"Das größte Ereignis, das je in Südafrika stattgefunden hat"
Fußball war ein wichtiger Bestandteil im Kampf gegen die Apartheid. Das sagt der südafrikanische Filmemacher Don Edkins und wünscht sich, dass mit der Fußballweltmeisterschaft in seinem Land die Überwindung der Rassenschranken weiter vorangetrieben werde.
Joachim Scholl: In knapp zwei Wochen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Wie wird dieses Ereignis in der südafrikanischen Gesellschaft wirken, einer Gesellschaft, die 15 Jahre nach Ende der Apartheid noch immer durch scharfe soziale Gegensätze zwischen Schwarz und Weiß geprägt ist? Kann der Fußball hier integrierend wirken? Im Deutschlandradio Kultur war der südafrikanische Filmemacher und politischer Aktivist Don Edkins zu Gast. Er hat während der Apartheid im Exil gelebt, in seinen Filmen thematisiert er die politisch-soziale Entwicklung des Landes seither. Ich habe Don Edkins eingangs gefragt, welche Bedeutung die Fußball-Weltmeisterschaft seiner Ansicht nach für Südafrika hat.
Don Edkins: Ich glaube, es hat mehr als nur eine Wirkung. Es wird natürlich die Augen der Welt auf Südafrika lenken, zugleich aber sind die Südafrikaner ungewiss, was daraus entstehen wird. Sie sind sehr aufgeregt, andererseits wissen sie nicht, wie das Ganze sich gestalten wird. Eines ist sicher: Es ist das größte Ereignis, das je in Südafrika stattgefunden hat.
Scholl: 1995, ein Jahr nach Ende des Apartheidregimes, Herr Edkins, wurde Südafrika sensationell Rugby-Weltmeister. Dieses Ereignis hatte eine ungeheure Wirkung für das Land – Weiß und Schwarz waren gemeinsam euphorisch, haben miteinander gejubelt. Kann die Fußball-Weltmeisterschaft womöglich auch diese Wirkung entfalten?
Edkins: Ich glaube, das ist möglich, die Frage aber ist doch, wie lange hält diese Euphorie vor, wie lange ist es gelungen damals, die unterschiedlichen Sprachen, die unterschiedlichen Kulturen zusammenzuführen und diese Regenbogennation herzustellen. Ich glaube, heute gilt es, darüber hinaus zu gehen. Die Frage ist, gelingt es uns wirklich, eine neue Identität zu schaffen und zu gestalten, eine Nation. Und der Worldcup im Fußball ist sicherlich eine Chance dafür.
Scholl: Es heißt ja, dass Fußball in Südafrika traditionell schwarz ist, Weiße interessieren sich in der Regel eher weniger dafür. Das wird nun auf jeden Fall anders sein, wenn die ganze Welt auf Südafrika blickt natürlich. Kann der Fußball jetzt vielleicht eine neue Rolle einer solchen Integration spielen?
Edkins: Nun, ich denke, das kann so geschehen. Vielleicht schauen wir mal auf das, was am letzten Wochenende in Südafrika geschehen ist. Dort wurde eine der Spielstätten für die Weltmeisterschaft für ein Semifinale im Rugby eingesetzt – und Rugby ist ja immer noch eine vorwiegend weiße Sportart, die meisten Fans sind Weiße – sie sollten also nach Soweto, diese schwarze Township fahren. Und es stellte sich heraus, dass es eine sehr angenehme, unterhaltsame Partie wurde, alle verstanden sich gut, obwohl das keineswegs vorhersagbar war. Es ist also bereits eingetreten, dieses Zusammenkommen dank des Sports, hier des Rugbys, und das kann sich eben auch in größerem Maßstab durch den Fußball wieder ereignen.
Scholl: Lassen Sie uns mal zurückschauen, Don Edkins, wie war das eigentlich zur Zeit der Apartheid, welches Gewicht hatte damals gerade Fußball für die Schwarzen?
