Das Mammut kehrt zurück

Von Michael Lange |
Das in Europa und Sibirien heimische Wollhaarmammut ist schon vor Jahrtausenden ausgestorben. Für immer – so glaubte – man. Nun jedoch könnten die Mammuts zurückkehren. Japanische Wissenschaftler wollen sie in nur fünf bis sechs Jahren aus toten Geweberesten wiederauferstehen lassen.
Wer das Mammut mit moderner Klontechnik wieder auferstehen lassen möchte, braucht vor allem gut erhaltenes Mammut-Gewebe. Die beste Sammlung besitzt der russische Zoologe Alexei Tikhonov. Er arbeitet mit einem Team japanischer Klonspezialisten zusammen, das das Mammut in nur fünf Jahren zum Leben erwecken will.
Im Naturhistorischen Museum in Sankt Petersburg erklärt Alexei Tikhonov an einem aufgetauten Baby-Mammut, worauf es ankomm:

"Das hier ist weltweit einzigartig. Ein kompletter Mammutkörper. Dima. Absolut vollständig und unter besten Bedingungen konserviert. Lungen, Herz, Leber, Nieren, alles erhalten. Ein ganz besonderer Fund. Absolut einzigartig."

Der Blick durch das Mikroskop verrät: Die Umrisse der Zellen und teilweise auch die Zellkerne im Innern der Zellen sind zu sehen. In ihnen steckt – gut verpackt und konserviert im Permafrost - die vollständige Erbinformation eines Mammuts.

Wenn es gelingt, sie zu entnehmen und zu aktivieren, könnte ein lebendes, geklontes Mammut daraus hervorgehen, davon sind die japanischen Klonspezialisten überzeugt. Sie wollen einen Zellkern aus gefrorenem Mammut-Gewebe in eine Elefanten-Eizelle einpflanzen, der dann in einer Elefanten-Leihmutter zu einem Mammut heranreift.
Alex Greenwood vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin ist jedoch skeptisch:

"Das ist wie sehr altes tiefgefrorenes Fleisch. Es ist kein Frischfleisch und kein lebendiges Gewebe. Es sieht sehr präserviert aus, aber das ist es nicht. Es ist ein Fossil."

Ob der Klonversuch gelingen kann, hängt von der Qualität der Erbmoleküle im Zellkern des gefrorenen Mammuts ab.

Die japanischen Experten verweisen auf ein Experiment mit einer Maus. 16 Jahre lag sie im Tiefkühlschrank des Instituts. Dann wurde sie aufgetaut, und aus den toten Zellen konnte eine Maus geklont werden.

Alex Greenwood bezweifelt allerdings, dass sich dieser Erfolg einfach so auf 10.000 Jahre altes Mammutgewebe übertragen lässt:

"Das fossile Eis, der Permafrost in Sibirien, hat keine stabile Temperatur. Das ist eine niedrige Temperatur, aber nicht immer minus 18 Grad. Im fossilen Eis kann die Temperatur höher werden, niedriger werden. Das zerstört die DNA, zerstört die Zellen. Das Eis schmilzt, es wird vielleicht vier Grad oder noch wärmer. Die Stabilität gibt es nicht beim Mammut."

Immer wieder Auftauen und Frieren haben die Erbmoleküle wahrscheinlich in Millionen kleine Schnipsel zerlegt. Daraus lässt sich die Erbinformation zwar mit viel Mühe und Computerhilfe rekonstruieren, aber das Erbgut ist nicht mehr funktionsfähig.

Einfaches Klonen reicht deshalb wahrscheinlich nicht aus. Andere moderne Techniken müssen dazu kommen, so der Molekulargenetiker Stephan Schuster von der Pennsylvania State University in den USA:

"Vor drei Jahren hätte ich gesagt: Unmöglich! Aber momentan findet ein revolutionärer Fortschritt in vielen Bereichen der Molekularbiologie statt, und deshalb denke ich heute, zum jetzigen Zeitpunkt, dass es nicht mehr unmöglich ist."

Die Idee dahinter: Das Erbgut muss vollständig analysiert und dann nach den Plänen im Computer chemisch neu zusammengesetzt werden. Die Techniken dazu werden derzeit entwickelt:

"Es geht insgesamt darum, 3,5 Milliarden Basenpaare zusammen zu stückeln. Heute ist man in der Lage – das sind Arbeiten von Craig Venter – 800.000 Basenpaare zu einem Chromosom zusammenzufügen. Und wenn wir jetzt eine Extrapolierung machen, dass wir jetzt knapp eine Million können und wir brauchen 3500 Millionen, dann können sie sehen, wie viel technische Verbesserungen noch notwendig wären, um so etwas irgendwann mal Realität werden zu lassen."

Es wird vermutlich noch Jahrzehnte dauern, bis Wissenschaftler ein lebendes Mammut präsentieren können. Die Rückkehr der ausgestorbenen Eiszeitriesen wäre das immer noch nicht, sondern bestenfalls eine Zoo-Attraktion.