspann stammt aus einer Zeit, als Serien vor allem im Fernsehen liefen. Also mitten in einem laufenden Programm. Zwischen Talkshows, Quizsendungen und den Nachrichten. Der Vorspann sollte die Leute vorbereiten.
"Da ist das Intro immer ein Signal: Jetzt kommt was Besonderes, jetzt kommt der neue Programmpunkt, jetzt kommt die neue Episode. Bereite dich darauf vor, stell dich drauf ein. Jetzt ist der Zeitpunkt, wieder zur Couch zurückzukehren. Komm aus der Küche heraus und setz dich hin und genieße die nächste Episode."

Der Sinn des Vorspanns

Damals sahen die meisten Serien-Intros ähnlich aus. Egal ob "Alf", "Friends" oder "Buffy". Der typische Vorspann war eine Art Collage: die Hauptfiguren in ihren besten Szenen. Dazu die Namen der Darstellerinnen und Darsteller.
Dann kam das Pay-TV mit seinen Drama-Serien. Mit einem Mal galt der Vorspann als eigene Kunstform, ob als Kurzfilm wie bei "Sopranos", als überzeichnete Animation wie bei "Mad Men" oder als Landkarte wie bei "Game of Thrones".
"Das Intro war dann ein wesentliches Mittel, um die Serie als etwas Besonderes zu kennzeichnen. Eben auch als Qualitätsserie. Und da war das Intro einfach ein sehr wichtiges Marketinginstrument, das auch einen gewissen ästhetischen Anspruch vor sich hergetragen hat, das dann wiederum auch in Verlängerung für die ganze Serie stehen sollte."


Und der Vorspann hatte noch eine weitere Funktion: Er sollte die Fans in Stimmung versetzen. Gerade zu einer Zeit, in der Serien noch wöchentlich veröffentlicht wurden. Also als einzelne Folgen und nicht als ganze Staffeln. Aber welche Plattform macht das heute noch?
Szene aus der TV-Serie Alf. Alf, das behaarte Besucher aus dem All, und eine Frau sitzen an einem Tisch und unterhalten sich.
Die äußerst beliebte US-amerikanische TV-Serie Alf wurde von 1986 bis 1990 ausgestrahlt – natürlich auch mit peppigem Vorspann.© imago images/Mary Evans/AF/Archive/NBC
"Netflix will hauptsächlich bingewatching proklamieren. Und alles wird quasi im Dienste eines Serienbingers optimiert. Und das Intro überspringen und dieser Abbruch des Abspanns sind einfach Optimierungsfunktionen, um bingewatching noch mal zu erleichtern, damit man noch schneller durch den Serien Content durchkommt."

Wird der Vorspann überleben?

Viele Fans schauen den Vorspann zwar noch, aber häufig nur ein einziges Mal – nämlich vor der allerersten Folge. Danach wird er schnell weggeklickt. Der Vorspann ist also nicht mehr das Intro zu einer Folge. Sondern das Intro zu einer ganzen Staffel. Aber dafür lohnt es sich nur in Einzelfällen.
"Dieses sich Zeit nehmen, so ein ästhetisch auffälliges, ansprechendes Intro zu bauen, das trifft eher auf so Serien zu, die vor allen Dingen auch der jeweilige Sender, der jeweilige Anbieter, also seine Prestigeprojekte sieht. Da gehört es auch teilweise zum guten Ton, da einen gewissen entsprechenden Vorspann zu bauen."
Und für alle anderen heißt es: Skip Intro.
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