Das Kunstjahr 2021
Eine bemerkenswerte Ausstellung im Jahr 2021: "A Black Hole Is Everything A Star Longs To Be" der US-Künstlerin Kara Walker in Basel. © picture alliance / Keystone | Georgios Kefalas
Ein moderner Klassiker und die Frage nach der Herkunft
12:00 Minuten
Es gab sie auch im Jahr 2021: die bewegenden Ausstellungen und heftig ausgetragenen Diskussionen. Was war wichtig in den vergangenen zwölf Monaten: "Monopol"-Chefredakteurin Elke Buhr und Kunstkritiker Carsten Probst blicken zurück.
Auch das Kunstjahr 2021 war von der Coronapandemie geprägt. Doch es gab auch die Ausstellungen, die überraschten, und die Debatten, die noch immer anhalten. Für Elke Buhr, die Chefredakteurin des Magazins „Monopol“, war die Ausstellung von Kara Walker im Kunstmuseum Basel der Kunstmoment des Jahres.
Extra aus Spanien angereist
Die schwarze US-Künstlerin Walker beschäftigt sich mit den düsteren Seiten der US-Geschichte, wie Sklaverei und Rassismus. In der Schau in Basel wurden nun in einem großen Rahmen Zeichnungen von ihr gezeigt. Buhr ist von diesen begeistert: „Das war wie Goya. Ich fand die wirklich toll“, lobt die Journalistin die Ausstellung.
Apropos Goya und apropos Basel. Der spanische Künstler wurde in diesem Jahr auch in der Schweizer Stadt ausgestellt. In der Fondation Beyeler wurde eine Goya-Werkschau präsentiert, die Kunstkritiker Carsten Probst entzückte. Doch nicht nur ihn, sondern auch spanische Kolleginnen und Kollegen, die extra in die Eidgenossenschaft reisten, um viele Bilder von Goya zu sehen, die in Privatbesitz und so sonst unzugänglich für die Öffentlichkeit sind.
Probst schwärmt, Goya sei eine Offenbarung: „Wie modern dieser Künstler ist und wie viel er vorweggenommen hat, was wir heute als zeitgenössisch begreifen.“ Das habe sich in der Basler Ausstellung erneut gezeigt.
In der Schweiz wie auch anderswo auf der Welt – da ist auch Deutschland keine Ausnahme – wurde über die Herkunft von Kunstwerken diskutiert. Etwa über die Bührle-Ausstellung im Kunsthaus Zürich. Deren Namensgeber, der Schweizer Großindustrielle Emil Georg Bührle, kooperierte mit den Nazis und profitiere von Zwangsarbeit.
Unter Geld begraben
Wie die Bührle-Ausstellung schließlich präsentiert wurde, fand Buhr „deprimierend“. Alles sei „unter Geld begraben“ worden, sagt sie in Anspielung auf den für die Schau errichten 200 Millionen Franken teuren Neubau von Architekt David Chipperfield. Probst ergänzt dazu seine Beobachtung aus der Schweiz, wo der Umgang mit der Frage von Provenienzen wenig heftig in der Öffentlichkeit diskutiert.
Doch aus dem Kunstjahr 2021 bleibt der Eindruck, dass das Geschichtsbewusstsein gewachsen ist. Grund dafür sei der Anspruch, dass der Kontext, in dem Kunst gezeigt wird, mit deren Inhalt in Einklang gebracht werden soll, erläutert Buhr. Und weil der Inhalt oftmals auch moralische Fragen aufwirft, reagierten die Museen. Etwa das Metropolitan in New York, das den Namen Sackler aus den Ausstellungen getilgt, weil die Unternehmerfamilie mit dem Verkauf von süchtig machenden Opioiden viel Geld verdient hatte.
Diskussionen bleiben erhalten
In Deutschland sorgt unter anderem der Fall der Kunstsammlungen Dresden für Aufsehen. Dort wurden die Titel von Objekten geändert, weil diese diskriminierende Begriffe enthielten.
Die anschließende Debatte findet Buhr „völlig absurd“. Besonders bei historischen Werken seien die Veränderung des Titels gängig; eine zeitgenössische Titel-Werk-Bindung sei früher nicht üblich gewesen.
Für Buhr seien die Angriffe auf Museen – im Fall Dresden vorgelegt durch die AfD und betrieben von den Medien – eine „beängstigende Entwicklung“. Die Einrichtungen würden so an ihrer Arbeit gehindert und sogar gemobbt. Probst verweist auf den Fall des Brücke-Museums in Berlin, wo wegen des kolonialistischen Hintergrunds Bildtitel geändert werden sollen. „Die Diskussion müssen wir aushalten“, unterstreicht der Kritiker. „Die müssen weitergeführt werden und bleiben uns auch im nächsten Jahr sicher nicht erspart.“
(rzr)