Edkins: Fußball war immer sehr wichtig, wird auch wichtig bleiben. Fußball ist ja eine vorwiegend schwarze Sportart, die Schwarzen lieben Fußball, er wird überall gespielt, wenngleich auch nicht mit denselben Mitteln, wie es die Weißen üblicherweise mit ihren Sportarten machen konnten. Aber Fußball war ein wichtiger Bestandteil im Kampf gegen die Apartheid. Sport spielte eine wichtige Rolle, dieses System zu Fall zu bringen. Und es ist jetzt zu beobachten, wie der Sport erneut ganz wichtig ist, um dieses Thema Überwindung der Rassenschranken in die globale Arena zu bringen. Wir müssen heute überlegen, welche Funktionen der Sport noch erneut ausüben kann, warum ist die Fußball-Weltmeisterschaft nach Südafrika vergeben worden? Nun, weil wir die Freiheit haben, weil wir die Demokratie haben, und dieses gilt es jetzt wieder als Botschaft nach draußen zu tragen.
Scholl: Die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika, wie wird sie das Land verändern? Deutschlandradio Kultur im Gespräch mit dem südafrikanischen Filmemacher Don Edkins. Im Sport hat eine ganz strenge Rassentrennung geherrscht, Don Edkins, Sie haben es gerade beschrieben. Im Fußball gab es bis 1978 drei Ligen – eine schwarze, eine weiße und eine indische sogar –, dann hat man diese Trennung aber schon während der Apartheid aufgehoben. Warum eigentlich war dann der internationale Druck doch so groß, dass man dann also auch eine "gemischtrassige", in Anführungszeichen, Liga zuließ?
Edkins: Ich kann das im Einzelnen nicht erklären, weil ich zu dem Zeitpunkt nicht in Südafrika lebte, ich war damals schon außerhalb der Landesgrenzen, aber eines ist sicher: Der Druck spielte eine ganz, ganz wichtige Rolle. Der hat auch dazu geführt, dass Südafrika von vielen Sportereignissen ausgeschlossen wurde – es wurde ja schließlich sogar von den Olympischen Spielen ausgeschlossen –, und dies eben dank des Opfers, das viele afrikanische Nationen bereit waren zu bringen. Es war vor allem der Druck aus den afrikanischen Ländern, dieser massive politische Block der afrikanischen Länder, der in den 60er- und 70er-Jahren diesen Wandel mit herbeiführen half. Die Bereitschaft der Afrikaner, letztlich ihre Athleten zu opfern, hat dazu geführt, dass dieses Thema auf die internationale Bühne gebracht wurde. Südafrika stand dann im Rampenlicht, und das ist auch der Hintergrund, vor dem es die heutigen Entwicklungen zu sehen gilt.
Scholl: Das südafrikanische Fußballteam für die Weltmeisterschaft jetzt ist gemischt. Wird es Ihrer Ansicht nach zum sogenannten Nation Building, also zum weiteren Aufbau der Nationen, zum Zusammenhalt der Nationen beitragen auf diese Weise?
Edkins: Ich glaube das. Wir werden es erleben, dass die Menschen aus unterschiedlichen Sprachen mit unterschiedlichen Hautfarben zusammenkommen. Wir werden sehen, wie sie zusammenwachsen, und es wird dann letztlich nicht so entscheidend sein, welche Hautfarbe die einzelnen Sportler haben.
Scholl: Der bekannteste Sportjournalist Südafrikas, Matshelane Mamabolo, hat starke Zweifel daran geäußert, dass die WM zu einer weiteren Integration beitragen kann. Er hat gesagt, ja, die Konflikte könnten eventuell sogar noch schärfer werden, weil die Stadien im Grunde weiß sein werden, das heißt, die meisten Weißen können sich eine Karte leisten, und viele Schwarze, viele schwarze Südafrikaner würden draußen bleiben. Was meinen Sie?
