Das Klonschaf und die Folgen
Das berühmteste Klonschaf der Welt, gentechnisch veränderter Reis, Stammzellenforschung: In "Dolly ist tot" widmet sich Christoph Then den kritischen Punkten der Biotechnologie, ihrem historischen Werdegang und möglichen Folgen für Mensch und Umwelt. Das Buch zeigt eine Reihe an Alternativen auf und bietet damit interessante und aktuelle Diskussionsansätze.
Dolly, das berühmteste Schaf der Welt, starb am 14. Februar 2003. Das erste aus einer Euterzelle geklonte Tier wurde sechs Jahre alt. Zu jung für ein Schaf, und deshalb tauchte mit dem Tod von Dolly auch gleich die Frage auf: Ist die Biotechnologie damit am Ende? Dieser Frage widmet sich nun ausführlich Christoph Then in seinem Buch "Dolly ist tot".
Gentechnisch veränderter Reis, Klontiere, Stammzellforschung. Auf knapp dreihundert Seiten geht es um die kritischen Punkte der Biotechnologie, ihrem historischen Werdegang und die möglichen Folgen für Mensch und Umwelt.
Christoph Then ist Begründer der Initiative "Kein Patent auf Leben" und Mitarbeiter des "Gen-ethischen Netzwerkes". Er arbeitet unter anderem für Greenpeace und setzt sich für eine unabhängige Risikoforschung ein. Sein Buch "Dolly ist tot" ist ein Appell gegen Technikgläubigkeit, Manipulation und die wirtschaftliche Ausbeutung von Lebewesen.
Das wissenschaftliche Modell, auf dem die Biotechnologie basiert, ist längst überholt, argumentiert Then. Seit der Entschlüsselung des Genoms wissen Forscher: Leben ist viel mehr als nur das Produkt einer Vielzahl von Genen. Ein Gen hat zahlreiche Ausprägungen und funktioniert innerhalb eines hochkomplexen Netzwerkes, das die Wissenschaft bislang noch nicht vollkommen verstanden hat. Vor diesem Hintergrund sind Eingriffe in die Erbsubstanz von Lebewesen nicht vertretbar, schreibt der Autor. Denn die Folgen sind nicht absehbar. Gentechnisch verändertes Saatgut dürfte deshalb gar nicht erst ausgesät werden.
Um seine Forderungen zu untermauern, klärt er über die wirtschaftlichen Interessen auf, beleuchtet politische und historische Gründe, die zu der heutigen Entwicklung geführt haben, und dokumentiert verschiedene, fehlgeschlagene Versuche. So wird genetisch veränderter Soja zum Beispiel bei bestimmten Wetterverhältnissen sehr holzig und reduziert damit den Ernteertrag. Insektenresistenter Mais, sogenannter Bt-Mais, weist je nach Ackerland sehr hohe Giftwerte auf, und gentechnisch veränderte Erbsen haben bei Mäusen zu heftigen Immunreaktionen geführt.
Alles Hinweise dafür, dass Eingriffe des Menschen in die Natur nicht so kontrollierbar, ungefährlich und erfolgreich sind, wie gerne behauptet. Alle medizinischen Versuche, mittels Gentransfer etwa Krankheiten zu heilen, sind bislang gescheitert.
Trotz seiner klar ablehnenden Haltung gegenüber den Methoden der Biotechnologie ist Christoph Then nicht dogmatisch, sondern er schafft es, eine Brücke zwischen philosophisch ethischen Fragen und den neuesten Forschungsergebnissen zu bauen. Er lehnt die Ergebnisse der Genetik nicht per se ab, sondern fordert dazu auf, genau hinzusehen, die Risiken adäquat einschätzen und aktuelle Forschungsergebnisse mit in diese Nutzen-Risiko-Kalkulation einzubeziehen.
Die große Qualität des Buches ist, dass es eine Reihe Alternativen und sehr interessante und aktuelle Diskussionsansätze bietet. Pflanzen mit modernen Mitteln nach den gewünschten Anlagen zu durchsuchen und daraufhin entsprechend zu kreuzen, wäre zum Beispiel eine moderne und gute Alternative zum direkten Eingriff in das Erbmaterial mittels Biotechnologie. Das heißt, nicht künstlich Neues zu schaffen, sondern Bestehendes optimal zu nutzen.
War das 20. Jahrhundert das Zeitalter der Genomik, so sind wir heute im 21. Jahrhundert in der Ära der Postgenomik angekommen, schreibt Then. Ein wissenschaftlicher Quantensprung, den der Autor auch für alle Nicht-Biologen verständlich und nachvollziehbar erklärt: Ein Lebewesen, so Then, ist eben mehr als die Summe seiner Gene.
Darwin, Loeb, Haeckel, Dawkins - zahlreiche Zitate verschiedener Forscher, sowohl Gegner als auch Befürworter der Biotechnologie, unterstreichen, wie kontrovers das Thema in den vergangenen hundert Jahren diskutiert wurde. Sie alle kommen in Christoph Thens gelungenem Überblick über die Geschichte der Biotechnologie zu Wort, auch wenn er deutlich macht, wo die Reise hingeht, wenn Forschung und wirtschaftliche Interessen nicht getrennt werden.
Denn im internationalen Wettbewerb scheint heute die Frage, wer als erstes ein Patent auf Leben anmeldet, wichtiger als die Frage nach den möglichen Auswirkungen. Dabei wird gerne übersehen, kritisiert Then, dass die Modelle, auf denen die biotechnologischen Verfahren basieren, veraltet sind.
