"Das ist Gift für den Wettbewerb"
Sven Becker, Geschäftsführer des Stadtwerke-Netzwerkes Trianel, kritisiert die Regierungspläne, die Laufzeiten von Atomkraftwerken zu verlängern. Dadurch werde es kaum noch unabhängige Anbieter geben, die in Kraftwerke investieren - und das sei Gift für den Wettbewerb.
Nana Brink: Wir haben unseren Gesprächspartner erreicht und wollen jetzt sprechen über das Energiekonzept der Bundesregierung und die Verlängerung von Laufzeiten der Atomkraftwerke. Bundeskanzlerin Merkel reist ja derzeit durch die Republik, um mit Stromversorgern und Betreibern von alternativen Energiequellen und Kraftwerksbetreibern zu sprechen und immer noch geht es um die Frage: Soll es längere Laufzeiten für Atomkraftwerk geben? Und dazu hat die Bundesregierung auch ein Gutachten in Auftrag gegeben, gestern wurde die Expertise des energiewirtschaftlichen Instituts der Uni Köln bekannt, und demnach sind längere Laufzeiten verzichtbar oder aber auch sinnvoll – also, keine definitive Festlegung.
Und während ihrer Energiereise hat die Bundeskanzlerin, die ja bekanntlich für eine Verlängerung ist, diese Woche auch die Baustelle eines Steinkohlekraftwerks in Lünen, das von einem Verbund von Stadtwerken gebaut wird, besucht. Trianel heißt dieser Verbund, der 47 Gesellschaften mit über fünf Millionen Kunden repräsentiert. Und gegründet worden ist Trianel, um Kommunen eine eigenständige Energieversorgung zu ermöglichen. Und am Telefon ist jetzt Sven Becker, der Geschäftsführer des Stadtwerke-Netzwerkes Trianel – einen schönen guten Morgen, Herr Becker!
Sven Becker: Ja, schönen guten Morgen, Frau Brink!
Brink: Sie kritisieren die Pläne der Bundesregierung, die Laufzeiten von Atomkraftwerken zu verlängern, als Gift für jegliche Form von Wettbewerb – was meinen Sie damit?
Becker: Nun, Frau Brink, die großen Konzerne haben heute schon 80 Prozent der Stromerzeugung in ihren Händen, das ist ein Oligopol von E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW. Der Ausstieg aus der Kernkraft hat damals möglich gemacht, dass überhaupt erst neue Anbieter wie zum Beispiel Trianel in Kraftwerke investieren. Wenn das Rad jetzt wieder zurückgedreht wird, zementiert man das Oligopol, es wird dann kaum noch unabhängige Anbieter geben, die in Kraftwerke investieren, und eben das ist Gift für den Wettbewerb und wird am Ende dafür sorgen, dass der Markt verschlossen wird und der Kunde am Ende die Zeche zahlt, weil ein Oligopol für überteuerte Strompreise sorgt.
Brink: Nun gibt es aber eine ganz andere Auffassung, die unter anderem in dem Gutachten, das die Regierung in Auftrag gegeben hat, öffentlich wird, wo nämlich gesagt wird, eine Verlängerung ist sinnvoll und die Preise würden dadurch auch sinken.
Becker: Nun, Atomstrom ist mit gerade mal anderthalb bis zweieinhalb Cent Produktionskosten zwar konkurrenzlos billig derzeit, weil die Atomkonzerne bisher weder für die Versicherung der Risiken noch für die Endlagerung bezahlen, dafür kommt ja bisher immer noch der Staat auf. Wenn es allerdings keinen Wettbewerb im Erzeugungsmarkt gibt, wird eine Laufzeitverlängerung keinesfalls für günstigere Strompreise bei den Verbrauchern sorgen, das ist ein Ammenmärchen der Kernkraftlobby.
Brink: Sie bauen ja gerade ein Steinkohlekraftwerk in Lünen, es wird, wenn es 2012 ans Netz gehen sollte, das erste vollständig kommunal finanzierte Kohlekraftwerk. Fürchten Sie die Konkurrenz der großen Energieversorger durch die Verlängerung der Laufzeiten?
Becker: Erst noch mal vorweg: Moderne Kohlekraftwerke sind wichtig, um durch den Ersatz alter Kohlekraftwerke den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Das ist wie beim Auto, wenn Sie Ihr altes durch ein neues ersetzen, verbrauchen Sie auch weniger Benzin und tun damit etwas Gutes für die Umwelt. Insofern werden wir auch in den nächsten Jahren noch fossile Kraftwerke brauchen.
