Das Jahr der Zeitungskrise
2008 war kein gutes Jahr für die Zeitungen und Zeitschriften, und 2009 wird es voraussichtlich auch nicht werden. Beim WAZ-Konzern, beim Gruner + Jahr-Verlag, selbst bei der Süddeutschen Zeitung - überall ist das "Streichkonzert" zu hören. Laut Branchenschätzungen werden durch die Werbeflaute mindestens 1000 Stellen in bundesdeutschen Verlagen abgebaut - vielleicht noch mehr. Doch woran krankt die Verlagsbranche genau?
Man kann es kaum mehr hören: Seit Jahren wird festgestellt, das bedruckte Papier weiche dem Computerbildschirm, das Lesen dem Anschauen: Das sei die Umwälzung, die das Internet mit sich bringe, das sich selbst vom Text- zum Text- und Bild-Medium gewandelt hat. Und die traditionellen Medien wie Buch, Zeitung und Fernsehen müssen sich der neuen Konkurrenz stellen.
Das tun sie, indem sie ins Netz expandieren: Kein Verlag, keine Zeitung mehr ohne Online-Auftritt, kein Sender mehr ohne Internet-Angebote. In den USA ist bereits die erste große Zeitung komplett ins Netz abgewandert: Vor kurzem wurde bekannt, dass der "Christian Science Monitor" aus Boston künftig nur noch Online zu lesen sein wird.
Bei den meisten Zeitungen wurden die Internetpräsenzen nach dem Prinzip hochgezogen: "Besser, wir kannibalisieren uns selbst, statt, dass es jemand anderes tut." Doch das Geschäft geht bislang noch nicht auf: Die meisten Verlage, einmal abgesehen vom profitablen "Spiegel", machen im Netz rund 20 Mal weniger Umsatz als mit den gedruckten Anzeigen.
Weniger Geld in der Kasse der Konzerne und Verlagshäuser ist die Konsequenz, deren Folgen derzeit eine hohe Dynamik angenommen haben: Verringerung des Angebots wie auch des Personals allerorten. In den vergangen Wochen wurde die Krise so deutlich sichtbar wie selten zuvor: Die WAZ-Geschäftsführung findet, dass vier Zeitungen in der Region nicht auch vier Reporter brauchen, die über dasselbe Ereignis berichten.
Der Konzern will daher durch Kürzungen 30 Millionen Euro sparen, unter anderem durch Schließungen einiger Lokalredaktionen und der Schaffung einer zentralen Mantelredaktion in Essen, die die vier Zeitungen der Region beliefert. Dies wird laut Geschäftsführer Bodo Hombach bis zu 300 Journalisten ihren Arbeitsplatz kosten. WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz begründet die Entscheidung damit, dass man im nächsten Jahr zumindest eine schwarze Null schreiben wolle:
"Das ist ja nun alles andere als eine 'Heuschreckenrendite'. Der Deutsche Bank-Chef Ackermann hat einmal gesagt, man wolle eine Rendite von 25 Prozent haben - davon ist bei der WAZ keine Rede, wir reden hier über die Sanierung und die Rettung eines Unternehmens und nicht über Gier."
Ob das Motiv Gier ist, oder etwas anderes - der Umfang der Sparmaßnahmen in der Branche wird in jedem Fall immer größer. Auch die Eigner der Süddeutschen Zeitung verkündeten, dass Einsparungen unabdingbar und Kündigungen nicht ausgeschlossen seien, und boten üppige Abfindungen an. Auch bei der FAZ und beim "Handelsblatt" sucht man nach Kürzungsmöglichkeiten - und beim Holtzbrinck-Verlag bündelt man ab nächstem Jahr seine drei Online-Portale "Zeit-Online", "tagesspiegel.de" und "zoomer.de" - ein Dutzend Redakteure werden dadurch ihre Arbeitsplätze verlieren.
Im Hamburger Gruner + Jahr-Verlag fusioniert man aus seinen Wirtschaftstiteln Capital, Impuls, Financial Times Deutschland und Börse Online eine gemeinsame "Zentralredaktion", und entlässt in der Konsequenz mindestens 100 Journalisten; außerdem stellt der Verlag sein verlustreiches Lifestyle-Magazin "Park Avenue" ein. Laut Gruner und Jahr- Vorstandsmitglied Bernd Buchholz soll trotz der Sparmaßnahmen die Wirtschaftsberichterstattung des Verlags nicht leiden, im Gegenteil:
"In einer solchen mit 250 journalistischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten besetzten Redaktion für die gesamte Wirtschaft kann man sich dann sehr wohl solche Dinge leisten wie einen Recherchepool, einen Autorenpool. Da kann man sich dann eben mehr Dinge leisten. Und für die einzelnen Marken sorgen wir dafür, dass durch die einzelnen Chefredakteure die Identität der Marken gewährleistet wird."
