"Das passt nicht mehr in diese Wirtschaftswelt"
Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten hat mit Unverständnis auf die Streikandrohungen der Gewerkschaft ver.di gegen die Deutsche Telekom reagiert. Ver.di versuche Privilegien aus der Monopolzeit zu verteidigen, sagte Verbandsgeschäftsführer Jürgen Grützner. Wenn Angestellte der Telekom für eine 34-Stunden-Woche kämpften, verstünden das die Mitarbeiter der konkurrierenden Anbieter nicht. Diese hätten solche Privilegien nie gehabt.
Hanns Ostermann: Streik oder nicht Streik, das ist die Frage, mit der sich derzeit die Mitglieder der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di beschäftigen müssen. Noch bis heute Abend läuft die Urabstimmung. Es geht um die Auslagerung von mehr als 50.000 Beschäftigten bei der Telekom in Service-Gesellschaften. Sie sollen künftig weniger verdienen, aber mehr arbeiten. Wie beurteilen Konkurrenten der Telekom die Situation? Darüber möchte ich mit Jürgen Grützner sprechen. Er ist Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten. Die VATM ist ein Verein, der alle Anbieter außer der Deutschen Telekom vertritt. Guten Morgen, Herr Grützer!
Jürgen Grützner: Einen schönen guten Morgen.
Ostermann: Die Deutsche Telekom begründet die geplanten Einschnitte für die Belegschaft mit Lohnkosten, die deutlich über denen der Wettbewerber liegen. Also sind Sie, Herr Grützner, Schuld an der derzeitigen Misere?
Grützner: Ja, ich glaube, das hätte die Gewerkschaft gerne, aber hier geht der Schuss in die völlig falsche Richtung los. Wenn heute Mitarbeiter um 34-Stunden-Wochen kämpfen, die wir bei den Wettbewerbern noch nie gehabt haben und in deren Genuss unsere Mitarbeiter auch nicht gekommen sind, dann versteht man das hier bei unseren Mitarbeitern jedenfalls nicht.
Ostermann: Wie viele Stunden arbeiten denn Ihre Mitarbeiter und was verdienen sie im Schnitt?
Grützner: Das kommt auf die Gehaltsstufen an. Auch bei den Wettbewerbern wird nicht schlecht verdient. Aber eins kann ich Ihnen versichern, unter 40 Stunden geht hier kaum jemand nach Hause.
Ostermann: Und hat er hoffentlich mehr als 6 oder 7 Euro pro Stunde?
Grützner: Ja, auf jeden Fall. Also diese Dumping-Preise, die in Einzelfällen hier zum Gespräch werden, sind in den meisten Fällen bei fast allen Unternehmen überhaupt nicht vorstellbar. Das sind hier Fachkräfte, und die werden auch ordentlich bezahlt.
Ostermann: Die Telekom ist gestartet als ehemaliges Monopolunternehmen. Ist der starke Rückgang der Kunden, der dem Unternehmen zu schaffen macht, eine ganz natürliche Entwicklung aus Gründen der Konkurrenz oder sehen Sie hausgemachte Fehler?
Grützner: Nun, ein wenig ist die Konkurrenz schon Schuld, denn die Deutsche Telekom musste ihre oft veraltete Technik sehr viel schneller umstellen, als sie wollte. Gerade hierdurch sind ja enorme Effizienzgewinne möglich geworden, das heißt, die Kunden telefonieren heute viel, viel billiger als früher, im Fernverkehr und im Auslandsverkehr zu 95 Prozent billiger. Das ist natürlich nicht mit dem gleichen Personalkörper zu machen, das wissen alle, das weiß auch die Politik, und insbesondere weiß das auch ver.di.
Ostermann: Dieser Riesentanker hat also, wenn ich Sie richtig verstanden habe, die stürmische See, um im Bild zu bleiben, unterschätzt, indem man nicht schnell genug auf technische Entwicklungen eingegangen ist.
