Nicht alle Geheimnisse Vermeers lassen sich lüften
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Die wissenschaftliche Untersuchung des berühmten Gemäldes "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" von Jan Vermeer bringt neue Erkenntnisse über dessen Malkunst zum Vorschein - doch über die Frau auf dem Bild weiß man noch immer nichts.
Mit Hilfe eines Röntgen-Scanners hat das niederländische Mauritshuis-Museum bei dem berühmten Gemälde "Das Mädchen mit dem Perlenohrring" überraschende neue Erkenntnisse gewonnen. Die bisher größte wissenschaftliche Untersuchung des Bildes von Jan Vermeer (1632-1675) erbrachte in Den Haag tiefere Einblicke in die Arbeitsweise des Malers. "Man ist ihm auf die Schliche gekommen", sagt unser Kunstkritiker Carsten Probst. "Er zählt zu den geheimnisvollsten Malern seiner Zeit."
Auf der Spur des Meisters
Nur 37 Vermeer-Gemälde seien überhaupt erhalten. Nun habe man dem Meister und seiner Maltechnik ein wenig näherkommen wollen. "Zum Beispiel hat man sich oft gefragt, wie Vermeer es eigentlich geschafft hat, diesem Mädchen mit dem Perlenohrgehänge diese geheimnisvolle Ausstrahlung zu verleihen."
Sie wirke auf dem Bild zugleich überrascht, beobachtend und doch im Blick verträumt, sagt Probst über das von 1665 bis 1667 gemalte Werk.
Bisher habe es so ausgesehen, als habe das Mädchen auf dem Bild keine Wimpern. "Röntgen-Untersuchungen haben jetzt ergeben, dass er doch mit ganz extrem zarten Strichen Wimpern gemalt hat."
Das Rätselraten um das Mädchen geht weiter
Das könnte laut Probst bedeuten, dass das Bild das natürliche Porträt einer jungen Frau ist - und nicht eine von Vermeer erdachte Kunstfigur.
Seit dem 19. Jahrhundert werde darüber spekuliert, wer sie gewesen sein könnte, so Probst. Das liege auch daran, dass man über Vermeers Leben sehr wenig wisse und deshalb auch wenig über seine Modelle. "Ein großes Rätselraten", so der Kunstkritiker.
Entdeckt wurde nun auch, dass der Hintergrund des Bildes nicht etwa tiefschwarz ist, wie lange gedacht. "Es gibt einen tiefgrünen Vorhang, es ist also eher eine Szene als ein abstrakter Hintergrund", sagt Probst.
Der Vorhang sei über die Jahrhunderte durch chemische Prozesse verschwunden. Dank der fortgeschrittenen Technik komme man heute den Malvorgängen nach und nach näher.
Bei diesem prominenten Bild sei das regelrecht öffentlich inszeniert worden. Solche forensischen Verfahren seien aber inzwischen üblich, berichtet Probst.
(gem)