Das Leben entschlüsselt
Der Genforscher und Biotechnologie-Unternehmer Craig Venter aus Kalifornien ist durch die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts bekannt geworden. Nun liegt seine über 500 Seiten starke Autobiografie in deutscher Übersetzung vor.
Craig Venter wurde als Kind einfacher Leute 1947 in Kalifornien geboren. Als Sanitäter der US-Armee ging er nach Vietnam. Dort lernte er die Verletzlichkeit des Menschen kennen. Im Krieg wurde aus dem jugendlichen Draufgänger und leidenschaftlichen Surfer ein ernsthafter junger Mann, der etwas erreichen wollte in seinem Leben.
Zielstrebig meisterte der junge Venter sein Studium und lernte die Welt der Wissenschaft kennen und lieben. Schneller als die meisten anderen absolvierte er die Ochsentour durch den wissenschaftlichen Apparat und leitete bald seine eigene Forschergruppe. Als Abteilungsleiter der staatlichen Gesundheitsinstitute NIH lernte er den "Himmel der Wissenschaft" und die "Hölle der Bürokratie" kennen. Dem freiheitsliebenden und respektlosen Einzelkämpfer Craig Venter war das nicht genug. Er wurde Biotechnologie-Unternehmer und machte durch die Entschlüsselung des menschlichen Genoms Geschichte.
Da sein persönliches Erbgut heute vollständig bekannt ist, macht Craig Venter den Versuch, in seiner Autobiografie sowohl in seinem Lebensweg, als auch in seinem Erbgut nach Gründen für sein Wesen und seine Fähigkeiten zu suchen. Anschaulich und ohne Übertreibungen erklärt er in kleinen Einschüben den Stand der genetischen Forschung und wendet sie sogleich auf sich selbst und sein eigenes Erbgut an. Immer selbstbewusst, manchmal selbstgerecht, aber nie selbstzufrieden. Bald wird klar: Viel stärker als seine Gene haben seine Erfahrung ihn zu dem gemacht, der er ist. Der ständige Wettstreit gehörte und gehört zu seinem Leben und ist das Geheimrezept seines Erfolges als Wissenschaftler und als Unternehmer.
Das Buch ist konsequent egozentrisch geschrieben. Das gilt insbesondere für seinen Wettstreit mit der internationalen Organisation der staatlich geförderten Genomforscher. Durch konsequente Automatisierung war es ihm gelungen, einen Rückstand von fast zehn Jahren in wenigen Monaten aufzuholen. Craig Venter stellt seine Sicht der Dinge dar. Wenn überhaupt äußert er sich abfällig über Argumente und Vorgehensweise seiner Konkurrenten. Vieles scheint bis heute nicht aufgearbeitet. Das Gezerre um Methoden, Qualität von Daten, Forschungsgelder und persönliche Eitelkeiten im Zusammenhang mit der Entzifferung des menschlichen Erbguts erscheinen nach der Lektüre konfuser denn je. Der Autor Craig Venter steht zu sehr mitten im Geschehen, um dem Leser einen Überblick liefern zu können. Für Venter selbst, aber auch für die Leser seines Buches, sind die ständigen Sticheleien zwischen intelligenten Wissenschaftlern kaum zu ertragen.
Lesenswert ist das Buch, wenn Craig Venter seine persönlichen Empfindungen in wichtigen Momenten seiner Karriere beschreibt: Begegnungen mit Schwerverletzten im Vietnamkrieg, mit Präsident Clinton bei der Feierstunde im Weißen Haus, vor der Presse in Washington oder bei seiner Entlassung als Geschäftsführer der Firma Celera. Immer wieder musste Venter Rückschläge hinnehmen, aber immer wieder stand er auf und setzte sich noch größere Ziele. Jetzt will er den Ozean genetisch kartieren, den Klimawandel mit Bakterien bekämpfen und als erster künstliches Leben schaffen. Unmöglich für einen gewöhnlichen Menschen, aber nicht für einen Craig Venter. So viel Selbstbewusstsein muss ertragen, wer das Buch bis zum Ende lesen möchte.