Nun ist bei all diesen Einsparungen zu fragen: Muss das wirklich sein? Sicher, die Anzeigen für Autos, Immobilien, Jobangebote gehen seit Jahren zurück - nun gibt es zusätzlich einen konjunkturellen Einbruch. Und dennoch, so meint der Medienredakteur der "taz", Steffen Grimberg, könne man nicht immer von echter Notwendigkeit sprechen, es seien in manchen Häusern auch "Mitnahmeeffekte" zu verzeichnen:
"Die Lage ist, glaube ich, nicht so ernst, wie die Zahlen, die da - teilweise Gerüchte, teilweise bestätigt - in der Branche kursieren. Was tatsächlich der Fall ist, ist dass wie schon bei der letzten Medienkrise nach dem dot.com-Crash 2001 Unternehmen die momentane Krisenstimmung nutzen, um Personal abzubauen, um vielleicht auch etwas leichter, sich schlanker aufzustellen, zum Teil neue Organisationsformen, neue Strukturen in den Häusern einzubringen, immer mit dem Argument, dass sie sich damit zukunftsfähiger aufstellen."
Auf den Branchentreffen der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger in den letzten Jahren wurden immer öfter immer lautere Kassandra-Rufe ausgestoßen, wie schlecht es doch der Branche gehe, und dass man auf dem sicheren Weg nach unten sei. Diese Negativhaltung verbunden mit einer gewissen Ideenlosigkeit der Verleger räche sich nun, findet Steffen Grimberg.
Nicht alle Verleger suchen jedoch ihr Heil nur im Sparen und Kürzen: Einer, der eine andere Sicht der Dinge hat, ist Alfred Neven DuMont, der unter anderem den Kölner Stadtanzeiger und die Frankfurter Rundschau verlegt. Er riet unlängst bei der Verleihung des Theodor-Wolff-Preises seinen Kollegen: "Stocken Sie Ihren Redaktionsetat auf." Doch in den meisten Häusern geschieht das Gegenteil - abgespeckte Zeitungen mit weniger Inhalten begeistern immer weniger Leser - ein Teufelskreis.
Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel des Wochenblatts "Die Zeit". Ihr geht es so gut wie nie, und das hat womöglich nicht nur mit der Qualität der Artikel zu tun, sondern auch damit, dass den Lesern etwas geboten wird, wonach sie sonst inzwischen lange suchen müssen: Hervorragenden Lesestoff als gedruckte Zeitung. Ob dieses Beispiel ansteckend wirkt auf andere Verlage, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.
Das tun sie, indem sie ins Netz expandieren: Kein Verlag, keine Zeitung mehr ohne Online-Auftritt, kein Sender mehr ohne Internet-Angebote. In den USA ist bereits die erste große Zeitung komplett ins Netz abgewandert: Vor kurzem wurde bekannt, dass der "Christian Science Monitor" aus Boston künftig nur noch Online zu lesen sein wird.
Bei den meisten Zeitungen wurden die Internetpräsenzen nach dem Prinzip hochgezogen: "Besser, wir kannibalisieren uns selbst, statt, dass es jemand anderes tut." Doch das Geschäft geht bislang noch nicht auf: Die meisten Verlage, einmal abgesehen vom profitablen "Spiegel", machen im Netz rund 20 Mal weniger Umsatz als mit den gedruckten Anzeigen.
Weniger Geld in der Kasse der Konzerne und Verlagshäuser ist die Konsequenz, deren Folgen derzeit eine hohe Dynamik angenommen haben: Verringerung des Angebots wie auch des Personals allerorten. In den vergangen Wochen wurde die Krise so deutlich sichtbar wie selten zuvor: Die WAZ-Geschäftsführung findet, dass vier Zeitungen in der Region nicht auch vier Reporter brauchen, die über dasselbe Ereignis berichten.
Der Konzern will daher durch Kürzungen 30 Millionen Euro sparen, unter anderem durch Schließungen einiger Lokalredaktionen und der Schaffung einer zentralen Mantelredaktion in Essen, die die vier Zeitungen der Region beliefert. Dies wird laut Geschäftsführer Bodo Hombach bis zu 300 Journalisten ihren Arbeitsplatz kosten. WAZ-Chefredakteur Ulrich Reitz begründet die Entscheidung damit, dass man im nächsten Jahr zumindest eine schwarze Null schreiben wolle:
"Das ist ja nun alles andere als eine 'Heuschreckenrendite'. Der Deutsche Bank-Chef Ackermann hat einmal gesagt, man wolle eine Rendite von 25 Prozent haben - davon ist bei der WAZ keine Rede, wir reden hier über die Sanierung und die Rettung eines Unternehmens und nicht über Gier."
