Das Schweigen hat wieder eingesetzt
Das katholische Canisius-Kolleg in Berlin brachte den Stein ins Rollen. Ehemalige Mitschüler berichteten von sexuellem Missbrauch in den 1970er-Jahren. Nach Enthüllungen an anderen Schulen setzte die Bundesregierung einen Runden Tisch ein. Diese Woche lag der Abschlussbericht vor.
Cordula Stiller ist in einer behüteten katholischen Familie aufgewachsen. Der Glaube war ihr immer wichtig, Zweifel an der Institution Kirche hatte die heute 48-Jährige kaum. Cordula Stiller war ehrenamtlich aktiv in ihrer Gemeinde in Berlin-Spandau, die vier Kinder ebenfalls, ihr Mann ist Mitarbeiter des Erzbischöflichen Ordinariats. Eine heile katholische Welt, die vor zehn Jahren Risse bekam, als ihr Sohn Martin sich plötzlich anders verhielt:
"Ich habe ja erst nur gemerkt, dass mein Sohn sehr verändert war, dass er aggressiv war, nicht mehr reden wolle. Man kam nicht mehr an ihn heran. Ich habe ihn ja auch gefragt, ganz ausdrücklich gefragt, was los ist, er hätte sich so verändert und er konnte nicht darüber reden."
Cordula Stiller wird aufmerksam, beobachtet ihren Sohn Martin, die Freunde, seine Aktivitäten in der Freizeit. Ein Jugendlicher in der Gemeinde fällt ihr besonders auf, der Oberministrant Norman K., der mit den Kindern auf Freizeiten fährt und viel Alkohol trinkt:
"Ich fand etliche pädagogische Entscheidungen, die er getroffen hat, absolut falsch und habe auch mit der Gemeindeleitung darüber gesprochen. Aber es wurde nie gehört, es hieß immer: 'Nein, nein, der macht schon alles richtig. Das ist okay.'"
Monate später kommen zwei Mütter auf sie zu, ziehen Cordula Stiller ins Vertrauen. Ihre Söhne haben ihnen von sexuellen Übergriffen des Oberministranten berichtet. Norman K. nahm die Jungs mit nach Hause, flößte ihnen Alkohol ein, sie sahen gemeinsam Pornofilme, er forderte sie auf, ihn sexuell zu befriedigen – so hat es der Täter später zugegeben:
"Ich habe dann gesagt, da gibt es keine andere Möglichkeit, wir gehen zur Polizei. Das hat dann noch ein paar Tage gedauert, bis wir uns dann so ganz einig waren, bis wir noch mehr wussten dann auch. Dann war es ganz klar, da geht kein Weg daran vorbei."
Der Täter wird später zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt. Der mittlerweile verstorbene Gemeindepfarrer reagiert weder auf die Anklage gegen seinen Oberministranten noch auf das Urteil. Norman K. darf weiter in der Jugendarbeit tätig sein. Erst als Cordula Stiller den Bischof einschaltet, muss Norman K. die Gemeinde verlassen.
Damit nicht genug. Im letzten Jahr erfährt Cordula Stiller, dass nicht nur ihr Sohn Martin, sondern auch ihr Bruder Andreas sexuell missbraucht wurde – er war Schüler am Berliner Canisius-Kolleg, einer Jesuiten-Schule mit Elite-Ruf:
"Er hat ja auch eine ähnliche Entwicklung damals wie mein Sohn gemacht, mit Aggressionen auch gegen die Familienmitglieder. Er ist ja auch ganz früh von zu Hause weggegangen und hatte echt ein hartes Leben. Und so im nach hinein ist da vieles erklärlich, ja. Aber damals hat man es ja nicht wissen können."
Andreas Stiller flog von der Schule, zog von zuhause aus, musste sich durchs Leben kämpfen. Der Missbrauch liegt 30 Jahre zurück, ist längst verjährt. Es gibt weder einen Anspruch auf Schadensersatz noch können die Täter – zwei Jesuitenpater - im Nachhinein strafrechtlich verfolgt werden. Die beiden leben unbehelligt im Ruhestand, erhalten ihre volle Pension.