Grützner: Das ist vollkommen richtig. Man hätte hier von Anfang an sehr viel vorsichtiger bei der Personalplanung sein müssen. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass die Wettbewerber gerade zu Anfang des Wettbewerbs in sehr großem Maße Mitarbeiter von der Deutschen Telekom übernommen haben und sehr stark das Know-how dieser Kollegen auch geschätzt haben. Hier war eine Durchgängigkeit von der Deutschen Telekom zu Anfang gegeben zu den Wettbewerbern. Die ist dann von der Telekom unterbrochen worden mit dem Argument, wir lassen kein Fachpersonal mehr zu den Wettbewerbern.
Ostermann: Was man ja irgendwo verstehen kann.
Grützner: Was aber zu Lasten der Kollegen geht, denn hiervon waren meist Techniker betroffen, die dann bei der Deutschen Telekom zu Verkäufern umgeschult wurden, und das ist so das ungefähr Schlimmste, was man einem Techniker antun kann.
Ostermann: Das kann man gut nachvollziehen. Herr Grützner, Sie sind Geschäftsführer der VATM, das habe ich schon gesagt, und nicht Direktor oder Geschäftsführer der Telekom. Aber wenn jetzt beispielsweise darüber nachgedacht wird, Service-Gesellschaften zu gründen und 50.000 dorthin zu versetzen, ist das der richtige Schritt oder ist das im Prinzip wieder zu kurz gesprungen?
Grützner: Wir haben damit eigentlich gerechnet, und wir haben das im politischen Raum auch schon vor einem Jahr gesagt. Die Telekom hatte ja den Umbau der Netze, diesen VDSL-Umbau auf das schnelle Internet sogar mit Zahlen belegt, dass man hier 5.000 Mitarbeiter mehr einstellen wollte. Uns war von Anfang an klar, und auch den Politikern wurde es immer wieder gesagt, dass etwa wie in Holland etwa die Hälfte der Mitarbeiter hier mit einem Abbau rechnen muss.
Ostermann: Das heißt also, man geht den richtigen Weg?
Grützner: Das ist unausweichlich, die neue Technik benötigt weniger Personal, darauf muss sich jedes Unternehmen einstellen, und das ist auch jedem Unternehmen bekannt.
Ostermann: Ganz grundsätzlich: Wenn es der Wirtschaft insgesamt besser geht, müssten dann nicht auch die Arbeitnehmer von dieser Entwicklung profitieren? Also geht die Schere bei uns generell in der Gesellschaft - unabhängig von ihrer Branche - zwischen Arm und Reich bei uns nicht immer mehr auseinander?
Grützner: Ich kann das für unsere Branche nicht feststellen. Unsere Mitarbeiter werden je nach Leistung ordentlich und sehr gut bezahlt. Wenn hier natürlich Tarifverträge im Raum stehen mit - ich sage es noch mal - mit 34-Stunden-Wochen, dann ist das nicht üblich, dann ist das ein Privileg aus Monopolzeiten, und das passt nicht mehr in diese Wirtschaftswelt.
Jürgen Grützner: Einen schönen guten Morgen.
Ostermann: Die Deutsche Telekom begründet die geplanten Einschnitte für die Belegschaft mit Lohnkosten, die deutlich über denen der Wettbewerber liegen. Also sind Sie, Herr Grützner, Schuld an der derzeitigen Misere?
Grützner: Ja, ich glaube, das hätte die Gewerkschaft gerne, aber hier geht der Schuss in die völlig falsche Richtung los. Wenn heute Mitarbeiter um 34-Stunden-Wochen kämpfen, die wir bei den Wettbewerbern noch nie gehabt haben und in deren Genuss unsere Mitarbeiter auch nicht gekommen sind, dann versteht man das hier bei unseren Mitarbeitern jedenfalls nicht.
Ostermann: Wie viele Stunden arbeiten denn Ihre Mitarbeiter und was verdienen sie im Schnitt?
Grützner: Das kommt auf die Gehaltsstufen an. Auch bei den Wettbewerbern wird nicht schlecht verdient. Aber eins kann ich Ihnen versichern, unter 40 Stunden geht hier kaum jemand nach Hause.
Ostermann: Und hat er hoffentlich mehr als 6 oder 7 Euro pro Stunde?
Grützner: Ja, auf jeden Fall. Also diese Dumping-Preise, die in Einzelfällen hier zum Gespräch werden, sind in den meisten Fällen bei fast allen Unternehmen überhaupt nicht vorstellbar. Das sind hier Fachkräfte, und die werden auch ordentlich bezahlt.