Besprochen von Michael Lange
J. Craig Venter: Entschlüsselt - Mein Genom, mein Leben
Aus dem Amerikanischen von Sebastian Vogel
Fischer-Verlag, Frankfurt am Main 2009
569 Seiten, 24,95 Euro
Zielstrebig meisterte der junge Venter sein Studium und lernte die Welt der Wissenschaft kennen und lieben. Schneller als die meisten anderen absolvierte er die Ochsentour durch den wissenschaftlichen Apparat und leitete bald seine eigene Forschergruppe. Als Abteilungsleiter der staatlichen Gesundheitsinstitute NIH lernte er den "Himmel der Wissenschaft" und die "Hölle der Bürokratie" kennen. Dem freiheitsliebenden und respektlosen Einzelkämpfer Craig Venter war das nicht genug. Er wurde Biotechnologie-Unternehmer und machte durch die Entschlüsselung des menschlichen Genoms Geschichte.
Da sein persönliches Erbgut heute vollständig bekannt ist, macht Craig Venter den Versuch, in seiner Autobiografie sowohl in seinem Lebensweg, als auch in seinem Erbgut nach Gründen für sein Wesen und seine Fähigkeiten zu suchen. Anschaulich und ohne Übertreibungen erklärt er in kleinen Einschüben den Stand der genetischen Forschung und wendet sie sogleich auf sich selbst und sein eigenes Erbgut an. Immer selbstbewusst, manchmal selbstgerecht, aber nie selbstzufrieden. Bald wird klar: Viel stärker als seine Gene haben seine Erfahrung ihn zu dem gemacht, der er ist. Der ständige Wettstreit gehörte und gehört zu seinem Leben und ist das Geheimrezept seines Erfolges als Wissenschaftler und als Unternehmer.
Das Buch ist konsequent egozentrisch geschrieben. Das gilt insbesondere für seinen Wettstreit mit der internationalen Organisation der staatlich geförderten Genomforscher. Durch konsequente Automatisierung war es ihm gelungen, einen Rückstand von fast zehn Jahren in wenigen Monaten aufzuholen. Craig Venter stellt seine Sicht der Dinge dar. Wenn überhaupt äußert er sich abfällig über Argumente und Vorgehensweise seiner Konkurrenten. Vieles scheint bis heute nicht aufgearbeitet. Das Gezerre um Methoden, Qualität von Daten, Forschungsgelder und persönliche Eitelkeiten im Zusammenhang mit der Entzifferung des menschlichen Erbguts erscheinen nach der Lektüre konfuser denn je. Der Autor Craig Venter steht zu sehr mitten im Geschehen, um dem Leser einen Überblick liefern zu können. Für Venter selbst, aber auch für die Leser seines Buches, sind die ständigen Sticheleien zwischen intelligenten Wissenschaftlern kaum zu ertragen.
Lesenswert ist das Buch, wenn Craig Venter seine persönlichen Empfindungen in wichtigen Momenten seiner Karriere beschreibt: Begegnungen mit Schwerverletzten im Vietnamkrieg, mit Präsident Clinton bei der Feierstunde im Weißen Haus, vor der Presse in Washington oder bei seiner Entlassung als Geschäftsführer der Firma Celera. Immer wieder musste Venter Rückschläge hinnehmen, aber immer wieder stand er auf und setzte sich noch größere Ziele. Jetzt will er den Ozean genetisch kartieren, den Klimawandel mit Bakterien bekämpfen und als erster künstliches Leben schaffen. Unmöglich für einen gewöhnlichen Menschen, aber nicht für einen Craig Venter. So viel Selbstbewusstsein muss ertragen, wer das Buch bis zum Ende lesen möchte.
Besprochen von Michael Lange
J. Craig Venter: Entschlüsselt - Mein Genom, mein Leben
Aus dem Amerikanischen von Sebastian Vogel
Fischer-Verlag, Frankfurt am Main 2009
569 Seiten, 24,95 Euro