Edkins: Was ich gesehen habe, sagt mir Folgendes: Seitdem man den Verkauf vom Internetverkauf auf den Kassenverkauf umgestellt hat, kommen die Menschen sehr viel mehr zusammen. Wenn man gemeinsam in einer Reihe steht, dann verschwinden diese Unterschiede der Hautfarbe, diese Unterschiede der einzelnen afrikanischen Nationen, und man vermischt sich eben viel besser. Die Frage ist aber, ob dieses Ergebnis nur zeitweilig bleibt oder ob wir das Vermächtnis dieses Ereignisses weiter ausbauen können, ob wir diese Chance nutzen, um zum Beispiel die Maßnahmen der sozialen Gerechtigkeit einzuführen, die es dann ermöglichen, dass diejenigen Menschen, die jetzt ausgeschlossen sind – und es werden ja einige ausgeschlossen sein –, dass die dann bessere Chancen haben, um teilzunehmen. Zum Beispiel in Gestalt von besseren Spielstätten, sodass also alle Südafrikaner von diesem Geld, das in die Weltmeisterschaft gesteckt wird, profitieren, dass man auch draußen im flachen Land Zugang zu Trainingsmöglichkeiten hat. Das ist das Entscheidende. Wird es gelingen, dieses einmalige Ereignis zu übersetzen in einen sozialen Verwandlungsprozess.
Scholl: Die Weltmeisterschaft wird auch ein großes afrikanisches Festival werden, es ist ja nicht nur Südafrika vertreten, sondern auch Ghana, Kamerun, die Elfenbeinküste, Algerien. Wird diese WM auch ein politisches Ausrufezeichen sein im Sinne von, wir sind schwarz und stolze Afrikaner?
Edkins: Ich hoffe das wirklich. Wir müssen auch erkennen, dass eines der Probleme Südafrikas ist, dass es eben vom Rest Afrikas noch so getrennt erscheint. Wir müssen uns an die Opfer erinnern, die gerade andere afrikanische Länder erbracht haben, um das Apartheidssystem zu stürzen. Und es stimmt natürlich, dass Südafrika eine Wachstumslokomotive ist, dass es wirtschaftlich stark dasteht. Aber umso mehr müssen wir uns wünschen, dass eben ganz Afrika mitgezogen wird, dass Afrika selbst als Ganzes dann auf der Bühne steht und nicht nur Südafrika.
Scholl: Don Edkins, wir haben dieses Interview auf Englisch geführt, weil Englisch Ihre Muttersprache ist, aber Sie sprechen auch ein wenig deutsch.
Edkins: Das stimmt.
Scholl: Und deswegen wollen wir uns jetzt auf Deutsch erkundigen und von Ihnen eine Antwort hören: Wem drücken Sie persönlich die Daumen bei der Weltmeisterschaft?
Edkins: Ich fange an mit meiner eigenen Mannschaft in Südafrika, mit Bafana bafana, und wenn das nicht zu weit geht mit denen, denn werde ich einer anderen afrikanische Mannschaft meine Stimme geben.
Scholl: Aus Ihrer Perspektive: Haben die Deutschen eine Chance?
Edkins: Ich habe was gelesen in den letzten paar Tagen hier in der Presse, das klingt aber nicht so gut für die deutsche Mannschaft, aber wir wissen, wie gut das könnte sein. Und ich glaube und ich hoffe das für Deutschland auch, das wird eine super Weltmeisterschaft werden, und wir sehen, was in den Semifinals stattfinden wird.
Scholl: Wie steht man eigentlich in Südafrika zu den Deutschen?
Edkins: Das ist schwer zu sagen. Ich glaube, was wichtig ist, dass die vorige Weltmeisterschaft war in Deutschland, und diese Übergangsperiode zwischen Deutschland und Südafrika hat auch die beiden Nationen ein bisschen enger zusammengebracht. Und deshalb für Südafrika ist das Beispiel, wie gut das in Deutschland gelaufen war in 2006, ein gutes Beispiel für Südafrika. Und man lernt von diesen Beispielen, zum Beispiel den Fanparks. Und wir bauen viele Fanparks jetzt in Südafrika, sodass Leute, die nicht das Geld haben, die Karten zu kaufen oder die Möglichkeit, die Karten zu bekommen, können auch mitbeteiligt werden mit anderen Leuten zusammen.