Ob das Motiv Gier ist, oder etwas anderes - der Umfang der Sparmaßnahmen in der Branche wird in jedem Fall immer größer. Auch die Eigner der Süddeutschen Zeitung verkündeten, dass Einsparungen unabdingbar und Kündigungen nicht ausgeschlossen seien, und boten üppige Abfindungen an. Auch bei der FAZ und beim "Handelsblatt" sucht man nach Kürzungsmöglichkeiten - und beim Holtzbrinck-Verlag bündelt man ab nächstem Jahr seine drei Online-Portale "Zeit-Online", "tagesspiegel.de" und "zoomer.de" - ein Dutzend Redakteure werden dadurch ihre Arbeitsplätze verlieren.
Im Hamburger Gruner + Jahr-Verlag fusioniert man aus seinen Wirtschaftstiteln Capital, Impuls, Financial Times Deutschland und Börse Online eine gemeinsame "Zentralredaktion", und entlässt in der Konsequenz mindestens 100 Journalisten; außerdem stellt der Verlag sein verlustreiches Lifestyle-Magazin "Park Avenue" ein. Laut Gruner und Jahr- Vorstandsmitglied Bernd Buchholz soll trotz der Sparmaßnahmen die Wirtschaftsberichterstattung des Verlags nicht leiden, im Gegenteil:
"In einer solchen mit 250 journalistischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiten besetzten Redaktion für die gesamte Wirtschaft kann man sich dann sehr wohl solche Dinge leisten wie einen Recherchepool, einen Autorenpool. Da kann man sich dann eben mehr Dinge leisten. Und für die einzelnen Marken sorgen wir dafür, dass durch die einzelnen Chefredakteure die Identität der Marken gewährleistet wird."
Nun ist bei all diesen Einsparungen zu fragen: Muss das wirklich sein? Sicher, die Anzeigen für Autos, Immobilien, Jobangebote gehen seit Jahren zurück - nun gibt es zusätzlich einen konjunkturellen Einbruch. Und dennoch, so meint der Medienredakteur der "taz", Steffen Grimberg, könne man nicht immer von echter Notwendigkeit sprechen, es seien in manchen Häusern auch "Mitnahmeeffekte" zu verzeichnen:
"Die Lage ist, glaube ich, nicht so ernst, wie die Zahlen, die da - teilweise Gerüchte, teilweise bestätigt - in der Branche kursieren. Was tatsächlich der Fall ist, ist dass wie schon bei der letzten Medienkrise nach dem dot.com-Crash 2001 Unternehmen die momentane Krisenstimmung nutzen, um Personal abzubauen, um vielleicht auch etwas leichter, sich schlanker aufzustellen, zum Teil neue Organisationsformen, neue Strukturen in den Häusern einzubringen, immer mit dem Argument, dass sie sich damit zukunftsfähiger aufstellen."
Auf den Branchentreffen der Zeitungs- und Zeitschriftenverleger in den letzten Jahren wurden immer öfter immer lautere Kassandra-Rufe ausgestoßen, wie schlecht es doch der Branche gehe, und dass man auf dem sicheren Weg nach unten sei. Diese Negativhaltung verbunden mit einer gewissen Ideenlosigkeit der Verleger räche sich nun, findet Steffen Grimberg.
Nicht alle Verleger suchen jedoch ihr Heil nur im Sparen und Kürzen: Einer, der eine andere Sicht der Dinge hat, ist Alfred Neven DuMont, der unter anderem den Kölner Stadtanzeiger und die Frankfurter Rundschau verlegt. Er riet unlängst bei der Verleihung des Theodor-Wolff-Preises seinen Kollegen: "Stocken Sie Ihren Redaktionsetat auf." Doch in den meisten Häusern geschieht das Gegenteil - abgespeckte Zeitungen mit weniger Inhalten begeistern immer weniger Leser - ein Teufelskreis.
Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel des Wochenblatts "Die Zeit". Ihr geht es so gut wie nie, und das hat womöglich nicht nur mit der Qualität der Artikel zu tun, sondern auch damit, dass den Lesern etwas geboten wird, wonach sie sonst inzwischen lange suchen müssen: Hervorragenden Lesestoff als gedruckte Zeitung. Ob dieses Beispiel ansteckend wirkt auf andere Verlage, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.