Das Museum der Woche

Von Georg Gruber |
Im rheinischen Düren kann die Papierherstellung auf eine lange Tradition zurückblicken. In der Kreisstadt entstand 1990 auch eines der ersten deutschen Papiermuseen, in dem man viel über die Geschichte dieses Materials lernen kann. Das Papiermuseum ist Teil des Leopold-Hoesch-Museums, in dem Anfang der 80er Jahre die erste Ausstellung zu Papierkunst in Europa ausgerichtet wurde.
Eine Geburtstagsfeier der besonderen Art – die zehnjährige Nina hat sieben Freunde und Freundinnen eingeladen, ins Papiermuseum, in die Werkstatt. Papier schöpfen.

Jutta Reich, Museumspädagogin: "Jetzt möchte ich euch zeigen, wie man aus diesem Papiergrundstoff ein zweifarbiges Papier machen kann."

Man braucht dafür: Einen kleinen Holzrahmen mit feinem Drahtnetz. Nina taucht ihn in einen Bottich mit Papierfasern, hebt den Rahmen heraus, wendet ihn vorsichtig, drückt –

"Okay, roll es zu einer Seite ab."

und legt so das, was sie geschöpft hat, auf einer Filzunterlage ab.

"Wer ist als nächstes dran?"

Kind:"Ich."

"Und aus der Bütte heben … da müssen wir noch warten, bis das Wasser abgelaufen ist."

Die Workshops sind eine der Attraktionen des Papiermuseums Düren - bis zu 200 im Jahr leitet die Museumspädagogin Jutta Reich. Dazu kommen noch mal genauso viele Gruppen mit Schul- und Kitakindern:

Jutta Reich: "Mit Führungen und Unterrichts orientierten Einheiten. Verschiedene Themenbereiche, wie Sozialgeschichte, Heimatkunde, Chemie."

Das Museum als Erlebnisort, wo mehr als nur die handwerkliche Seite vermittelt werden soll, wie die Leiterin Dorothea Eimert erklärt:

"Die große Überschrift war, kein rein technisches, sondern ein kulturhistorisches Museum des Papiers: Wo kommt Papier her, was bedeutet Papier für die Menschheit und was tun wir mit Papier und was wäre die Menschheit ohne Papier? Wenn wir uns das vorstellen, weiß man wie wertvoll Papier ist."

Im Rundgang kann man die Geschichte des Papiers von den Ursprüngen an erkunden, anhand von Modellen und multimedial, mit Lehrfilmen und an einem großen Zeitrad, mit mehr als 800 Informationen:

"1970 Einführung des Begriffs Recycling in der Papierindustrie, was ja heute groß geschrieben ist, oder im inneren Kreis 1968 Studentenunruhen in aller Welt, damit man im Kopf vergleicht, was war denn in Wirtschaft, beim Papier und was war als Ereignis in der Welt da."

Es ist kein Zufall, dass dieses Museum gerade im rheinischen Düren steht: Beginnend im 17. Jahrhundert entwickelte sich die Region zu einem der wichtigsten Standorte für die Produktion und die Weiterverarbeitung von Papier in Deutschland. Hier entstanden auch viele Innovationen, von der Wellpappe bis zum Getränkekarton.

"Und so haben wir wieder ein kleines Papierkunstwerk ..."

Das 1990 eröffnete Papiermuseum gehört zum benachbarten Leopold-Hoesch-Museum, einem eindrucksvollen Jugendstilbau aus dem Jahr 1905 - allein schon die großzügigen Räume, das geschwungenen Treppenhaus sind einen Besuch wert. Und die Sammlung an Gemälden der Klassischen Moderne, die dort zu sehen ist, von Kirchner über Kokoschka und Beckmann bis zu Kandinsky und Schlemmer. Hier in diesen Räumen entstand auch die Idee ein Papiermuseum einzurichten. Dorothea Eimert, die Leiterin beider Häuser:

"Der Antrieb? Etwas zu machen, was die anderen nicht machen. Das ist auf jeden Fall immer der Antrieb, und etwas zu finden, das für unsere Region passt. Und was nutzt ein Museum, das nicht passt und keinen Menschen interessiert, und es hatte noch keiner gemacht, hab ich gedacht, gut mach das."

Am Anfang stand die Kunst: Die Papierbiennale, eine Ausstellungsreihe zur "Paper Art" im Leopold Hoesch Museum, erstmals 1981. Damals die erste in Europa überhaupt:
"Anfangs zeigten wir Kunstwerke, die an die Wand gehängt waren, aber dann genügte uns das nicht mehr, und wir luden Künstler ein, die Räume für uns gestalten, die dann nach Düren kamen und hier vor Ort aus Papier ihre neue Kreationen schufen."

Große Namen waren seitdem zu sehen, unter anderem Arbeiten der Architekten Peter Eisenmann und Daniel Liebeskind, der – aus Wabenwellpappe - ein begehbares Modell des jüdischen Museums Berlin baute

"Man ging dann in dieser Pfeilform, wie das jüdische Museum gebaut ist, durch diese Elemente und kam dann ganz oben an einen Punkt, wo man dachte, man schwebte richtig, jetzt kommt man in eine ganz andere Dimension. Es war jedes Mal dieses Gefühl, es war einfach phantastisch."

Im Leopold-Hoesch-Museum findet sich auch das Modell eines Papierkunstwerkes, das Dorothea Eimert am meisten berührt:
"Andreas von Weizsäcker hat was Tolles gemacht zum Fall der Mauer, und zwar hat er die Stadtpläne von Ostberlin und Westberlin gesammelt, recycelt und daraus Bären geformt und zwar zwei von den Berliner Bären und hat dies bezeichnet als: Weißt du noch? Ich bin sehr involviert gewesen beim Fall der Mauer, wie so viele, dass man zum ersten Mal die DDR betreten konnte, wo man geboren ist und ja, es berührt einen noch heute, weil es eben berührt, diese Zusammenführung von Ost und West – und weißt du noch?"

In Lebensgröße ist heute nur noch einer der Bären im benachbarten Papiermuseum zu sehen: Der andere wurde auf einer Messe gestohlen.
Die nächste Papierbiennale wird es erst im Jahr 2009 geben. Der Grund: das Leopold Hoesch Museum wird erweitert.

"So kann man in einer kleinen Stadt doch allerhand bewegen, und das macht Spaß, wenn das Geld stimmt und wir die Sponsoren haben und die haben wir hier beim Papiermuseum als auch im Leopold Hoesch Museum, es ist richtig gut hier."