Netflix überholt die Fernsehsender
Am Montag werden in Los Angeles die Emmy Awards - die Oscars der Fernsehbranche - verliehen. Unter den Favoriten: "The Handmaid's Tale" und "Game of Thrones". Und: Erstmals haben Netflix-Produktionen mehr Nominierungen erhalten als klassische Fernsehserien.
Was macht eine Schauspielerin, die eine extrem wortlastige Rolle in einer erfolgreichen Serie spielt? Sie spricht sich warm, und zwar so:
"You go like this: Bababa, fafafa..."
"You go like this: Bababa, fafafa..."
Rachel Brosnahan verkörpert in "The Marvelous Mrs. Maisel" jene Midge Maisel, die sich in den engen Kostümen der 50er-Jahre zum Comedy-Star mausert und eben sehr viel redet.
Kopf-an-Kopf-Rennen um den "Drama"-Preis
14 Emmy-Nominierungen gab es für die Amazon-Serie, darunter in der Kategorie "Beste Comedy". Die Konkurrenz ist stark: Es treten ebenfalls an "Atlanta" über zwei rappende Cousins in Atlanta und die Serie "Glow" über Frauen, die in den Wrestling-Ring steigen.
Spitzenreiter im Bereich Comedy ist die Sendung "Saturday Night Live" mit insgesamt 21 Nominierungen, unter anderem für Alec Baldwin und seine Trump-Parodie. Vielleicht dürfen sich die Moderatoren der Emmy-Gala ja dann selbst gratulieren – Ensemblemitglieder Colin Jost und Michael Che werden durch den Abend führen.
In der Kategorie "Drama" steht ein spannender Dreikampf an: "Game of Thrones", "Westworld" und "The Handmaid's Tale - Der Report der Magd" gehen mit 22, 21 und 20 Nominierungen ins Emmy-Rennen. "Handmaid's Tale" könnte am Ende die Nase vorn haben – Kritiker sehen in der düsteren Serie über einen autoritären Staat gerne Parallelen zur aktuellen Trump-Regierung.
Düstere Bezüge zur Gegenwart
Erst vergangene Woche tauchten bei der Anhörung des konservativen Kandidaten für den Supreme Court, Brett Kavanaugh, Frauen in den typischen roten Gewändern und weißen Hauben auf, die von den Figuren in der Serie getragen werden müssen. Sie protestierten leise gegen mögliche Verschlechterungen für Frauen, falls Kavanaugh für das Amt am Obersten Gericht bestätigt werden sollte.
Elisabeth Moss spielt die Hauptrolle in "The Handmaid's Tale". Gegenüber dem Hollywood Reporter sagte sie:
"Für mich ist die besorgniserregendste Parallele zwischen der Welt in 'Handmaid's Tale' und der Realität, dass eigentlich Unvorstellbares plötzlich normal wird. Dass man sich an Sachen gewöhnt, die eigentlich unerhört sind."
Auch die Emmy-Verleihung selbst hat eine neue Normalität – wenn man so will: die starken Filme und Serien von nicht-klassischen Fernsehsendern. In diesem Jahr liegt sogar zum ersten Mal ein Internet-Streaminganbieter bei den Nominierungen vorn. Produktionen von Netflix wurden insgesamt 112 Mal nominiert, für den Bezahl-TV-Sender HBO reichte es nach 17 Jahren an der Spitze nur noch für Platz zwei.
Großer Erfolg für Streamingdienst Netflix
Diese Entwicklung ist ein Meilenstein für Netflix, das vor gerade mal fünf Jahren seine erste Serie – "House of Cards" – selbst produzierte. Zuletzt hat das Unternehmen aus dem kalifornischen Los Gatos acht Milliarden Dollar für Eigenproduktionen ausgegeben. Resultat: rund 40 Netflix-Produktionen sind unter den Emmy-Nominierten, so Michael Tammero, Entertainment-Reporter von Fox News:
"Das ist schon seit Längerem die Strategie von Netflix. Sie haben auch viel in die Werbung für ihre Produktionen gesteckt und am Ende 112 Nominierungen bekommen. Sie stellen sich sehr breit auf."
HBO konzentriert sich wenige, aber erfolgreiche Serien
HBO dagegen hat sich bislang auf einige, wenige Serien konzentriert – was sich an den vielen Nominierungen für "Game of Thrones" und "Westworld" zeigt. Für die Zukunft will HBO mehr Geld in eigene Produktionen stecken – gleiches hört man von Disney, Amazon und Apple – Netflix, so scheint es, treibt sie alle vor sich her. Der Wettbewerb um die Emmys dürfte damit in den kommenden Jahren noch enger werden.
Auch deutsche Stars dürfen sich Hoffnung auf einen Emmy machen. Der deutsch-iranische Komponist Ramin Djawadi ist gleich doppelt nominiert: Für die Filmmusiken zu "Game of Thrones" und "Westworld". Regisseur Edward Berger ist für seine Miniserie "Patrick Melrose" mit Benedict Cumberbatch nominiert, Heidi Klum bekam ihre insgesamt 23. Emmy-Nominierung für die Moderation der Modedesigner-Suche "Project Runway".