Das Kanzleramt schweigt
Einen offenen Brief und über 67.000 Unterschriften hat Juli Zeh mit Schriftstellerkollegen der stellvertretenden Regierungssprecherin Sabine Heimbach übergeben. Sie fordern einen angemessenen Umgang mit der NSA-Affäre, blieben vom Kanzleramt selbst bislang aber ungehört.
Nach stundenlangem Regen steht auf den Steinplatten vor dem Kanzleramt das Wasser. Die Schriftstellerin Juli Zeh breitet Planen aus für 30 Umzugskisten, in denen Listen mit 67.407 Unterschriften liegen – und der Offene Brief liegt auch noch mal dabei: zum Nachlesen. Deutschland sei zum "Überwachungsstaat", der "gläserne Mensch" "endgültig Wirklichkeit" geworden, heißt es darin. Es läge ein "historischer Angriff auf unseren demokratischen Rechtsstaat, nämlich die Umkehrung des Prinzips der Unschuldsvermutung hin zu einem millionenfachen Generalverdacht" vor.
Auf die konkreten Fragen des Briefes, etwa, ob es "politisch gewollt" sei, "dass die NSA deutsche Bundesbürger in einer Weise" überwache, die "den deutschen Behörden durch Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht verboten" seien, ob "die deutschen Dienste von den Informationen der US-Behörden" profitieren würden, und ob "darin der Grund für (die) zögerliche Reaktion" der Kanzlerin liege? – auf diese Fragen hat Juli Zeh bisher keine Antworten erhalten.
"Nein, es hat nicht wirklich eine Reaktion gegeben. Also ich habe eben angefragt, ob wir die Unterschriften übergeben dürfen, aber mir wäre es eigentlich lieber gegangen um ein Gespräch und sei es noch so kurz. Muss auch nicht mit Frau Merkel sein, ich versteh natürlich, dass die heute keine Zeit hat. Aber wenigstens vielleicht Herr Pofalla oder so. Und wir hätten einfach gerne auch noch mal inhaltlich gesagt, was wir eigentlich wollen, damit es nicht immer nur so in der Protestgeste verharrt. Aber es wurde eben ausdrücklich gesagt: ‚Reden ist nicht …, übergeben könnt ihr machen, da haben wir so ein Procedere …‘, hieß es noch mal ausdrücklich, ja egal ob jetzt Milchpfennig oder irgendwas anderes, also da kommen Sie mal mit den Unterschriften zum Bundespresseamt. Das machen wir natürlich trotzdem, klar, wir wollen die Unterschriften ja auch übergeben."
Auf die konkreten Fragen des Briefes, etwa, ob es "politisch gewollt" sei, "dass die NSA deutsche Bundesbürger in einer Weise" überwache, die "den deutschen Behörden durch Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht verboten" seien, ob "die deutschen Dienste von den Informationen der US-Behörden" profitieren würden, und ob "darin der Grund für (die) zögerliche Reaktion" der Kanzlerin liege? – auf diese Fragen hat Juli Zeh bisher keine Antworten erhalten.
"Nein, es hat nicht wirklich eine Reaktion gegeben. Also ich habe eben angefragt, ob wir die Unterschriften übergeben dürfen, aber mir wäre es eigentlich lieber gegangen um ein Gespräch und sei es noch so kurz. Muss auch nicht mit Frau Merkel sein, ich versteh natürlich, dass die heute keine Zeit hat. Aber wenigstens vielleicht Herr Pofalla oder so. Und wir hätten einfach gerne auch noch mal inhaltlich gesagt, was wir eigentlich wollen, damit es nicht immer nur so in der Protestgeste verharrt. Aber es wurde eben ausdrücklich gesagt: ‚Reden ist nicht …, übergeben könnt ihr machen, da haben wir so ein Procedere …‘, hieß es noch mal ausdrücklich, ja egal ob jetzt Milchpfennig oder irgendwas anderes, also da kommen Sie mal mit den Unterschriften zum Bundespresseamt. Das machen wir natürlich trotzdem, klar, wir wollen die Unterschriften ja auch übergeben."
Juli Zeh freut sich über Politisierung
"Reden ist nicht" – vor dem Kanzleramt bleibt alles ruhig. Gut zwei Dutzend Schriftsteller finden sich ein, Julia Franck, Ilija Trojanow, Ingo Schulze, Eva Menasse, auch Michael Kumpfmüller, der das Verhalten der Bundesregierung in der NSA-Affäre einen klaren "Rechtsbruch" nennt.
