Das Pessachfest in Bildern erklärt
Jedes Jahr bringt der deutsche Buchmarkt 60.000 Neuerscheinungen hervor - und dennoch sind moderne jüdische Kinderbücher hierzulande selten. Die Filmemacherin Myriam Halberstam will das ändern: Seit drei Jahren gibt sie mit ihren Ariella-Verlag jüdische Jugendliteratur heraus.
Myriam Halberstam ist Journalistin und Filmemacherin. Mit Drehbüchern kennt sie sich also aus. Jetzt aber kümmert sie sich um ganz andere Bücher, nämlich Kinderbücher:
"Jetzt vor einigen Jahren, nachdem meine beiden Töchter geboren wurden, merkte ich, dass es wirklich kaum jüdische Bücher gibt, die modern sind, die Spaß machen und die trotzdem jüdische Identität weitergeben. Ich hab mich geärgert über 'Lillifee feiert Weihnachten', 'Conny feiert Ostern', aber natürlich gab's nichts für jüdische Kinder."
Das war vor drei Jahren. Die gebürtig aus den USA stammende Jüdin gründete ihren eigenen Verlag: Ariella. Ihr erstes Buch: Ein Pferd zu Chanukka – die kleine Hanna hat zum Fest einen Riesenwunsch, ein eigenes Pferd. Geschrieben hat es Myriam Halberstam selbst. Gerne geht sie damit auch in Schulen und Kindergärten:
"Endlich ist es soweit. Mit Einbruch der Dunkelheit werden der Schamasch und die erste Kerze des Lichterfestes feierlich angezündet. Die ganze Familie ist da. Ma'oz Tzur singt Hanna immer besonders gern. Wenn ihr kleiner Bruder David nur nicht immer so schief dazwischen singen würde. Und dann geht es ans Geschenkeauspacken..."
Ob die kleine Hannah nun zu Chanukka wirklich ihr Pferd bekommt, bleibt bis zum Schluss offen. Myriam Halberstam will ihre Bücher aber nicht nur für Juden herausbringen:
"Es ist natürlich für die Schulen ein ganz besonderer Anlass, auch mal eine jüdische Kinderbuchautorin zu Gast zu haben. Dann zünde ich oft die Kerzen des Chanukka-Leuchters gemeinsam mit den Kindern an, erkläre ein bisschen über das jüdische Lichterfest und das dient der Aufklärung. Ich gehe auch oft in Kindergärten, wo viele türkische und arabische Kinder sind und das ist dann für alle ein sehr wichtiges Ereignis und dient der Annäherung und der Aufklärung. Das liegt mir auch sehr am Herzen."
Es sind zwar jüdische Themen und Feste, die in den Büchern des Ariella-Verlages auftauchen. Aber es sind bestimmt keine jüdischen Bücher nur für jüdische Leser.
"Ich mache nicht Bücher für jüdische Kinder nur. Ich mache Bücher für alle Kinder, aber vor einem jüdischen Hintergrund. Zum Beispiel unser neuestes Buch Opa und der Hundeschlammassel erzählt die Geschichte von Zelda, die von der Stadt aufs Land zieht, von New York nach Vermont. Sie muss sich neue Freunde suchen. Aber die geht dann eben nicht in die Kirche, auch nicht in die Synagoge, sondern sie fragt sich einfach, wieso ihre Nachbarin in ein christliches Sommerlager fahren darf und sie dort nicht mitfahren darf. Also Judentum wird in den Büchern zur Normalität, die man viel zitiert in Deutschland haben möchte. Das ist, weshalb der Ariella-Verlag ein jüdischer Kinderbuchverlag ist."
Das Buch "Zimmer frei im Haus der Tiere" etwa stammt von der ostpreußischen Dichterin Leah Goldberg, die 1935 vor den Nazis nach Palästina flüchten musste. In Israel ist ihr Buch ein Klassiker, eine deutsche Übersetzung liegt aber erst jetzt im Ariella-Verlag vor.
"Im ersten Stock lebt die dicke Frau Huhn, liegt immer im Bett, ohne etwas zu tun. Sie ist dick und rund und man sieht ihr an, dass sie nur mit Mühe watscheln kann. Frau Kuckuck vom zweiten ist selten zu Haus. Sie macht viele Besuche und geht gerne aus. Sie besucht ihre Söhne und Schwestern, denn ihre Kinder leben in anderen Nestern. Herr Eichhorn nur ein Stockwerk darüber knackt Nuss um Nuss, nichts ist ihm lieber."
