Hier geht es zur Playlist der Sendung.
„Handgelenksübung eines alten Mannes…“
Das Land in Trümmern, aber das Lebenswerk vollendet: Richard Strauss war 1945 in einer paradoxen Situation. In dieser schwierigen Zeit bereicherte er sein Schaffen um ein äußerst anspruchsvolles Oboenkonzert, das er mit typischem Understatement als "Handgelenksübung" bezeichnete.
Das Oboenkonzert von Richard Strauss entstand 1945, wohl auf Anregung des amerikanischen Soldaten John de Lancie. Es gilt als das schwierigste seiner Gattung, bisweilen fällt gar das Wort "mörderisch" – tatsächlich haben sich einige Interpreten mit diesem Werk schwer getan.
Albrecht Mayer, weltweit gefeierter Virtuose und Solo-Oboist der Berliner Philharmoniker, erläuterte in dieser 2015 erstmals ausgestrahlten Sendung im Gespräch mit Ulrike Timm die Schwierigkeiten und die Schönheiten dieses wie aus der Zeit gefallenen Werkes. Auch erzählte Mayer von den physischen Anforderungen des Oboenspiels: Was etwa versteht man unter Permanent-Atmung, wie funktioniert diese? Welches Instrument schwebte Strauss, der so unendlich viel von Instrumentation und Klangfarben verstand, für sein Oboenkonzert vor, und warum liegen eine Wiener und eine französische Oboe klanglich so weit auseinander "wie Blockflöte und Klarinette"?
Richard Strauss selbst nannte sein Oboenkonzert, das er am Ende eines ertragreichen Komponistenlebens schrieb, lediglich eine "Handgelenksübung"; das Werk ist geprägt von einem Mozartischen Geist, von der Faszination an der unendlichen Melodie und der Freude an der Burleske – all das zusammen ergibt eine ungewöhnliche Mixtur.
Metamorphosen der Musik
Die Sendung stellt verschiedene Aufnahmen einander gegenüber, unternimmt aber auch "Ausflüge", um den ästhetischen Kontext zu verdeutlichen – zu Mozart, zu Strauss‘ Tondichtung "Till Eulenspiegel" und zu den kurz zuvor entstandenen "Metamorphosen", deren verhaltener Charakter dem Oboenkonzert diametral entgegengesetzt ist.
Zu hören sind Studioproduktionen ebenso wie Konzertmitschnitte aus sechs Jahrzehnten – mit den Interpreten Albrecht Mayer, Leon Goossens, John de Lancie, Heinz Holliger, Alex Klein, Katharina Arfken, Martin Gabriel und Manfred Clement.