Das Heilige und der Humor

Von Edelgard Abenstein |
Deutschlands berühmtestes Gemälde feiert seinen 500. Geburtstag: Raffaels Sixtinische Madonna. Seit seiner Ankunft in Dresden um die Mitte des 18. Jahrhunderts versetzte es Dichterseelen in Aufruhr. Kein Bild, das in der deutschen Literatur mehr Spuren hinterlassen hätte.
Heinrich von Kleist kam täglich und stand stundenlang davor, für Ludwig Tieck "war es wie in der Kirche", Winckelmann beschrieb es als "stille Größe". Eine von der Aufklärung säkularisierte Welt stürzte sich mit religiöser Inbrunst auf die Kunst. Es wurde Kult, die Sixtinische Madonna in Gedichten und Geschichten, in Briefen, Essays und Reiseberichten als weltliche Göttin zu feiern.

Kein Wunder, dass die zwei lümmelnden Engel kurzerhand exkommuniziert wurden. Im Verein mit einer aufstrebenden Kunstwissenschaft behauptete man, sie stammten gar nicht von Raffael, was dem Duo eine separate Weltkarriere bescherte - zwischen Kunst und Kitsch. Erst heute lassen sich das Heilige und die Komik wieder in schöner Koexistenz zusammen denken.

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