Und wie die so ganz unterschiedlichen Nachbarn miteinander zurecht kommen, das bleibt bis zum Ende des Buches spannend und lehrreich. - Der Ariella-Verlag ist der erste deutsch-jüdische Kinderbuchverlag nach 1945. Natürlich gibt es auch Bücher aus der Vornazi-Zeit, die man nachdrucken könnte. Doch deren Reprint ist alles andere als einfach.
"Ich wollte die letzte deutsche Kinder-Haggada, die in Berlin gedruckt wurde 1933, neu auflegen. Die hat nämlich ganz modern so Schiebeelemente, wie es sie heute auch in Büchern gibt, dass die Kinder etwas bewegen können - genau so Pop-ups, dass man ziehen kann und dann bewegt sich was. Aber das war zu teuer und ich konnte nicht 100-prozentig die Rechte nachvollziehen, weil der Herausgeber ist natürlich tot - umgebracht."
Doch jetzt pünktlich zu Pessach bringt sie doch eine Haggada heraus, ihr nun schon viertes Buch – für Kinder und Erwachsene, die sich im jüdischen Brauchtum noch nicht so gut auskennen.
"Ne wunderbare Kinder-Haggada, die kommt auf deutsch heraus, aber auch in einer russischen Version. Sie ist auch für Erwachsene, weil in 14 kurzen Punkten wird erklärt, was man machen muss, damit man ein Pessach-Seder ordnungsgemäß erfüllt hat. - Mit ganz süßen Illustrationen und soll 8,95 Euro kosten."
Die Bücher aus dem Ariella-Verlag sind also für jedermann und -frau erschwinglich. Jedes neue Buch ist für den Ein-Frau-Verlag ein finanzielles Risiko. Wenn ein Buch floppt, ist Myriam Halberstam pleite. Dennoch kann sich die Jung-Verlegerin im Moment gar nichts schöneres vorstellen als deutsch-jüdische Kinderbücher zu machen.
"Es ist ein Fulltime-Job! Ich möchte auch Bücher hier in Deutschland machen, die in einem deutschen jüdischen Kontext vorkommen, weil man nicht immer von einem amerikanischen das übertragen kann. Das ist ja ein ganz anderes Umfeld: Die USA haben Millionen von Juden, das ist ein sehr selbstbewusste Gemeinschaft. Hier in Deutschland entwickeln wir uns erst noch dahin."
Mehr zum Thema:
Ariella-Verlag für jüdische Kinderbücher
"Jetzt vor einigen Jahren, nachdem meine beiden Töchter geboren wurden, merkte ich, dass es wirklich kaum jüdische Bücher gibt, die modern sind, die Spaß machen und die trotzdem jüdische Identität weitergeben. Ich hab mich geärgert über 'Lillifee feiert Weihnachten', 'Conny feiert Ostern', aber natürlich gab's nichts für jüdische Kinder."
Das war vor drei Jahren. Die gebürtig aus den USA stammende Jüdin gründete ihren eigenen Verlag: Ariella. Ihr erstes Buch: Ein Pferd zu Chanukka – die kleine Hanna hat zum Fest einen Riesenwunsch, ein eigenes Pferd. Geschrieben hat es Myriam Halberstam selbst. Gerne geht sie damit auch in Schulen und Kindergärten:
"Endlich ist es soweit. Mit Einbruch der Dunkelheit werden der Schamasch und die erste Kerze des Lichterfestes feierlich angezündet. Die ganze Familie ist da. Ma'oz Tzur singt Hanna immer besonders gern. Wenn ihr kleiner Bruder David nur nicht immer so schief dazwischen singen würde. Und dann geht es ans Geschenkeauspacken..."
Ob die kleine Hannah nun zu Chanukka wirklich ihr Pferd bekommt, bleibt bis zum Schluss offen. Myriam Halberstam will ihre Bücher aber nicht nur für Juden herausbringen:
"Es ist natürlich für die Schulen ein ganz besonderer Anlass, auch mal eine jüdische Kinderbuchautorin zu Gast zu haben. Dann zünde ich oft die Kerzen des Chanukka-Leuchters gemeinsam mit den Kindern an, erkläre ein bisschen über das jüdische Lichterfest und das dient der Aufklärung. Ich gehe auch oft in Kindergärten, wo viele türkische und arabische Kinder sind und das ist dann für alle ein sehr wichtiges Ereignis und dient der Annäherung und der Aufklärung. Das liegt mir auch sehr am Herzen."
