Aus der neuen Welt, für eine neue Zeit
Wenige Orchesterwerke des 20. Jahrhunderts wurden in Ihrer Bedeutung so schnell erkannt und durchgesetzt wie das "Konzert für Orchester" von Béla Bartók. Seit seiner Uraufführung, 1944 in Boston, ist Bartóks spätes Meisterstück im Repertoire etabliert – und die Mikrofone der Plattenstudios liefen von Anfang an mit.
Béla Bartóks "Konzert für Orchester" ist gewissermaßen ein traditionsloses Werk: Die Gattung eines sinfonischen Konzertes für das gesamte Orchesterkollektiv findet sich vor 1944 nominell nur in einem – allerdings ganz anders gearteten – Werk von Paul Hindemith. Mit seinem fünfsätzigen, streng symmetrischen Zwitter aus Konzert und Sinfonie beschritt Bartók ein Jahr vor seinem Tod neue Wege. Eine neue Musik, aus der neuen Welt für eine neue Zeit: Schon vier Wochen nach der Uraufführung entstand die erste Aufnahme des "Konzertes für Orchester", Dutzende weitere sollten folgten.
1943, zwei Jahre vor seinem Tod, ging es Bartók so schlecht wie noch nie. Der ungarische Komponist hatte dem totalitären Europa den Rücken gekehrt und war in die USA emigriert – wo er gesundheitlich und finanziell in große Schwierigkeiten geriet. Der 1000-Dollar-Scheck des Dirigenten Sergej Kussewitzky kam da gerade recht – verbunden mit dem Auftrag einer Komposition für das Boston Symphony Orchestra.
1943, zwei Jahre vor seinem Tod, ging es Bartók so schlecht wie noch nie. Der ungarische Komponist hatte dem totalitären Europa den Rücken gekehrt und war in die USA emigriert – wo er gesundheitlich und finanziell in große Schwierigkeiten geriet. Der 1000-Dollar-Scheck des Dirigenten Sergej Kussewitzky kam da gerade recht – verbunden mit dem Auftrag einer Komposition für das Boston Symphony Orchestra.
Sanftmut und Sarkasmus
Kussewitzky, so wird gelegentlich behauptet, sei nur wegen seines Gespürs für neue Musik bedeutend gewesen. Dem Einsatz des russischen Musikers verdanken wir beispielweise auch die "Psalmensinfonie" von Igor Strawinsky oder die "Turangalîla-Sinfonie" von Olivier Messiaen. Dirigieren, so heißt es manchmal, sei nicht seine Stärke gewesen. Der Mitschnitt eines von Kussewitzky kurz nach der Uraufführung geleiteten Konzerts spricht eine andere Sprache: Noch heute ist diese Interpretation erstaunlich, gelang es doch nur wenigen Dirigenten, im sanft erscheinenden Tonfall des späten Bartók auch den darin vorhandenen Sarkasmus sowie die biografisch-zeitgeschichtlichen Zwischentöne ahnen zu lassen.
Zu den heutigen Meister-Interpreten von Bartóks Orchestermusik gehört unser Studiogast, der 1951 geborene ungarische Dirigent Iván Fischer. Mit dem von ihm 1983 begründeten Budapest Festival Orchestra hat er eine fulminante Einspielung von Bartóks spätem Hauptwerk vorgelegt.