"Ob das formal ein Rechtsbruch ist, ich bin kein Jurist, weiß ich nicht, aber politisch werte ich das so. Es ist ja offensichtlich, mit den Enthüllungen von Snowden etc. klar geworden, dass da etwas geschieht, was unseren deutschen Gesetzen widerspricht und das kann man nicht mit irgendwelchen Knotenfragen und wo die sind irgendwie abtun … Also ich erlebe das ganz klar als einen Eingriff in meine, wie nennt man das so schön, informationelle Selbstbestimmung."
Überaus erfreulich sei es, dass rund 60 Autorinnen und Autoren den Offenen Brief unterschrieben haben.
"Ich glaube nicht, dass es, was jetzt hier geschieht, bedeutet, dass wir eine Rückkehr zum Modell Grass haben. Dass der einzelne große Schriftsteller der Gesellschaft erklärt, was sie in ihrem eigenen Interesse besser denken soll. Das hat ja auch was Autoritäres, ja, wir leben in einer post-postmodernen Gesellschaft. Wir wissen, alles ist vernetzt, überall wird gesprochen, was ja das einzelne Wort entwertet – das ist die eine Seite. Aber ich finde es sehr gut, dass durch diese Aktion so was wie eine Politisierung sehr wohl stattfindet. Denn wir kennen untereinander jetzt die Leute, die ansprechbar sind, die reagieren können."
Die Gesetze freilich müssten andere machen, ein "Runder Tisch" zur Überwachungsproblematik könnte hilfreich sein, so Juli Zeh.
Am Ende wurden die Kisten dann im Foyer des Bundespresseamtes der stellvertretenden Regierungssprecherin Sabine Heimbach übergeben, Pressevertreter waren dabei nicht zugelassen. Kurz und reserviert sei das Treffen gewesen, berichtete Juli Zeh. Man habe ihr gesagt, der Vorgang werde jetzt bearbeitet, hieß es, Experten würden den Brief analysieren. Was wohl mit den Unterschriftenlisten passieren wird?
"Na, ich vermute mal, dass sie die wegwerfen, also ich kann mir nicht vorstellen, dass sie archiviert werden … Also, sie werden, denke ich mal, die Listen, wo wirklich nur die Namen der Unterzeichner draufstehen, behalten. Weil das vielleicht ja auch später nochmal interessant sein könnte. Vielleicht will ja die NSA die Listen noch haben, wer, wie?"
"Ob das formal ein Rechtsbruch ist, ich bin kein Jurist, weiß ich nicht, aber politisch werte ich das so. Es ist ja offensichtlich, mit den Enthüllungen von Snowden etc. klar geworden, dass da etwas geschieht, was unseren deutschen Gesetzen widerspricht und das kann man nicht mit irgendwelchen Knotenfragen und wo die sind irgendwie abtun … Also ich erlebe das ganz klar als einen Eingriff in meine, wie nennt man das so schön, informationelle Selbstbestimmung."
Überaus erfreulich sei es, dass rund 60 Autorinnen und Autoren den Offenen Brief unterschrieben haben.
"Ich glaube nicht, dass es, was jetzt hier geschieht, bedeutet, dass wir eine Rückkehr zum Modell Grass haben. Dass der einzelne große Schriftsteller der Gesellschaft erklärt, was sie in ihrem eigenen Interesse besser denken soll. Das hat ja auch was Autoritäres, ja, wir leben in einer post-postmodernen Gesellschaft. Wir wissen, alles ist vernetzt, überall wird gesprochen, was ja das einzelne Wort entwertet – das ist die eine Seite. Aber ich finde es sehr gut, dass durch diese Aktion so was wie eine Politisierung sehr wohl stattfindet. Denn wir kennen untereinander jetzt die Leute, die ansprechbar sind, die reagieren können."
Die Gesetze freilich müssten andere machen, ein "Runder Tisch" zur Überwachungsproblematik könnte hilfreich sein, so Juli Zeh.
Am Ende wurden die Kisten dann im Foyer des Bundespresseamtes der stellvertretenden Regierungssprecherin Sabine Heimbach übergeben, Pressevertreter waren dabei nicht zugelassen. Kurz und reserviert sei das Treffen gewesen, berichtete Juli Zeh. Man habe ihr gesagt, der Vorgang werde jetzt bearbeitet, hieß es, Experten würden den Brief analysieren. Was wohl mit den Unterschriftenlisten passieren wird?
"Na, ich vermute mal, dass sie die wegwerfen, also ich kann mir nicht vorstellen, dass sie archiviert werden … Also, sie werden, denke ich mal, die Listen, wo wirklich nur die Namen der Unterzeichner draufstehen, behalten. Weil das vielleicht ja auch später nochmal interessant sein könnte. Vielleicht will ja die NSA die Listen noch haben, wer, wie?"