Es sind zwar jüdische Themen und Feste, die in den Büchern des Ariella-Verlages auftauchen. Aber es sind bestimmt keine jüdischen Bücher nur für jüdische Leser.
"Ich mache nicht Bücher für jüdische Kinder nur. Ich mache Bücher für alle Kinder, aber vor einem jüdischen Hintergrund. Zum Beispiel unser neuestes Buch Opa und der Hundeschlammassel erzählt die Geschichte von Zelda, die von der Stadt aufs Land zieht, von New York nach Vermont. Sie muss sich neue Freunde suchen. Aber die geht dann eben nicht in die Kirche, auch nicht in die Synagoge, sondern sie fragt sich einfach, wieso ihre Nachbarin in ein christliches Sommerlager fahren darf und sie dort nicht mitfahren darf. Also Judentum wird in den Büchern zur Normalität, die man viel zitiert in Deutschland haben möchte. Das ist, weshalb der Ariella-Verlag ein jüdischer Kinderbuchverlag ist."
Das Buch "Zimmer frei im Haus der Tiere" etwa stammt von der ostpreußischen Dichterin Leah Goldberg, die 1935 vor den Nazis nach Palästina flüchten musste. In Israel ist ihr Buch ein Klassiker, eine deutsche Übersetzung liegt aber erst jetzt im Ariella-Verlag vor.
"Im ersten Stock lebt die dicke Frau Huhn, liegt immer im Bett, ohne etwas zu tun. Sie ist dick und rund und man sieht ihr an, dass sie nur mit Mühe watscheln kann. Frau Kuckuck vom zweiten ist selten zu Haus. Sie macht viele Besuche und geht gerne aus. Sie besucht ihre Söhne und Schwestern, denn ihre Kinder leben in anderen Nestern. Herr Eichhorn nur ein Stockwerk darüber knackt Nuss um Nuss, nichts ist ihm lieber."
Und wie die so ganz unterschiedlichen Nachbarn miteinander zurecht kommen, das bleibt bis zum Ende des Buches spannend und lehrreich. - Der Ariella-Verlag ist der erste deutsch-jüdische Kinderbuchverlag nach 1945. Natürlich gibt es auch Bücher aus der Vornazi-Zeit, die man nachdrucken könnte. Doch deren Reprint ist alles andere als einfach.
"Ich wollte die letzte deutsche Kinder-Haggada, die in Berlin gedruckt wurde 1933, neu auflegen. Die hat nämlich ganz modern so Schiebeelemente, wie es sie heute auch in Büchern gibt, dass die Kinder etwas bewegen können - genau so Pop-ups, dass man ziehen kann und dann bewegt sich was. Aber das war zu teuer und ich konnte nicht 100-prozentig die Rechte nachvollziehen, weil der Herausgeber ist natürlich tot - umgebracht."
Doch jetzt pünktlich zu Pessach bringt sie doch eine Haggada heraus, ihr nun schon viertes Buch – für Kinder und Erwachsene, die sich im jüdischen Brauchtum noch nicht so gut auskennen.
"Ne wunderbare Kinder-Haggada, die kommt auf deutsch heraus, aber auch in einer russischen Version. Sie ist auch für Erwachsene, weil in 14 kurzen Punkten wird erklärt, was man machen muss, damit man ein Pessach-Seder ordnungsgemäß erfüllt hat. - Mit ganz süßen Illustrationen und soll 8,95 Euro kosten."
Die Bücher aus dem Ariella-Verlag sind also für jedermann und -frau erschwinglich. Jedes neue Buch ist für den Ein-Frau-Verlag ein finanzielles Risiko. Wenn ein Buch floppt, ist Myriam Halberstam pleite. Dennoch kann sich die Jung-Verlegerin im Moment gar nichts schöneres vorstellen als deutsch-jüdische Kinderbücher zu machen.
"Es ist ein Fulltime-Job! Ich möchte auch Bücher hier in Deutschland machen, die in einem deutschen jüdischen Kontext vorkommen, weil man nicht immer von einem amerikanischen das übertragen kann. Das ist ja ein ganz anderes Umfeld: Die USA haben Millionen von Juden, das ist ein sehr selbstbewusste Gemeinschaft. Hier in Deutschland entwickeln wir uns erst noch dahin."
Ariella-Verlag für jüdische Kinderbücher