Ohne Zweifel wird unser Kraftwerk in Lünen durch so eine Laufzeitverlängerung wirtschaftlich beeinträchtigt, obwohl es auch mit der Laufzeitverlängerung schwarze Zahlen schreiben wird, davon sind wir überzeugt. Der Punkt ist aber, dass zukünftige Investitionen durch eine Laufzeitverlängerung be- und verhindert werden. Damit wird einerseits die Marktmacht der Großen vier Energiekonzerne auf weitere Jahrzehnte zementiert, wie ich auch schon gesagt habe, gleichzeitig allerdings wird auch der Umwelt geschadet, weil eben alte, ineffiziente Kraftwerke länger am Netz bleiben.
Brink: Also sagen Sie, die großen Energiekonzerne bestimmen die Politik?
Becker: Na, ich glaube, das muss man differenziert betrachten. Die Energiekonzerne würden die Politik gerne wesentlich stärker bestimmen, als sie es im Moment tun. Die Anzeigenkampagne von letzter Woche zeigt ja, dass das Oligopol da auch durchaus nervös wird.
Brink: Sie meinen die Anzeigenkampagne der großen Stromkonzerne?
Becker: Ganz genau. Es gibt aber ohne Frage bedingungslose Kernkraftbefürworter in der Politik, die hier auch den Konzernen das Wort reden, insbesondere in Süddeutschland, wo ja viele Kernkraftwerke stehen, aber sowohl die Bundeskanzlerin wie auch Bundesumweltminister Röttgen haben jedoch einen sehr kritischen Blick auf diese gesamte Situation und sind in der Lage, alle Argumente auch konstruktiv abzuwägen.
Brink: Sie haben sich ja nun in Ihren Planungen auf die Regierungspolitik, sprich auf den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie verlassen – war das ein Fehler, für Sie als kommunale Stadtwerke?
Becker: Also die Stadtwerke sind sicherlich nicht naiv, wenn Sie das so meinen, aber klar gilt: Wenn Sie in Kraftwerke investieren, die Milliarden kosten, dann brauchen Sie einen verlässlichen politischen Rahmen. Das gilt für Offshore-Windparks, in die wir gerade auch investieren, genauso wie für hocheffiziente, fossile Kraftwerke. Und dieser Rahmen, der würde mit der Laufzeitverlängerung und dem …
Brink: … Sven Becker, vielen Dank, unsere Zeit ist leider zu Ende. Vielen Dank, Sven Becker, der Geschäftsführer des Stadtwerke-Netzwerkes Trianel. Und wir sprachen über das Energiekonzept der Bundesregierung.
Und während ihrer Energiereise hat die Bundeskanzlerin, die ja bekanntlich für eine Verlängerung ist, diese Woche auch die Baustelle eines Steinkohlekraftwerks in Lünen, das von einem Verbund von Stadtwerken gebaut wird, besucht. Trianel heißt dieser Verbund, der 47 Gesellschaften mit über fünf Millionen Kunden repräsentiert. Und gegründet worden ist Trianel, um Kommunen eine eigenständige Energieversorgung zu ermöglichen. Und am Telefon ist jetzt Sven Becker, der Geschäftsführer des Stadtwerke-Netzwerkes Trianel – einen schönen guten Morgen, Herr Becker!
Sven Becker: Ja, schönen guten Morgen, Frau Brink!
Brink: Sie kritisieren die Pläne der Bundesregierung, die Laufzeiten von Atomkraftwerken zu verlängern, als Gift für jegliche Form von Wettbewerb – was meinen Sie damit?
Becker: Nun, Frau Brink, die großen Konzerne haben heute schon 80 Prozent der Stromerzeugung in ihren Händen, das ist ein Oligopol von E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW. Der Ausstieg aus der Kernkraft hat damals möglich gemacht, dass überhaupt erst neue Anbieter wie zum Beispiel Trianel in Kraftwerke investieren. Wenn das Rad jetzt wieder zurückgedreht wird, zementiert man das Oligopol, es wird dann kaum noch unabhängige Anbieter geben, die in Kraftwerke investieren, und eben das ist Gift für den Wettbewerb und wird am Ende dafür sorgen, dass der Markt verschlossen wird und der Kunde am Ende die Zeche zahlt, weil ein Oligopol für überteuerte Strompreise sorgt.