Scholl: In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine schöne Weltmeisterschaft, Don Edkins. Südafrika und der Fußball – das war Don Edkins, der südafrikanische Filmemacher hier im Deutschlandradio Kultur. Herzlichen Dank für Ihren Besuch und das Gespräch!
Edkins: Bitte schön, danke!
Don Edkins: Ich glaube, es hat mehr als nur eine Wirkung. Es wird natürlich die Augen der Welt auf Südafrika lenken, zugleich aber sind die Südafrikaner ungewiss, was daraus entstehen wird. Sie sind sehr aufgeregt, andererseits wissen sie nicht, wie das Ganze sich gestalten wird. Eines ist sicher: Es ist das größte Ereignis, das je in Südafrika stattgefunden hat.
Scholl: 1995, ein Jahr nach Ende des Apartheidregimes, Herr Edkins, wurde Südafrika sensationell Rugby-Weltmeister. Dieses Ereignis hatte eine ungeheure Wirkung für das Land – Weiß und Schwarz waren gemeinsam euphorisch, haben miteinander gejubelt. Kann die Fußball-Weltmeisterschaft womöglich auch diese Wirkung entfalten?
Edkins: Ich glaube, das ist möglich, die Frage aber ist doch, wie lange hält diese Euphorie vor, wie lange ist es gelungen damals, die unterschiedlichen Sprachen, die unterschiedlichen Kulturen zusammenzuführen und diese Regenbogennation herzustellen. Ich glaube, heute gilt es, darüber hinaus zu gehen. Die Frage ist, gelingt es uns wirklich, eine neue Identität zu schaffen und zu gestalten, eine Nation. Und der Worldcup im Fußball ist sicherlich eine Chance dafür.
Scholl: Es heißt ja, dass Fußball in Südafrika traditionell schwarz ist, Weiße interessieren sich in der Regel eher weniger dafür. Das wird nun auf jeden Fall anders sein, wenn die ganze Welt auf Südafrika blickt natürlich. Kann der Fußball jetzt vielleicht eine neue Rolle einer solchen Integration spielen?
Edkins: Nun, ich denke, das kann so geschehen. Vielleicht schauen wir mal auf das, was am letzten Wochenende in Südafrika geschehen ist. Dort wurde eine der Spielstätten für die Weltmeisterschaft für ein Semifinale im Rugby eingesetzt – und Rugby ist ja immer noch eine vorwiegend weiße Sportart, die meisten Fans sind Weiße – sie sollten also nach Soweto, diese schwarze Township fahren. Und es stellte sich heraus, dass es eine sehr angenehme, unterhaltsame Partie wurde, alle verstanden sich gut, obwohl das keineswegs vorhersagbar war. Es ist also bereits eingetreten, dieses Zusammenkommen dank des Sports, hier des Rugbys, und das kann sich eben auch in größerem Maßstab durch den Fußball wieder ereignen.
Scholl: Lassen Sie uns mal zurückschauen, Don Edkins, wie war das eigentlich zur Zeit der Apartheid, welches Gewicht hatte damals gerade Fußball für die Schwarzen?
Edkins: Fußball war immer sehr wichtig, wird auch wichtig bleiben. Fußball ist ja eine vorwiegend schwarze Sportart, die Schwarzen lieben Fußball, er wird überall gespielt, wenngleich auch nicht mit denselben Mitteln, wie es die Weißen üblicherweise mit ihren Sportarten machen konnten. Aber Fußball war ein wichtiger Bestandteil im Kampf gegen die Apartheid. Sport spielte eine wichtige Rolle, dieses System zu Fall zu bringen. Und es ist jetzt zu beobachten, wie der Sport erneut ganz wichtig ist, um dieses Thema Überwindung der Rassenschranken in die globale Arena zu bringen. Wir müssen heute überlegen, welche Funktionen der Sport noch erneut ausüben kann, warum ist die Fußball-Weltmeisterschaft nach Südafrika vergeben worden? Nun, weil wir die Freiheit haben, weil wir die Demokratie haben, und dieses gilt es jetzt wieder als Botschaft nach draußen zu tragen.
