Das Smartphone als mobile Kasse

Von Po Keung Cheung |
Viele Händler akzeptieren Kredit- und EC-Karten nur ab einer bestimmten Summe, wenn überhaupt. Der Hauptgrund dafür: Die hohen Kosten für Kartenlesegeräte und die laufenden Gebühren. Mit einer neuen Technik soll die Zahlung preiswerter werden.
"Den Betrag eingeben und eine Beschreibung für das Gut, den Card-Reader hier am iPad oder iPhone und ziehst die Karte durch."

In seinem Büro im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg führt Alexander Zumdieck das Projekt vor, mit dem sich er und rund 50 Mitarbeiter beschäftigen: Ein kleines Modul, das Kredit- und EC-Karten liest und das einfach in die Kopfhörerbuchse moderner Mobiltelefone, also Smartphones gesteckt wird. Mit dem dazugehörigen Zusatzprogramm, einer so genanntem App, wird das Handy zur Kasse:

"Und dann macht er die Autorisierung und dann kannst Du hier ganz einfach unterschreiben. Du kannst jetzt sagen, ich hätte gern ein "Receipt"."

Unterschrieben wird mit dem Finger auf dem Bildschirm und der "Receipt", also der Kassenbon kommt nicht aus dem Drucker, sondern per E-Mail. Nicht nur das ist gewöhnungsbedürftig, sondern vor allem der Umstand, dass als Kartenterminal ein normales Smartphone dient. Es ersetzt teure Spezial-Lesegeräte und ist vor allem mobil, betont Alexander Zumdieck, der Geschäftsführer des jungen Unternehmens Payleven ist:

"Genauso mobil wie ein Smartphone, was wir auch alle tagtäglich und eigentlich fast überall mit uns herumtragen, das heißt, mit Payleven kann ich jetzt auch an der Tür oder am Strand oder auf dem Markt Zahlungen annehmen."

Oder auch im Fahrradtaxi. Steffen Lehmann war der erste Berliner Fahrer, der mit "Payleven" Kartenzahlungen akzeptierte. Regelmäßig steigen bei ihm Gäste ein, die nicht genügend Bargeld bei sich haben:

"Und da war es so, dass man gefragt hat: "Bei welcher Bank sind Sie denn?" Und da musste einem einfallen, ob diese Bank dann auch in der Nähe ist und entsprechend ranfahren. Genauso kommt es auch vor, dass die Leute bei Fahrtbeginn noch gar nicht wissen, wie lange sie fahren wollen, und dann hat man eventuell nicht das entsprechende Geld dabei."

Nun können seine Fahrgäste auch per Karte zahlen:

"Geb' die Summe ein, zieh' die Karte durch und dann wird mit dem Finger unterschrieben und noch mal bestätigt, dann ist das schon erledigt."

Auch die beiden Schwestern Anja Pilzner und Janine Sommer gehören zu den ersten Payleven-Kunden. In ihrem Geschäft "Lieblingsplatz Berlin" verkaufen sie selbst genähte Dinge aus Stoff: Unter anderem Kissen, T-Shirts, Kuscheltiere. Für Janine Sommer führt an der Kartenzahlung kein Weg vorbei:

"Man kann nicht ein Geschäft führen, ohne Kartenzahlung zu akzeptieren, das funktioniert gar nicht. Kein Mensch hat heutzutage so viel Bargeld in der Tasche, dass er irgendwie jeden Kauf bar abwickelt. Ein Laden, wenn man den führt, muss man auch dem Kunden alle Zahlungsmöglichkeiten anbieten, sonst verdient man ja nichts."

Herkömmliche Kartenleser sind den beiden Jung-Unternehmerinnen aber zu teuer: Gerätemiete und hohe Provisionen für den Dienstleister, der die Zahlungen abwickelt. Bei der Suche nach einer Lösung stießen sie dann auf "Payleven".

Das Unternehmen will vor allem mit einer Kostenstruktur überzeugen, die überschaubar bleiben soll: Neun Cent plus 2,95 Prozent des Kaufbetrages. Das ist auf den ersten Blick zwar höher als bei der Konkurrenz, dafür fällt keine laufende Gebühr an, sagt Alexander Zumdieck:

"Gerade Kleingewerbetreibende arbeiten ja oft mit sehr geringen Margen und es ist ja ganz ja einfach möglich, uns einmal auszuprobieren, ob man Kartenzahlungen annehmen mag, ob das etwas bringt. Und wenn es funktioniert, sind die Leute meistens auch gerne dazu bereit, dann diese Gebühren zu entrichten, für die Dienstleistung, die sie erhalten."

Immerhin ist das Kartenlesegerät selbst kostenlos. Neu ist die Idee nicht. In den USA wickelt die Firma "Square" seit 2009 Kartenzahlungen per Mobiltelefon ab. Nun will "Payleven" das Konzept auch in Deutschland etablieren.

Allerdings: Nicht jeder Kunde wird sich dabei wohl fühlen, wenn seine Kreditkarte von einem Handy mit wacklig anmutenden Aufsteckmodul gelesen wird. Denn Smartphones stehen im Verruf, ausgespäht werden zu können. Zum Beispiel durch Apps, die Betrüger programmieren, um Daten zu stehlen. Deshalb beobachten Banken die Entwicklung mit Skepsis:

"Das Smartphone ist so ohne Weiteres nicht sicher."

Das vernichtend klingende Urteil trifft Matthias Hönisch, Experte für Zahlungsverkehr beim Gesamtverband der Kreditwirtschaft. Er sagt aber auch: Zahlungen können mit dem Handy sicher abgewickelt werden - mit Umwegen:

"Wir haben es gesehen bei den PCs, dass die PCs selber auch nicht sicher sind, sondern dass Banken zunehmend Anker brauchen, um die Sicherheit im Zahlungsverkehr herzustellen. Das heißt, wir können uns nicht unbedingt vorstellen, dass das Smartphone sicher gemacht wird, sondern dass man mit kleinen zusätzlichen Geräten, die auch schon in der Entwicklung sind, diesen sicheren Anker herstellen kann."

Die so genannten "sicheren Anker" könnten beispielsweise separate PIN-Generatoren sein, die viele Banken bereits heute beim Online-Banking einsetzen. Denkbar sind auch Verschlüsselungschips, die in den Modulen der Smartphones arbeiten, so Matthias Hönisch. Payleven-Geschäftsführer Alexander Zumdieck wiegelt ab. Das System ist bereits heute sicher, betont er:

"Wir unterliegen ja wie alle anderen Anbieter auch, natürlich allen Regularien, sei es für Haftung oder Ersatz und natürlich leisten das auch. Dadurch dass wir natürlich alle Sicherheitsstandards erfüllen, sehen wir da keine besonders großen Probleme."

Ob das so bleibt, das werden wohl erst Langzeiterfahrungen zeigen. Sicher scheint aber, dass die Kartenakzeptanz mit dem Handy ein gutes Geschäftsmodell ist. Denn mit "Sum Up", "Streetpay" und "iZettle" sind schon die nächsten Anbieter an den Start gegangen. "Payleven" senkte unterdessen die Gebühren. Der Konkurrenzkampf hat begonnen.
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