Ostermann: Die Telekom ist gestartet als ehemaliges Monopolunternehmen. Ist der starke Rückgang der Kunden, der dem Unternehmen zu schaffen macht, eine ganz natürliche Entwicklung aus Gründen der Konkurrenz oder sehen Sie hausgemachte Fehler?
Grützner: Nun, ein wenig ist die Konkurrenz schon Schuld, denn die Deutsche Telekom musste ihre oft veraltete Technik sehr viel schneller umstellen, als sie wollte. Gerade hierdurch sind ja enorme Effizienzgewinne möglich geworden, das heißt, die Kunden telefonieren heute viel, viel billiger als früher, im Fernverkehr und im Auslandsverkehr zu 95 Prozent billiger. Das ist natürlich nicht mit dem gleichen Personalkörper zu machen, das wissen alle, das weiß auch die Politik, und insbesondere weiß das auch ver.di.
Ostermann: Dieser Riesentanker hat also, wenn ich Sie richtig verstanden habe, die stürmische See, um im Bild zu bleiben, unterschätzt, indem man nicht schnell genug auf technische Entwicklungen eingegangen ist.
Grützner: Das ist vollkommen richtig. Man hätte hier von Anfang an sehr viel vorsichtiger bei der Personalplanung sein müssen. Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass die Wettbewerber gerade zu Anfang des Wettbewerbs in sehr großem Maße Mitarbeiter von der Deutschen Telekom übernommen haben und sehr stark das Know-how dieser Kollegen auch geschätzt haben. Hier war eine Durchgängigkeit von der Deutschen Telekom zu Anfang gegeben zu den Wettbewerbern. Die ist dann von der Telekom unterbrochen worden mit dem Argument, wir lassen kein Fachpersonal mehr zu den Wettbewerbern.
Ostermann: Was man ja irgendwo verstehen kann.
Grützner: Was aber zu Lasten der Kollegen geht, denn hiervon waren meist Techniker betroffen, die dann bei der Deutschen Telekom zu Verkäufern umgeschult wurden, und das ist so das ungefähr Schlimmste, was man einem Techniker antun kann.
Ostermann: Das kann man gut nachvollziehen. Herr Grützner, Sie sind Geschäftsführer der VATM, das habe ich schon gesagt, und nicht Direktor oder Geschäftsführer der Telekom. Aber wenn jetzt beispielsweise darüber nachgedacht wird, Service-Gesellschaften zu gründen und 50.000 dorthin zu versetzen, ist das der richtige Schritt oder ist das im Prinzip wieder zu kurz gesprungen?
Grützner: Wir haben damit eigentlich gerechnet, und wir haben das im politischen Raum auch schon vor einem Jahr gesagt. Die Telekom hatte ja den Umbau der Netze, diesen VDSL-Umbau auf das schnelle Internet sogar mit Zahlen belegt, dass man hier 5.000 Mitarbeiter mehr einstellen wollte. Uns war von Anfang an klar, und auch den Politikern wurde es immer wieder gesagt, dass etwa wie in Holland etwa die Hälfte der Mitarbeiter hier mit einem Abbau rechnen muss.
Ostermann: Das heißt also, man geht den richtigen Weg?
Grützner: Das ist unausweichlich, die neue Technik benötigt weniger Personal, darauf muss sich jedes Unternehmen einstellen, und das ist auch jedem Unternehmen bekannt.
Ostermann: Ganz grundsätzlich: Wenn es der Wirtschaft insgesamt besser geht, müssten dann nicht auch die Arbeitnehmer von dieser Entwicklung profitieren? Also geht die Schere bei uns generell in der Gesellschaft - unabhängig von ihrer Branche - zwischen Arm und Reich bei uns nicht immer mehr auseinander?
Grützner: Ich kann das für unsere Branche nicht feststellen. Unsere Mitarbeiter werden je nach Leistung ordentlich und sehr gut bezahlt. Wenn hier natürlich Tarifverträge im Raum stehen mit - ich sage es noch mal - mit 34-Stunden-Wochen, dann ist das nicht üblich, dann ist das ein Privileg aus Monopolzeiten, und das passt nicht mehr in diese Wirtschaftswelt.