Scholl: Die Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika, wie wird sie das Land verändern? Deutschlandradio Kultur im Gespräch mit dem südafrikanischen Filmemacher Don Edkins. Im Sport hat eine ganz strenge Rassentrennung geherrscht, Don Edkins, Sie haben es gerade beschrieben. Im Fußball gab es bis 1978 drei Ligen – eine schwarze, eine weiße und eine indische sogar –, dann hat man diese Trennung aber schon während der Apartheid aufgehoben. Warum eigentlich war dann der internationale Druck doch so groß, dass man dann also auch eine "gemischtrassige", in Anführungszeichen, Liga zuließ?
Edkins: Ich kann das im Einzelnen nicht erklären, weil ich zu dem Zeitpunkt nicht in Südafrika lebte, ich war damals schon außerhalb der Landesgrenzen, aber eines ist sicher: Der Druck spielte eine ganz, ganz wichtige Rolle. Der hat auch dazu geführt, dass Südafrika von vielen Sportereignissen ausgeschlossen wurde – es wurde ja schließlich sogar von den Olympischen Spielen ausgeschlossen –, und dies eben dank des Opfers, das viele afrikanische Nationen bereit waren zu bringen. Es war vor allem der Druck aus den afrikanischen Ländern, dieser massive politische Block der afrikanischen Länder, der in den 60er- und 70er-Jahren diesen Wandel mit herbeiführen half. Die Bereitschaft der Afrikaner, letztlich ihre Athleten zu opfern, hat dazu geführt, dass dieses Thema auf die internationale Bühne gebracht wurde. Südafrika stand dann im Rampenlicht, und das ist auch der Hintergrund, vor dem es die heutigen Entwicklungen zu sehen gilt.
Scholl: Das südafrikanische Fußballteam für die Weltmeisterschaft jetzt ist gemischt. Wird es Ihrer Ansicht nach zum sogenannten Nation Building, also zum weiteren Aufbau der Nationen, zum Zusammenhalt der Nationen beitragen auf diese Weise?
Edkins: Ich glaube das. Wir werden es erleben, dass die Menschen aus unterschiedlichen Sprachen mit unterschiedlichen Hautfarben zusammenkommen. Wir werden sehen, wie sie zusammenwachsen, und es wird dann letztlich nicht so entscheidend sein, welche Hautfarbe die einzelnen Sportler haben.
Scholl: Der bekannteste Sportjournalist Südafrikas, Matshelane Mamabolo, hat starke Zweifel daran geäußert, dass die WM zu einer weiteren Integration beitragen kann. Er hat gesagt, ja, die Konflikte könnten eventuell sogar noch schärfer werden, weil die Stadien im Grunde weiß sein werden, das heißt, die meisten Weißen können sich eine Karte leisten, und viele Schwarze, viele schwarze Südafrikaner würden draußen bleiben. Was meinen Sie?
Edkins: Was ich gesehen habe, sagt mir Folgendes: Seitdem man den Verkauf vom Internetverkauf auf den Kassenverkauf umgestellt hat, kommen die Menschen sehr viel mehr zusammen. Wenn man gemeinsam in einer Reihe steht, dann verschwinden diese Unterschiede der Hautfarbe, diese Unterschiede der einzelnen afrikanischen Nationen, und man vermischt sich eben viel besser. Die Frage ist aber, ob dieses Ergebnis nur zeitweilig bleibt oder ob wir das Vermächtnis dieses Ereignisses weiter ausbauen können, ob wir diese Chance nutzen, um zum Beispiel die Maßnahmen der sozialen Gerechtigkeit einzuführen, die es dann ermöglichen, dass diejenigen Menschen, die jetzt ausgeschlossen sind – und es werden ja einige ausgeschlossen sein –, dass die dann bessere Chancen haben, um teilzunehmen. Zum Beispiel in Gestalt von besseren Spielstätten, sodass also alle Südafrikaner von diesem Geld, das in die Weltmeisterschaft gesteckt wird, profitieren, dass man auch draußen im flachen Land Zugang zu Trainingsmöglichkeiten hat. Das ist das Entscheidende. Wird es gelingen, dieses einmalige Ereignis zu übersetzen in einen sozialen Verwandlungsprozess.
