Trump-Land oder mehr?
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In einem Jahr endet Donald Trumps erste Amtszeit. Die Präsidentschaftswahl findet zwar erst im November statt, doch die Vorwahlen beginnen schon jetzt. Bei dieser großen Show kommen die USA jenseits von Trump und Washington zum Vorschein.
Detroit, Michigan die Motor City, Heimat der großen Autofirmen Ford, General Motors und Chrysler, ist Sinnbild des industriellen Niedergangs einer einstigen Metropole. Von fast zwei Millionen Einwohnern sind weniger als 700.000 geblieben. Präsident Donald Trump hatte vor drei Jahren versprochen, die USA zu alter industrieller Größe zurückzuführen. Detroit aber schrumpft weiter.
2020 soll alles anders laufen als 2016
Im Wahljahr 2020 soll es nach dem Willen von John George und vieler Detroiter anders laufen als am 8. November 2016. Damals waren die 16 Wahlmännerstimmen des traditionell demokratisch geprägten Bundesstaates im sogenannten "Rostgürtel" Amerikas an Donald Trump gegangen. Er hatte 47,5 % der Stimmen erhalten, die Demokratin Hillary Clinton 47,27%. 10704 Stimmen machten den Unterschied.
George, Direktor der "Motor City Blight Busters", ist wie viele Detroiter eingefleischter Demokrat. Seine Privatinitiative reißt verwahrloste Häuser ab oder renoviert ganze Straßenzüge, baut Schulen, Gemeindehäuser und Galerien in der kaputten Stadt. Auf dem Tresen im Java Café, das die Blight Busters restauriert haben und betreiben, steht ein Foto von John George mit Präsident Obama. Wird der drahtige Mann mit eckiger Brille, der scheinbar nie seine Baseballkappe abnimmt, bei diesem Anblick wehmütig?
"Meine Antwort ist: Das sind alte Neuigkeiten", sagt er. "Ich habe immer gesagt, dass Menschen guten Willens an eine bessere Zukunft glauben. Wir dürfen unsere Zeit nicht damit verschwenden, uns auf die Vergangenheit zu konzentrieren, sondern damit, eine bessere Zukunft zu gestalten. Wir wissen um die Krankheit, die Vergangenheit, aber unser Ziel ist die Zukunft."
Amerikas Wählerschaft ist schon lange tief gespalten
Die Krankheit heißt für George Donald Trump, ein in seinen Augen kindischer, egozentrischer, nicht zurechnungsfähiger Anti-Politiker.
Eine Wiederwahl ist trotz Amtsenthebungsverfahren, trotz von der "Washington Post" gezählter 15413 Lügen und Unwahrheiten bis Ende 2019, trotz einer in den Augen traditioneller Politiker fragwürdigen, zunehmend gefährlichen Außenpolitik, Beispiel Iran, sowie schnell steigender Staatsverschuldung keineswegs ausgeschlossen. Amerikas Wählerschaft ist schon lange tief gespalten, Donald Trump hat die Gräben nicht geschaffen, sondern mit seinem polarisierenden Stil vertieft.
Die Zukunft, davon ist John George überzeugt, hängt davon ab, dass sich möglichst viele Menschen registrieren lassen und am dritten November zur Wahl gehen. Am Eastern Market in Detroit macht John George mobil, mit einem Plastikmikrofon und einem kleinen Lautsprecher, mit klaren Worten gegen den Präsidenten und seine Partei, die Republikaner.
"Gier und Dummheit regieren in der Führung der Republikaner", sagt er. "Sie werden bei der Wahl 2020 einen Preis dafür zahlen. Sie werden alle aus ihren Ämtern geworfen. Es wird eine blaue Welle geben, wie sie dieses Land noch nie gesehen hat. Wir werden Leute loswerden, die inkompetent, gierig, selbstsüchtig, und ganz ehrlich, widerliche Menschen sind."
Ändern sich die Mehrheiten in Texas?
Eine blaue, demokratische Welle gegen das rote, republikanische Bollwerk im Weißen Haus und im US-Senat. Darauf hoffen nicht nur John Georges Mitstreiter in Michigan, sondern auch manche Texaner. Die zahlenmäßige Dominanz der Weißen schwindet so wie im ganzen Land, die Demokraten haben in den großen Städten wie Dallas, San Antonio oder Austin Mehrheiten.