Wer die Komplexität des Lebens verstehen will, benötigt ein neues Bild der Biologie und muss verstehen, dass jede neue Erkenntnis das Wissen erweitert, so Thens Fazit. Auch 200 Jahre nach Darwin erhält die Genetik immer wieder neue Impulse über die Frage, wie das System Leben funktioniert.
Rezensiert von Susanne Nessler
Christoph Then: Dolly ist tot. Biotechnologie am Wendepunkt
Rotpunkt Verlag, Zürich 2008,
228 Seiten, 22,00 Euro
Gentechnisch veränderter Reis, Klontiere, Stammzellforschung. Auf knapp dreihundert Seiten geht es um die kritischen Punkte der Biotechnologie, ihrem historischen Werdegang und die möglichen Folgen für Mensch und Umwelt.
Christoph Then ist Begründer der Initiative "Kein Patent auf Leben" und Mitarbeiter des "Gen-ethischen Netzwerkes". Er arbeitet unter anderem für Greenpeace und setzt sich für eine unabhängige Risikoforschung ein. Sein Buch "Dolly ist tot" ist ein Appell gegen Technikgläubigkeit, Manipulation und die wirtschaftliche Ausbeutung von Lebewesen.
Das wissenschaftliche Modell, auf dem die Biotechnologie basiert, ist längst überholt, argumentiert Then. Seit der Entschlüsselung des Genoms wissen Forscher: Leben ist viel mehr als nur das Produkt einer Vielzahl von Genen. Ein Gen hat zahlreiche Ausprägungen und funktioniert innerhalb eines hochkomplexen Netzwerkes, das die Wissenschaft bislang noch nicht vollkommen verstanden hat. Vor diesem Hintergrund sind Eingriffe in die Erbsubstanz von Lebewesen nicht vertretbar, schreibt der Autor. Denn die Folgen sind nicht absehbar. Gentechnisch verändertes Saatgut dürfte deshalb gar nicht erst ausgesät werden.
Um seine Forderungen zu untermauern, klärt er über die wirtschaftlichen Interessen auf, beleuchtet politische und historische Gründe, die zu der heutigen Entwicklung geführt haben, und dokumentiert verschiedene, fehlgeschlagene Versuche. So wird genetisch veränderter Soja zum Beispiel bei bestimmten Wetterverhältnissen sehr holzig und reduziert damit den Ernteertrag. Insektenresistenter Mais, sogenannter Bt-Mais, weist je nach Ackerland sehr hohe Giftwerte auf, und gentechnisch veränderte Erbsen haben bei Mäusen zu heftigen Immunreaktionen geführt.
Alles Hinweise dafür, dass Eingriffe des Menschen in die Natur nicht so kontrollierbar, ungefährlich und erfolgreich sind, wie gerne behauptet. Alle medizinischen Versuche, mittels Gentransfer etwa Krankheiten zu heilen, sind bislang gescheitert.
Trotz seiner klar ablehnenden Haltung gegenüber den Methoden der Biotechnologie ist Christoph Then nicht dogmatisch, sondern er schafft es, eine Brücke zwischen philosophisch ethischen Fragen und den neuesten Forschungsergebnissen zu bauen. Er lehnt die Ergebnisse der Genetik nicht per se ab, sondern fordert dazu auf, genau hinzusehen, die Risiken adäquat einschätzen und aktuelle Forschungsergebnisse mit in diese Nutzen-Risiko-Kalkulation einzubeziehen.
Die große Qualität des Buches ist, dass es eine Reihe Alternativen und sehr interessante und aktuelle Diskussionsansätze bietet. Pflanzen mit modernen Mitteln nach den gewünschten Anlagen zu durchsuchen und daraufhin entsprechend zu kreuzen, wäre zum Beispiel eine moderne und gute Alternative zum direkten Eingriff in das Erbmaterial mittels Biotechnologie. Das heißt, nicht künstlich Neues zu schaffen, sondern Bestehendes optimal zu nutzen.
War das 20. Jahrhundert das Zeitalter der Genomik, so sind wir heute im 21. Jahrhundert in der Ära der Postgenomik angekommen, schreibt Then. Ein wissenschaftlicher Quantensprung, den der Autor auch für alle Nicht-Biologen verständlich und nachvollziehbar erklärt: Ein Lebewesen, so Then, ist eben mehr als die Summe seiner Gene.
Darwin, Loeb, Haeckel, Dawkins - zahlreiche Zitate verschiedener Forscher, sowohl Gegner als auch Befürworter der Biotechnologie, unterstreichen, wie kontrovers das Thema in den vergangenen hundert Jahren diskutiert wurde. Sie alle kommen in Christoph Thens gelungenem Überblick über die Geschichte der Biotechnologie zu Wort, auch wenn er deutlich macht, wo die Reise hingeht, wenn Forschung und wirtschaftliche Interessen nicht getrennt werden.
Denn im internationalen Wettbewerb scheint heute die Frage, wer als erstes ein Patent auf Leben anmeldet, wichtiger als die Frage nach den möglichen Auswirkungen. Dabei wird gerne übersehen, kritisiert Then, dass die Modelle, auf denen die biotechnologischen Verfahren basieren, veraltet sind.
Wer die Komplexität des Lebens verstehen will, benötigt ein neues Bild der Biologie und muss verstehen, dass jede neue Erkenntnis das Wissen erweitert, so Thens Fazit. Auch 200 Jahre nach Darwin erhält die Genetik immer wieder neue Impulse über die Frage, wie das System Leben funktioniert.
Rezensiert von Susanne Nessler
Christoph Then: Dolly ist tot. Biotechnologie am Wendepunkt
Rotpunkt Verlag, Zürich 2008,
228 Seiten, 22,00 Euro