Scholl: Die Weltmeisterschaft wird auch ein großes afrikanisches Festival werden, es ist ja nicht nur Südafrika vertreten, sondern auch Ghana, Kamerun, die Elfenbeinküste, Algerien. Wird diese WM auch ein politisches Ausrufezeichen sein im Sinne von, wir sind schwarz und stolze Afrikaner?
Edkins: Ich hoffe das wirklich. Wir müssen auch erkennen, dass eines der Probleme Südafrikas ist, dass es eben vom Rest Afrikas noch so getrennt erscheint. Wir müssen uns an die Opfer erinnern, die gerade andere afrikanische Länder erbracht haben, um das Apartheidssystem zu stürzen. Und es stimmt natürlich, dass Südafrika eine Wachstumslokomotive ist, dass es wirtschaftlich stark dasteht. Aber umso mehr müssen wir uns wünschen, dass eben ganz Afrika mitgezogen wird, dass Afrika selbst als Ganzes dann auf der Bühne steht und nicht nur Südafrika.
Scholl: Don Edkins, wir haben dieses Interview auf Englisch geführt, weil Englisch Ihre Muttersprache ist, aber Sie sprechen auch ein wenig deutsch.
Edkins: Das stimmt.
Scholl: Und deswegen wollen wir uns jetzt auf Deutsch erkundigen und von Ihnen eine Antwort hören: Wem drücken Sie persönlich die Daumen bei der Weltmeisterschaft?
Edkins: Ich fange an mit meiner eigenen Mannschaft in Südafrika, mit Bafana bafana, und wenn das nicht zu weit geht mit denen, denn werde ich einer anderen afrikanische Mannschaft meine Stimme geben.
Scholl: Aus Ihrer Perspektive: Haben die Deutschen eine Chance?
Edkins: Ich habe was gelesen in den letzten paar Tagen hier in der Presse, das klingt aber nicht so gut für die deutsche Mannschaft, aber wir wissen, wie gut das könnte sein. Und ich glaube und ich hoffe das für Deutschland auch, das wird eine super Weltmeisterschaft werden, und wir sehen, was in den Semifinals stattfinden wird.
Scholl: Wie steht man eigentlich in Südafrika zu den Deutschen?
Edkins: Das ist schwer zu sagen. Ich glaube, was wichtig ist, dass die vorige Weltmeisterschaft war in Deutschland, und diese Übergangsperiode zwischen Deutschland und Südafrika hat auch die beiden Nationen ein bisschen enger zusammengebracht. Und deshalb für Südafrika ist das Beispiel, wie gut das in Deutschland gelaufen war in 2006, ein gutes Beispiel für Südafrika. Und man lernt von diesen Beispielen, zum Beispiel den Fanparks. Und wir bauen viele Fanparks jetzt in Südafrika, sodass Leute, die nicht das Geld haben, die Karten zu kaufen oder die Möglichkeit, die Karten zu bekommen, können auch mitbeteiligt werden mit anderen Leuten zusammen.
Scholl: In diesem Sinne wünschen wir Ihnen eine schöne Weltmeisterschaft, Don Edkins. Südafrika und der Fußball – das war Don Edkins, der südafrikanische Filmemacher hier im Deutschlandradio Kultur. Herzlichen Dank für Ihren Besuch und das Gespräch!
Edkins: Bitte schön, danke!