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Romantik "dans le style de Bach"?
Johann Sebastian Bach schrieb das Weihnachtsoratorium schlechthin, aber andere Beiträge zu dieser Gattung lohnen sich ebenfalls, etwa das "Oratorio de Noël" von Camille Saint-Saëns. Es beginnt prompt mit einer Bach-Hommage…
Es muss nicht immer Bach sein! Im Mittelpunkt der Sendung steht das "Oratorio de Noël" von Camille Saint-Saëns. Das Werk, das je nach Interpretation zwischen 35 und 40 Minuten dauert, ist der geniale Wurf eines 23-jährigen Komponisten, der noch am Anfang seiner Laufbahn stand.
Saint-Saëns war 1856 Organist an der Église de la Madeleine in Paris und hatte den Auftrag, eine Musik für die Heilige Messe am ersten Weihnachtstag zu schreiben. Es ist anzunehmen, dass die Partitur von Bachs Weihnachtsoratorium während der Komposition auf seinem Schreibtisch lag. Das spürt man vor allem im "Prélude", einer innigen Pastoralmusik, die an die Sinfonia von Bachs zweiter Kantate aus dem Weihnachtsoratorium erinnert.
Tonsatz und Theologie
Die weiteren Teile des Werks für Solisten, Chor, Harfe, Orgel und Streichorchester sind allerdings weit weniger von Bach beeinflusst, sondern zeigen den zeittypischen französisch-romantischen Stil. Bemerkenswert ist, dass Saint-Saëns die vertonten Texte aus der Bibel eigenhändig ausgewählt hat, und das mit sowohl musikalischem als auch theologischem Sachverstand.
Erstaunlicherweise liegen von diesem "Oratorio de Noël" nur wenige greifbare CD-Einspielungen vor. Claus Fischer und sein Gast Matthias Grünert, Kantor der Dresdner Frauenkirche, hören und kommentieren davon sechs Aufnahmen in Auswahl. Dabei kann Matthias Grünert auf seine praktischen Erfahrungen zurückgreifen, hat er doch das Werk von Camille Saint-Saëns bereits rund zehn Mal in der Dresdner Frauenkirche aufgeführt.