Der Kongressabgeordnete Beto O´Rourke aus El Paso, Jahrgang 1972, erschien mit seiner Präsenz in sozialen Medien und seinen öffentlichen Auftritten als junger, fast Kennedy-artiger Macher, der einen Gegenentwurf zum konservativen Image des Bundesstaates darstellte.
Gegen Amtsinhaber Ted Cruz verlor er nur knapp im Rennen um einen Sitz im US-Senat, seine demokratische Bewerbung um das Präsidentenamt zog er im November 2019 zurück. Die Wahlkampfkasse füllte sich zu langsam, das Feld der Mitbewerber erschien zu stark. Trotzdem: Texas mit seinen 38 Wahlmännerstimmen erklärte er zum "Battleground-State", zu einem jener Staaten, in denen sich die Mehrheiten im November ändern könnten.
2724 Kilometer südlich von Detroit liegt McAllen. Hier leben viele Texaner, die eine demokratische Mehrheit unbedingt verhindern wollen. Einer von ihnen ist Sergio Sanchez, Programmdirektor des Radiosenders News Talk 710.
Der Mann mit exakt getrimmtem Bart und fast schwarzen Augen ist Vorsitzender der republikanischen Partei im Hidalgo County. Sanchez ist enthusiastischer Trump-Anhänger. Er begeisterte sich für das Wahlversprechen des Präsidenten, einen Grenzwall gegen illegale Einwanderung aus Mexiko und Mittelamerika zu errichten.
Nichts lösen, aber alles hinkriegen
Mark Morgan, oberster Grenzschützer der USA, gab nach drei Jahren Trump-Präsidentschaft zwar an, bisher seien 150 Kilometer des Grenzbauwerks gebaut worden. 150 von 3140 Kilometern.
Es gibt auch nach wie vor keine Anzeichen dafür, dass Mexiko für Trumps Mauer bezahlen wird. Das hatte der Präsident in Aussicht gestellt. Macht nichts, findet Sergio Sanchez. Für ihn war, ist und bleibt Donald Trump der Macher.
"Nichts ist gelöst worden, nichts. Und jetzt gibt es diesen Bürger, diesen Geschäftsmann, diesen Nicht-Politiker, einen Elefanten im Porzellanladen, der sagt: 'Ich lege los und lasse mich beschimpfen, aber wir kriegen das hin'", sagt Andrew aus McAllen.
Er arbeitet an der Tankstelle, hört täglich News Talk 710. Das Programm ist für ihn politische Heimat und hilft zusammen mit den sozialen Medien bei der Meinungsbildung. Zunehmend umgeben sich Amerikaner medial mit Ihresgleichen. Die Konservativen hören Talk Radio und sehen Fox News, die Liberalen informieren sich bei CNN und der "New York Times". Die Schnittmengen schrumpfen.
Andrew ist gegen Immigranten. Seine Informationsquellen wie sein Präsident berichten wieder und wieder über Drogenkartelle, Vergewaltigungen, krumme Geschäfte. Das hält ihn nicht davon ab, bei der Fiesta mit Mexikanischen Gruppen, die über die Brücke nach McAllen kommen, voller Inbrunst "Cielito Lindo" mitzusingen. Der Süden von Texas ist seit Jahrhunderten eine Kulturlandschaft mit fließenden Grenzen. Tex-Mex, ein Schmelztigel hispanischer und angloamerikanischer Einflüsse.
Ob "Build this Wall", einer der bekanntesten Sprechchöre des Wahlkampfs 2016, nur ein Slogan war? Vielen Anhängern des Präsidenten ist das auch drei Jahre später nicht so wichtig. Hauptsache, findet Andrew, Trump hält die "bad hombres", die Dealer, die Diebe aus den USA fern. Auch, wenn Kinder der illegal eingewanderten Menschen getrennt von ihren Eltern eingesperrt werden.
"Ich bin absolut dafür", sagt er. "Es ist an der Zeit, härtere Gesetze, eine härtere Politik einzuführen. Es hätte vor langer Zeit gemacht werden sollen. Donald Trump ist der Mann!"
Eine Studentenstadt mit Miniaturkapitol
2464 Kilometer nördlich von McAllen liegt Madison, die Hauptstadt Wisconsins, geprägt von Studenten, dem Mendota-See und einem Miniaturkapitol, das dem Sitz des US-Kongresses in Washington gleicht.
