Das Netz ändert (fast) nichts für einen Autor

Von Anke Schaefer |
Was heißt es, im Jahr 2012 Schriftsteller zu sein? Welche Auswirkungen hat das Internet auf das Schreiben? Darüber diskutierten der schottische Schriftsteller John Burnside und der deutsche Erfolgsautor Daniel Kehlmann auf dem Blauen Sofa.
Zu diesen Fragen, so schlug Moderatorin Barbara Wahlster (Deutschlandradio Kultur) vor, könne man zwei Haltungen einnehmen: Man kann die digitalen Medien als ein Werkzeug betrachten, das die ursprüngliche kreative Leistung eines Autors nicht verändert. Oder man sagt im Gegenteil: Die digitalen Medien bringen eine unwiderrufliche Veränderung, genauso wie der Gutenbergsche Buchdruck fundamentale Veränderungen brachte.

Beide Autoren schlossen sich eher ersterer Haltung an. Der schottische Autor John Burnside meinte: "Das kreative Element wird nicht so sehr vom Medium beeinflusst, - solange der Autor nicht sagt, er will sich genau dieses Mediums bedienen, so, wie er sich keines anderen Mediums bedienen könnte", aber, so Burnside weiter, der "normale Dichter" werde einfach sagen, was er zu sagen hat.

Daniel Kehlmann fügte hinzu, er hoffe doch sehr, dass sein Schreiben unabhängig von äußeren Umständen sei. Allerdings werden sich die Geschichten verändern, prognostizierte er, weil sich das Alltagsleben durch das Internet tief greifend verändert. Abschiede zum Beispiel seien heute nicht mehr das, was sie mal waren: Früher konnte ein Abschied endgültig sein, heute kann man sich im Netz immer wieder finden ... Und wenn sich das Abschied-Nehmen in der realen Welt verändert, verändert es sich natürlich auch in der Fiktion.

Inwiefern aber verändert die Aufforderung zur Präsenz im Netz das Schriftstellerleben? Daniel Kehlmann findet, man müsse da nicht mitmachen. Wer keine Lust habe, sich im Internet zu präsentieren, der müsse das auch nicht tun. Kehlmann nutzt das Netz, lebt mit dem Netz, dennoch steht er den (scheinbaren) Zwängen, die mit dem Siegeszug des Internets einher gehen, eher skeptisch gegenüber. Er gehörte auch zu den Erstunterzeichnern der Aktion "Wir sind die Urheber" und bekräftigte auf dem Blauen Sofa seine Haltung:

"Man muss nicht gleich alles über Bord werfen, was das Urheberrecht angeht, Rechtszustände also, die sehr lange und sehr schwer erkämpft wurden vom 18. Jahrhundert an, aus Angst, eine wichtige Entwicklung oder den Anschluss zu versäumen. Und in diesem Sinne habe ich, ohne darüber lange nachzudenken, diesen Aufruf unterzeichnet, der für mich etwas ganz Selbstverständliches hatte. Der war für mich ein bisschen in der Art von 'schützt die Robben'!"

John Burnside brach zwar seinerseits nun keine Lanze für das deutsche Urheberrecht, lobte aber die europäische Festlandkultur, unter anderem, weil es hier viele gut ausgebildete Kritiker und vor allem viele gute Übersetzungen gäbe. In Großbritannien würde hauptsächlich das gelesen, was aus Amerika herüber komme.

Being an author 2012 – dieser Titel hätte noch viel mehr Fragen aufgeworfen, als die nach der Veränderung des Schreibens im Zeitalter der digitalen Medien. Man hätte die beiden großen Autoren gerne über ihre wundervollen Figuren in ihren Büchern sprechen hören, auch über ihre Arbeitsweisen.

Daniel Kehlmann schätzt John Burnside sehr, er hat zum Beispiel auch dessen neuen Roman "In hellen Sommernächten" rezensiert und hoch gelobt. Was verbindet die beiden, wo fühlen sie sich verwandt, wo sehen sie die Herausforderungen für sich, für ihre Kollegen in Europa im Jahr 2012?

All das hätte man gerne erfahren. Schade, dass das Thema so eng gefasst war.