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"Es soll ein lebendiger Ort sein"
09:19 Minuten
Der erste Abschnitt des Berliner Humboldt Forums wurde digital eröffnet. Es sei ein Modell der "historischen Kunstkammer", sagt Gründungsintendant Horst Bredekamp. Er wünsche sich eine Sammlung zum Betasten, Herausnehmen und Diskutieren.
Der Wiederaufbau des Hohenzollernschlosses Unter den Linden dauerte sieben Jahre und kostete knapp 700 Millionen Euro. Nun wird das Humboldt Forum eröffnet.
Zusammen mit dem britischen Kunsthistoriker Neil MacGregor und dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, bildet der Kunsthistoriker Horst Bredekamp die Gründungsintendanz für das Humboldt Forum. Dass es nun eröffnet sei, sei "eine große Erleichterung und Freude", sagt er. Zwischendurch habe er zweimal geglaubt, dass das Projekt scheitern würde.
Stetige Weiterentwicklung
Zu den Aufgaben der Gründungsintendanten gehörte es am Anfang auch, die drei Institutionen Staatliche Museen zu Berlin, die Humboldt-Universität und die Stiftung Stadtmuseum zusammenzuführen. "Das war ein sehr schwieriger Prozess", sagt Bredekamp. "Man muss sich immer klar machen, dass das Humboldt Forum ein Prozess ist – und dass mit der heutigen Eröffnung keinesfalls eine Statik eintritt, sondern eine Weiterentwicklung."
Das Humboldt Forum sei ein Modell der "historischen Kunstkammer", erklärt Bredekamp. Es sei "eine Sammlung, die nicht nur zum Betrachten da war, sondern zum Betasten und zum Damit-Umgehen, also Herausnehmen der Exponate, sie zur Diskussion stellen."
Das Museum solle einen Denkraum eröffnen mit Seminaren, Vorträgen, Diskussionen, Kinderprogrammen und vielem mehr. Für das Humboldt Forum wünsche er sich in Zukunft, dass es ein "lebendiger Ort" werde.
Debatte um Raub- und Beutekunst
Doch es gibt auch Kritik. Dabei geht es vor allem um die Kolonialismus-Debatte und die Diskussion über in der Sammlung befindliche Raubkunst. Der Historiker Jürgen Zimmerer kritisiert, man habe die Chance verpasst, radikal mit der Frage der Dekolonisation umzugehen und Beutekunst zurückzugeben. Das Thema sei unterschätzt worden.
Die Wucht dieser Debatte habe ihn "vollkommen überrascht", sagt Bredekamp. "Mich hat erschüttert, dass es in unserer Gedächtniskultur offenbar keine Möglichkeit gibt, eine historisch-kritische Bewegung in das Zentrum zu stellen. Das war mein Zugang. Zu rekonstruieren, wie es Sammlungsbestrebungen gab, die antikolonial waren und einen völlig anderen Begriff als den der Nation oder von Rassen hatten."
(nho)