Im letzten Jahr beschloss die Deutsche Bischofskonferenz: Opfer sexueller Gewalt in katholischen Einrichtungen, deren Fälle verjährt sind, erhalten eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 5000 Euro, Therapiekosten werden ebenfalls übernommen. 820 Betroffene haben bislang einen entsprechenden Antrag gestellt, erläutert Stephan Ackermann, Bischof von Trier und Missbrauchsbeauftragter der katholischen Kirche in Deutschland:
"Ich weiß es aus dem eigenen Bistum, dass in der allergrößten Zahl derjenigen, die Anträge gestellt haben, es wirklich auch die Anerkennung gibt, dass sie spüren, ja, hier will die Kirche das konkrete Zeichen setzen, auch mit dieser Zahlung. Ich sage ehrlich, dass wir eigentlich mit einer noch höheren Zahl von Anträgen gerechnet haben."
Ursprünglich wollte der Runde Tisch gegen sexuellen Kindesmissbrauch eine gemeinsame Entschädigungslösung vorlegen. Angedacht war die Gründung eines Fonds, in den Kirchen, Sportverbände, Internate und die öffentliche Hand einzahlen sollten. Doch man konnte sich nicht einigen, die katholische Kirche ist deshalb in Vorleistung gegangen.
Der Runde Tisch schlägt in seinem Abschlussbericht immaterielle Hilfen vor - zum Beispiel die Zahlung von Therapien. Die Bundesregierung will dafür 50 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:
"Eine Erfahrung ist, dass gerade Therapien für Menschen, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind in der Vergangenheit, eine ganz ganz große Rolle spielen und Hilfen notwendig sind, die über das hinausgehen, was derzeit im gesetzlichen Krankenversicherungssystem geleistet wird."
Eine zentrale Anlaufstelle soll die Fälle begutachten und entscheiden, welche Hilfen dem oder der Betroffenen zur Verfügung gestellt werden. Dies könnte zum Beispiel auch die Übernahme von Weiterbildungskosten sein, wenn der Betroffene aufgrund des sexuellen Missbrauchs keinen Schulabschluss machen konnte.
Der Runde Tisch hat im Laufe seiner Arbeit eine ganze Reihe anderer Empfehlungen abgegeben, die zum Teil bereits in Gesetzesform gegossen wurden. Mitarbeiter von Jugendeinrichtungen brauchen jetzt ein erweitertes Führungszeugnis, in dem mögliche einschlägige Vergehen verzeichnet sind.
Die Verjährungsfristen werden verlängert – Opfer sexueller Gewalt können auch noch 30 Jahre nach den Vorfällen den Täter auf Schadensersatz verklagen. Bundesforschungsministerin Annette Schavan, eine der drei Vorsitzenden des Runden Tisches, bilanziert:
"Das Schweigen ist gebrochen ein Prozess der Enttabuisierung, des Redens darüber konnte erreicht werden. Und im Blick auf Institutionen erste Schritte hin zu einer Kultur der Achtsamkeit. Mit Blick auf Schulen, pädagogische Einrichtungen, aber auch Vereine, die sagen, wir wollen uns verstehen, ganz ausdrücklich als Räume, als Orte des Schutzes für Kinder und Jugendliche. Wir wollen eine Kultur der Achtsamkeit entwickeln."
