Das It-Girl und der Glaubenskrieger
Regisseur Thilo Reinhardt verfolgt in Berlin einen interessanten Ansatz, der das schwüle Skandalstück von Richard Strauss und Oscar Wilde aus der Ecke wilhelminischer Männerfantasien befreien könnte: Salome ist ein zickiges Oberklassemädchen, das von dem Zerstörer ihrer Welt fasziniert ist.
Getanzt wird nicht. Statt eines aufreizenden Spiels mit den sexuellen Begierden des Machthabers zeigt Regisseur Thilo Reinhardt auf der Drehbühne eine alptraumhaft grelle Vision religiöser Obsessionen. Generäle versuchen, sich selber ans Kreuz zu nageln, während in einem Nebenraum eine Frau den gekreuzigten Heiland befummelt oder ihm mit einem Hammer auf die groteske Erektion schlägt, bis der Heiligenschein aufflackert. Eine bunt überzeichnete Comicwelt hat Bühnenbildner Paul Zoller dafür entworfen, in der ein gezeichneter Säulenportikus die Architektur der Macht symbolisiert. Assoziationen zum Weißen Haus in Washington sind sicher nicht zufällig.
Auch Salome, verwöhnte Tochter des Hauses, erinnert an amerikanische It-Girls vom Schlage einer Paris Hilton. Nicht die erotische Spannung zwischen ihr und dem asketischen Propheten Jochanaan steht im Mittelpunkt dieser Inszenierung, sondern die Faszination des zickigen Oberklassemädchens für einen proletenhaften Mann, dem offenbar andere Dinge wichtig sind als der Konsum von Markenklamotten. Statt die sexualpathologische Fixierung einer Kindfrau mit dem sanftmütigen Propheten zu zeigen, dichtet Thilo Reinhardt diesem Joachanaan eine militante Glaubenskriegerattitüde an und zeigt die Überidentifikation Salomes mit dem Zerstörer ihrer Welt. Wenn sie dessen Kopf in einer Silberschüssel fordert, tut sie ihm eigentlich einen Gefallen, indem sie ihm zum ersehnten Märtyrertod verhilft.
Ein interessanter Ansatz, der das schwüle Skandalstück aus der Ecke wilhelminischer Männerphantasien befreien könnte. Allerdings hat das Regieteam seine Rechnung ohne den Komponisten Richard Strauss und ohne den Textdichter Oscar Wilde gemacht und ist zudem unfähig, die eigenen Gedanken überzeugend auf die Bühne zu bringen. Da müssen sich die Soldaten massiv onanierend die Zeit vertreiben oder hektisch ihre Maschinengewehre in die Luft heben, der obligatorische Personenschützer läuft hektisch über die Bühne, das Herrscherpaar agiert wie in einer ganz billigen Vorabendserie, Salome kommt als billiges Flittchen im Minirock daher und darf keinerlei erotische Ausstrahlung zeigen.
Überhaupt ist Morenike Fadayomi in der Titelpartie das größte Problem des Abends. Mit hysterisch-schrillem Ton und ausuferndem Vibrato keift sie sich durch ihre Rolle, die doch Inbegriff des Verführerischen sein soll. So ist es kein Wunder, dass Jochanaan in Gestalt des ebenfalls nicht restlos überzeugenden Baritons Egils Silins lieber nichts mit ihr zu tun haben will. Einzig Andreas Conrad kann dem entscheidungsschwachen Herodes so etwas wie musikalisches Profil verleihen, während das restliche Ensemble ununterbrochen musikalisch und schauspielerisch chargiert und überzeichnet. Etwas mehr Gestaltungswillen hätte allerdings dem musikalischen Leiter gut angestanden. Alexander Vedernikow entscheidet sich für einen pauschalen Großklang, der nur wenige Details dieser grandiosen Partitur aufscheinen lässt.
Vom Skandalstück, das "Salome" noch immer sein kann, war an der Komischen Oper wenig zu sehen und zu hören. Da alle drei Berliner Opernhäuser immer wieder betonen, welche Freude die Vergleichsmöglichkeit zwischen drei Inszenierungen desselben Stücks dem Publikum bereite, kann hier festgestellt werden, dass die Staatsoper mit der alten Inszenierung Harry Kupfers noch immer deutlich die Nase vorn hat.
Informationen der Komischen Oper Berlin zu ihrer Inszenierung von "Salome"
Auch Salome, verwöhnte Tochter des Hauses, erinnert an amerikanische It-Girls vom Schlage einer Paris Hilton. Nicht die erotische Spannung zwischen ihr und dem asketischen Propheten Jochanaan steht im Mittelpunkt dieser Inszenierung, sondern die Faszination des zickigen Oberklassemädchens für einen proletenhaften Mann, dem offenbar andere Dinge wichtig sind als der Konsum von Markenklamotten. Statt die sexualpathologische Fixierung einer Kindfrau mit dem sanftmütigen Propheten zu zeigen, dichtet Thilo Reinhardt diesem Joachanaan eine militante Glaubenskriegerattitüde an und zeigt die Überidentifikation Salomes mit dem Zerstörer ihrer Welt. Wenn sie dessen Kopf in einer Silberschüssel fordert, tut sie ihm eigentlich einen Gefallen, indem sie ihm zum ersehnten Märtyrertod verhilft.
Ein interessanter Ansatz, der das schwüle Skandalstück aus der Ecke wilhelminischer Männerphantasien befreien könnte. Allerdings hat das Regieteam seine Rechnung ohne den Komponisten Richard Strauss und ohne den Textdichter Oscar Wilde gemacht und ist zudem unfähig, die eigenen Gedanken überzeugend auf die Bühne zu bringen. Da müssen sich die Soldaten massiv onanierend die Zeit vertreiben oder hektisch ihre Maschinengewehre in die Luft heben, der obligatorische Personenschützer läuft hektisch über die Bühne, das Herrscherpaar agiert wie in einer ganz billigen Vorabendserie, Salome kommt als billiges Flittchen im Minirock daher und darf keinerlei erotische Ausstrahlung zeigen.
Überhaupt ist Morenike Fadayomi in der Titelpartie das größte Problem des Abends. Mit hysterisch-schrillem Ton und ausuferndem Vibrato keift sie sich durch ihre Rolle, die doch Inbegriff des Verführerischen sein soll. So ist es kein Wunder, dass Jochanaan in Gestalt des ebenfalls nicht restlos überzeugenden Baritons Egils Silins lieber nichts mit ihr zu tun haben will. Einzig Andreas Conrad kann dem entscheidungsschwachen Herodes so etwas wie musikalisches Profil verleihen, während das restliche Ensemble ununterbrochen musikalisch und schauspielerisch chargiert und überzeichnet. Etwas mehr Gestaltungswillen hätte allerdings dem musikalischen Leiter gut angestanden. Alexander Vedernikow entscheidet sich für einen pauschalen Großklang, der nur wenige Details dieser grandiosen Partitur aufscheinen lässt.
Vom Skandalstück, das "Salome" noch immer sein kann, war an der Komischen Oper wenig zu sehen und zu hören. Da alle drei Berliner Opernhäuser immer wieder betonen, welche Freude die Vergleichsmöglichkeit zwischen drei Inszenierungen desselben Stücks dem Publikum bereite, kann hier festgestellt werden, dass die Staatsoper mit der alten Inszenierung Harry Kupfers noch immer deutlich die Nase vorn hat.
Informationen der Komischen Oper Berlin zu ihrer Inszenierung von "Salome"