Das Ende eines Traums

Von Joachim Baumann |
Am 28. Januar 1986 warteten sieben US-Astronauten, unter ihnen zwei Frauen, auf ihren Start mit dem Space-Shuttle "Challenger". Nur eine Minute und 13 Sekunden nach dem Start kam es zur Katastrophe.
Es war ein unerwartet kalter Tag in Florida, die Zitrusbauern sorgten sich um ihre Ernte und Nasa-Ingenieure bangten um den Start der Raumfähre Challenger. Für Rias Berlin verfolgte Harro Zimmer das Geschehen vor Ort und berichtete live vom Start der Challenger am Cape Canaveral:

"Ja, und in dieser Sekunde hebt die Challenger ab und meine Kollegen hier im Kontrollzentrum brechen in Jubel aus. Die Challenger startet um 17.38 Uhr MEZ in Richtung Atlantik und sie steigt majestätisch, wie man es also nun kennt, in den blauen Himmel und ich glaube, man kann die Steine förmlich von den Herzen der Nasa-Verantwortlichen plumpsen hören. Auch dieser Flug musste ja mehrfach verschoben werden: einmal waren es Zeitgründe, dann gab es Probleme mit der Technik, und vor allem das Wetter. Das Wetter ist in diesem Jahr der ärgste Feind der bemannten Raumfahrt. Aber die Nasa hat heute endlich einmal das Glück des Tüchtigen gehabt, obwohl, ich muss das zugeben, dass ich vor anderthalb Stunden noch nicht geglaubt habe, als ich diese Eismassen im und am Shuttle, an den Strukturen gesehen habe."

Die Challenger hatte seit ihrem Jungfernflug im Jahre 1983 große Erfolge erzielt. Während ihrer neun Missionen wurden zahlreiche Kommunikationssatelliten ausgesetzt, der Amerikaner Bruce McCandless entfernte sich als erster Astronaut ohne Sicherheitsleine
30 Meter vom Orbiter, die Challengerpilotin Kathryn Sullivan unternahm als erste Frau einen Weltraumspaziergang.

Die zehnte Mission wurde mit besonderer Spannung erwartet und stand in großem öffentlichen Interesse: Außer den sechs Astronauten war die Lehrerin Christa McAuliffe an Bord, sie sollte innerhalb eines Nasa-Projektes Schülern live aus dem Weltraum Unterricht erteilen.

"Die Challenger steigt hier klar in den blauen Himmel auf, wir sehen Weitwinkelaufnahmen, das Abtrennen der großen Triebwerke ... in einer gewaltigen Explosion ... es sieht sehr seltsam aus ... lassen Sie mich einen Augenblick auf den Bildschirm schauen, es sah etwas nach einer Detonation eines der beiden Hilfstriebwerke aus ... aber noch ... ist hier nichts ... Negatives ... ich muss mal hören ... Es ist hier ein Problem eingetreten, wir sollten eine Sekunde dran bleiben ... "

Es waren exakt 73 Sekunden nach dem Start vergangen. Die große Kälte hatte an den Feststoffraketen Gummidichtungen porös gemacht. Sie verloren nach dem Zünden der Triebwerke an Elastizität und es kam zum "Blow-By", dem Flammenaustritt an der Seite eines Boosters und schließlich zur Explosion. Nasa-Mitarbeiter, Reporter und hunderttausende Fernsehzuschauer waren geschockt. Harro Zimmer:

"Es fallen hier einzelne Teile über dem Gelände nach unten, ... es mag also sein, dass es sich um eine Explosion dieser großen Triebwerke handelt, ... wo allerdings, ... die Challenger ist explodiert, die Challenger ist explodiert, und wir wissen nicht, was passiert ist, ... das Notrettungssystem hat versagt ... wir stehen vermutlich ... vor der gr ... vor der größten Katastrophe der bemannten Raumfahrt."

Alle sieben Astronauten, zwei Frauen und fünf Männer kamen ums Leben – die ersten Todesopfer während eines Weltraumfluges in der Geschichte der amerikanischen Raumfahrt. Natürlich gab es im Anschluss an die Katastrophe eine Untersuchungskommission, und natürlich gab es bei der Nasa personelle Konsequenzen. Doch an einen Ausstieg aus der bemannten Raumfahrt dachte niemand. Zweieinhalb Jahre lang wurden die Shuttle-Flüge ausgesetzt, die Sicherheitssysteme total überarbeitet und über 2000 Veränderungen vorgenommen.

Am 29. September 1988 startete die Raumfähre Discovery erstmals wieder nach dem vorangegangenen Unglück ins All. 15 Jahre lang geschah kein weiteres Unglück bis zum Februar 2003, als die Columbia beim Landeanflug auseinanderbrach und wiederum sieben Astronauten den Tod fanden.