Die von sexualisierter Gewalt Betroffenen bewerten die Arbeit des Runden Tisches weniger positiv. Das mag auch daran liegen, dass sie zunächst gar nicht eingeladen waren. Die Missbrauchsopfer mussten sich einen Stuhl am Runden Tisch erst erkämpfen. Matthias Katsch zum Beispiel, er hat die Betroffenen aus den Jesuiten-Schulen vertreten. Der Runde Tisch habe viel im Bereich Prävention geleistet, aber wenig getan für die Fälle aus der Vergangenheit, bilanziert Katsch, früher Schüler am Berliner Canisius-Kolleg:
"Was ich vermisse, dass es keine verbindlichen Regeln gibt für Institutionen, wie sie Menschen, die in ihren Institutionen zu Opfern von sexueller Gewalt werden, wie sie denen mit Entschädigungen und Hilfe begegnen sollen. Also es bleibt nach wie vor dieses Missverhältnis zwischen der mächtigen Institution und dem ohnmächtigen Opfer. Auch der Frage der Höhe der Entschädigung, der ist man letztlich ausgewichen."
Die Betroffenen befürchten, dass mit dem Abschlussbericht des Runden Tisches die öffentliche Aufmerksamkeit nachlässt und damit auch der Druck auf Politik und Institutionen wie die katholische Kirche. Dies ist jetzt schon spürbar, die Empfehlungen des Runden Tisches landeten am Donnerstag nur kurz und knapp auf den hinteren Seiten der Zeitungen. Das nachlassende Interesse der Medien hat auch der Jesuitenpater Klaus Mertes bereits bemerkt – Mertes hatte die Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg öffentlich gemacht:
"Das ist ja das Erschütternde, da wird ja im Grunde wieder die Schweigespirale aufgemacht. Das empört mich zutiefst, ich werde wütend, wenn ich so etwas höre, dass also Leute nicht mehr darüber berichten, weil es niemanden mehr interessiert. Wenn wir das Thema abhängig machen vom Markt, dann haben wir den ganzen gesellschaftlichen und auch ethischen Ernst dieses Themas verpasst. Nein, also das Thema muss auf der Tagesordnung bleiben."
Die Katholikin Cordula Stiller, deren Bruder und Sohn Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind, ist ebenfalls skeptisch. Innerhalb der Kirche habe sich zwar viel bewegt, sagt sie, aber in ihrer Gemeinde tue sich leider gar nichts. Sie selber gelte als Nestbeschmutzerin, weil sie den früheren Oberministranten angezeigt habe:
"Da ist eher so der Punkt: ‚Ja ist doch schon so lange her und sei doch endlich ruhig. Jetzt rede doch nicht immer darüber. So was könnte heute gar nicht mehr passieren.’ Und das ist glaube ich einer der größten Trugschlüsse, die es gibt bei dem Thema. Es kann heute nicht mehr passieren, das glaube ich nicht."
"Ich habe ja erst nur gemerkt, dass mein Sohn sehr verändert war, dass er aggressiv war, nicht mehr reden wolle. Man kam nicht mehr an ihn heran. Ich habe ihn ja auch gefragt, ganz ausdrücklich gefragt, was los ist, er hätte sich so verändert und er konnte nicht darüber reden."
Cordula Stiller wird aufmerksam, beobachtet ihren Sohn Martin, die Freunde, seine Aktivitäten in der Freizeit. Ein Jugendlicher in der Gemeinde fällt ihr besonders auf, der Oberministrant Norman K., der mit den Kindern auf Freizeiten fährt und viel Alkohol trinkt:
"Ich fand etliche pädagogische Entscheidungen, die er getroffen hat, absolut falsch und habe auch mit der Gemeindeleitung darüber gesprochen. Aber es wurde nie gehört, es hieß immer: 'Nein, nein, der macht schon alles richtig. Das ist okay.'"
Monate später kommen zwei Mütter auf sie zu, ziehen Cordula Stiller ins Vertrauen. Ihre Söhne haben ihnen von sexuellen Übergriffen des Oberministranten berichtet. Norman K. nahm die Jungs mit nach Hause, flößte ihnen Alkohol ein, sie sahen gemeinsam Pornofilme, er forderte sie auf, ihn sexuell zu befriedigen – so hat es der Täter später zugegeben:
"Ich habe dann gesagt, da gibt es keine andere Möglichkeit, wir gehen zur Polizei. Das hat dann noch ein paar Tage gedauert, bis wir uns dann so ganz einig waren, bis wir noch mehr wussten dann auch. Dann war es ganz klar, da geht kein Weg daran vorbei."