Brink: Nun gibt es aber eine ganz andere Auffassung, die unter anderem in dem Gutachten, das die Regierung in Auftrag gegeben hat, öffentlich wird, wo nämlich gesagt wird, eine Verlängerung ist sinnvoll und die Preise würden dadurch auch sinken.
Becker: Nun, Atomstrom ist mit gerade mal anderthalb bis zweieinhalb Cent Produktionskosten zwar konkurrenzlos billig derzeit, weil die Atomkonzerne bisher weder für die Versicherung der Risiken noch für die Endlagerung bezahlen, dafür kommt ja bisher immer noch der Staat auf. Wenn es allerdings keinen Wettbewerb im Erzeugungsmarkt gibt, wird eine Laufzeitverlängerung keinesfalls für günstigere Strompreise bei den Verbrauchern sorgen, das ist ein Ammenmärchen der Kernkraftlobby.
Brink: Sie bauen ja gerade ein Steinkohlekraftwerk in Lünen, es wird, wenn es 2012 ans Netz gehen sollte, das erste vollständig kommunal finanzierte Kohlekraftwerk. Fürchten Sie die Konkurrenz der großen Energieversorger durch die Verlängerung der Laufzeiten?
Becker: Erst noch mal vorweg: Moderne Kohlekraftwerke sind wichtig, um durch den Ersatz alter Kohlekraftwerke den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Das ist wie beim Auto, wenn Sie Ihr altes durch ein neues ersetzen, verbrauchen Sie auch weniger Benzin und tun damit etwas Gutes für die Umwelt. Insofern werden wir auch in den nächsten Jahren noch fossile Kraftwerke brauchen.
Ohne Zweifel wird unser Kraftwerk in Lünen durch so eine Laufzeitverlängerung wirtschaftlich beeinträchtigt, obwohl es auch mit der Laufzeitverlängerung schwarze Zahlen schreiben wird, davon sind wir überzeugt. Der Punkt ist aber, dass zukünftige Investitionen durch eine Laufzeitverlängerung be- und verhindert werden. Damit wird einerseits die Marktmacht der Großen vier Energiekonzerne auf weitere Jahrzehnte zementiert, wie ich auch schon gesagt habe, gleichzeitig allerdings wird auch der Umwelt geschadet, weil eben alte, ineffiziente Kraftwerke länger am Netz bleiben.
Brink: Also sagen Sie, die großen Energiekonzerne bestimmen die Politik?
Becker: Na, ich glaube, das muss man differenziert betrachten. Die Energiekonzerne würden die Politik gerne wesentlich stärker bestimmen, als sie es im Moment tun. Die Anzeigenkampagne von letzter Woche zeigt ja, dass das Oligopol da auch durchaus nervös wird.
Brink: Sie meinen die Anzeigenkampagne der großen Stromkonzerne?
Becker: Ganz genau. Es gibt aber ohne Frage bedingungslose Kernkraftbefürworter in der Politik, die hier auch den Konzernen das Wort reden, insbesondere in Süddeutschland, wo ja viele Kernkraftwerke stehen, aber sowohl die Bundeskanzlerin wie auch Bundesumweltminister Röttgen haben jedoch einen sehr kritischen Blick auf diese gesamte Situation und sind in der Lage, alle Argumente auch konstruktiv abzuwägen.
Brink: Sie haben sich ja nun in Ihren Planungen auf die Regierungspolitik, sprich auf den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie verlassen – war das ein Fehler, für Sie als kommunale Stadtwerke?
Becker: Also die Stadtwerke sind sicherlich nicht naiv, wenn Sie das so meinen, aber klar gilt: Wenn Sie in Kraftwerke investieren, die Milliarden kosten, dann brauchen Sie einen verlässlichen politischen Rahmen. Das gilt für Offshore-Windparks, in die wir gerade auch investieren, genauso wie für hocheffiziente, fossile Kraftwerke. Und dieser Rahmen, der würde mit der Laufzeitverlängerung und dem …
Brink: … Sven Becker, vielen Dank, unsere Zeit ist leider zu Ende. Vielen Dank, Sven Becker, der Geschäftsführer des Stadtwerke-Netzwerkes Trianel. Und wir sprachen über das Energiekonzept der Bundesregierung.