Der Täter wird später zu einer Geldstrafe von 600 Euro verurteilt. Der mittlerweile verstorbene Gemeindepfarrer reagiert weder auf die Anklage gegen seinen Oberministranten noch auf das Urteil. Norman K. darf weiter in der Jugendarbeit tätig sein. Erst als Cordula Stiller den Bischof einschaltet, muss Norman K. die Gemeinde verlassen.
Damit nicht genug. Im letzten Jahr erfährt Cordula Stiller, dass nicht nur ihr Sohn Martin, sondern auch ihr Bruder Andreas sexuell missbraucht wurde – er war Schüler am Berliner Canisius-Kolleg, einer Jesuiten-Schule mit Elite-Ruf:
"Er hat ja auch eine ähnliche Entwicklung damals wie mein Sohn gemacht, mit Aggressionen auch gegen die Familienmitglieder. Er ist ja auch ganz früh von zu Hause weggegangen und hatte echt ein hartes Leben. Und so im nach hinein ist da vieles erklärlich, ja. Aber damals hat man es ja nicht wissen können."
Andreas Stiller flog von der Schule, zog von zuhause aus, musste sich durchs Leben kämpfen. Der Missbrauch liegt 30 Jahre zurück, ist längst verjährt. Es gibt weder einen Anspruch auf Schadensersatz noch können die Täter – zwei Jesuitenpater - im Nachhinein strafrechtlich verfolgt werden. Die beiden leben unbehelligt im Ruhestand, erhalten ihre volle Pension.
Im letzten Jahr beschloss die Deutsche Bischofskonferenz: Opfer sexueller Gewalt in katholischen Einrichtungen, deren Fälle verjährt sind, erhalten eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 5000 Euro, Therapiekosten werden ebenfalls übernommen. 820 Betroffene haben bislang einen entsprechenden Antrag gestellt, erläutert Stephan Ackermann, Bischof von Trier und Missbrauchsbeauftragter der katholischen Kirche in Deutschland:
"Ich weiß es aus dem eigenen Bistum, dass in der allergrößten Zahl derjenigen, die Anträge gestellt haben, es wirklich auch die Anerkennung gibt, dass sie spüren, ja, hier will die Kirche das konkrete Zeichen setzen, auch mit dieser Zahlung. Ich sage ehrlich, dass wir eigentlich mit einer noch höheren Zahl von Anträgen gerechnet haben."
Ursprünglich wollte der Runde Tisch gegen sexuellen Kindesmissbrauch eine gemeinsame Entschädigungslösung vorlegen. Angedacht war die Gründung eines Fonds, in den Kirchen, Sportverbände, Internate und die öffentliche Hand einzahlen sollten. Doch man konnte sich nicht einigen, die katholische Kirche ist deshalb in Vorleistung gegangen.
Der Runde Tisch schlägt in seinem Abschlussbericht immaterielle Hilfen vor - zum Beispiel die Zahlung von Therapien. Die Bundesregierung will dafür 50 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger:
"Eine Erfahrung ist, dass gerade Therapien für Menschen, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind in der Vergangenheit, eine ganz ganz große Rolle spielen und Hilfen notwendig sind, die über das hinausgehen, was derzeit im gesetzlichen Krankenversicherungssystem geleistet wird."
Eine zentrale Anlaufstelle soll die Fälle begutachten und entscheiden, welche Hilfen dem oder der Betroffenen zur Verfügung gestellt werden. Dies könnte zum Beispiel auch die Übernahme von Weiterbildungskosten sein, wenn der Betroffene aufgrund des sexuellen Missbrauchs keinen Schulabschluss machen konnte.
Der Runde Tisch hat im Laufe seiner Arbeit eine ganze Reihe anderer Empfehlungen abgegeben, die zum Teil bereits in Gesetzesform gegossen wurden. Mitarbeiter von Jugendeinrichtungen brauchen jetzt ein erweitertes Führungszeugnis, in dem mögliche einschlägige Vergehen verzeichnet sind.
Die Verjährungsfristen werden verlängert – Opfer sexueller Gewalt können auch noch 30 Jahre nach den Vorfällen den Täter auf Schadensersatz verklagen. Bundesforschungsministerin Annette Schavan, eine der drei Vorsitzenden des Runden Tisches, bilanziert:
"Das Schweigen ist gebrochen ein Prozess der Enttabuisierung, des Redens darüber konnte erreicht werden. Und im Blick auf Institutionen erste Schritte hin zu einer Kultur der Achtsamkeit. Mit Blick auf Schulen, pädagogische Einrichtungen, aber auch Vereine, die sagen, wir wollen uns verstehen, ganz ausdrücklich als Räume, als Orte des Schutzes für Kinder und Jugendliche. Wir wollen eine Kultur der Achtsamkeit entwickeln."
Die von sexualisierter Gewalt Betroffenen bewerten die Arbeit des Runden Tisches weniger positiv. Das mag auch daran liegen, dass sie zunächst gar nicht eingeladen waren. Die Missbrauchsopfer mussten sich einen Stuhl am Runden Tisch erst erkämpfen. Matthias Katsch zum Beispiel, er hat die Betroffenen aus den Jesuiten-Schulen vertreten. Der Runde Tisch habe viel im Bereich Prävention geleistet, aber wenig getan für die Fälle aus der Vergangenheit, bilanziert Katsch, früher Schüler am Berliner Canisius-Kolleg:
"Was ich vermisse, dass es keine verbindlichen Regeln gibt für Institutionen, wie sie Menschen, die in ihren Institutionen zu Opfern von sexueller Gewalt werden, wie sie denen mit Entschädigungen und Hilfe begegnen sollen. Also es bleibt nach wie vor dieses Missverhältnis zwischen der mächtigen Institution und dem ohnmächtigen Opfer. Auch der Frage der Höhe der Entschädigung, der ist man letztlich ausgewichen."
Die Betroffenen befürchten, dass mit dem Abschlussbericht des Runden Tisches die öffentliche Aufmerksamkeit nachlässt und damit auch der Druck auf Politik und Institutionen wie die katholische Kirche. Dies ist jetzt schon spürbar, die Empfehlungen des Runden Tisches landeten am Donnerstag nur kurz und knapp auf den hinteren Seiten der Zeitungen. Das nachlassende Interesse der Medien hat auch der Jesuitenpater Klaus Mertes bereits bemerkt – Mertes hatte die Missbrauchsfälle am Berliner Canisius-Kolleg öffentlich gemacht:
"Das ist ja das Erschütternde, da wird ja im Grunde wieder die Schweigespirale aufgemacht. Das empört mich zutiefst, ich werde wütend, wenn ich so etwas höre, dass also Leute nicht mehr darüber berichten, weil es niemanden mehr interessiert. Wenn wir das Thema abhängig machen vom Markt, dann haben wir den ganzen gesellschaftlichen und auch ethischen Ernst dieses Themas verpasst. Nein, also das Thema muss auf der Tagesordnung bleiben."
Die Katholikin Cordula Stiller, deren Bruder und Sohn Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind, ist ebenfalls skeptisch. Innerhalb der Kirche habe sich zwar viel bewegt, sagt sie, aber in ihrer Gemeinde tue sich leider gar nichts. Sie selber gelte als Nestbeschmutzerin, weil sie den früheren Oberministranten angezeigt habe:
"Da ist eher so der Punkt: ‚Ja ist doch schon so lange her und sei doch endlich ruhig. Jetzt rede doch nicht immer darüber. So was könnte heute gar nicht mehr passieren.’ Und das ist glaube ich einer der größten Trugschlüsse, die es gibt bei dem Thema. Es kann heute nicht mehr passieren, das glaube ich nicht."