2016 gewann Donald Trump - für die Demokraten verblüffend - die 10 Wahlmännerstimmen des nördlichen Bundesstaates. Mit einem Vorsprung von 0,77 Prozentpunkten gegenüber Hillary Clinton. Damit erreichte er die erforderlichen 270 Stimmen für die Präsidentschaft.
Jeremiah Michael Riemer stammt aus einer Gelehrtenfamilie in Wisconsin. Der Mann in Cordhosen, Karohemd und Sakko, mit lichtem Haar, kurzem Bart und Brille ist Deutsch-Englisch-Übersetzer, überzeugter Demokrat und verhalten optimistisch, was die Wahl in seinem Heimatstaat angeht.
Immerhin endete 2018 die Amtszeit des rechten Republikanischen Gouverneurs Scott Walker. Demokrat Tony Evers löste den gewerkschaftsfeindlichen Langzeitgouverneur mit den klassischen Obama-Themen Bildung und Gesundheitsfürsorge ab.
Trump spaltet auch Wisconsin
Allerdings sorgten die Republikaner mit ihrer Mehrheit der Sitze im Landesparlament für Wahlkreisverschiebungen zu Ungunsten möglicher demokratischer Kandidaten sowie für Auflagen bei der Registrierung zur Wahl, etwa die Vorlage eines Führerscheins, über den eher sozial schwache Wähler der Demokraten nicht verfügen.
"Also nicht nur der demokratische Präsidentschaftskandidat, auch Bürgerrechtsaktivisten und Wahlrechtsjuristen müssen sich anstrengen 2020, um diese Staatseinwohner zur Wahlurne zu mobilisieren", sagt Michael Riemer. "Und es kommt auch auf die weißen Moderaten in den Vororten an, die Trump abstoßend finden. Hillary Clinton hat Wisconsin 2016 vernachlässigt. Das hat sich vielleicht in diesem Jahr geändert, denn der demokratische Wahlkonvent findet in Milwaukee statt."
Für Jeremiah Michael Riemer ist es dennoch keine ausgemachte Sache, dass Wisconsin in diesem Jahr wieder mehrheitlich demokratisch wählen wird. Das liegt auch an der nachhaltig spaltenden Wirkung, die Trump nach drei Jahren als US-Präsident bei der Bevölkerung bewirkt hat.
"Also erstens haben wir eine starke Polarisierung von Politik und Gesellschaft, fast bürgerkriegsähnlich", sagt er. "Statt der politischen Integration haben wir jetzt einen Zustand der negativen Integration wie im deutschen Kaiserreich, ein Nebeneinander von rechten und linken Milieus, die nur durch Misstrauen und Beleidigungen miteinander kommunizieren. Zweitens haben wir die Vervollständigung des langjährigen Rechtsrucks der Republikaner, hin zu einer demagogischen Führerpartei unter Trump. Drittens, seitens der Trump-Administration eine totale Missachtung von evidenzbasiertem Wissen und der professionellen Unabhängigkeit von Experten in Wissenschaft und Politik, von der Klimawandel-Verweigerung bis hin zum nachrichtendienstlichen Konsens in der Außenpolitik."
Die Republikaner, so der Befund Riemers, sind zur Trump-Partei geworden.
Von Madison nach Louisville sind es 780 Kilometer. Der Kentucky River trennt die Bundesstaaten Indiana im Norden und Kentucky im Süden. Es ist der Bundesstaat des mächtigen republikanischen Senators und Mehrheitsführers Mitch McConnell.
Unmittelbar nachdem Nancy Pelosi, Mehrheitsführerin im US-Repräsentantenhaus kurz vor Weihnachten 2019 das Votum für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump bekannt gegeben hatte, meldete sich McConnell zu Wort. Er werde das entscheidende Verfahren im Senat eng mit dem Weißen Haus abstimmen. Er sei kein unparteiischer Geschworener.
Mit diesen Aussagen ließ McConnell keinen Zweifel daran, dass die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für die Amtsenthebung in der Kongresskammer angesichts von 53 republikanischen und 45 demokratischen, sowie zwei unabhängigen Senatoren nicht erreicht würde.
Anfang November finden aber nicht nur Präsidentschaftswahlen, statt, sondern es geht auch um die Abgeordneten im Repräsentantenhaus, um einige Gouverneure und 23 republikanische sowie zwölf demokratische Sitze im US-Senat.
Die 44-jährige Demokratin Amy McGrath fordert den 77-Jahre alten McConnell heraus. Die ehemalige Air-Force-Pilotin war die erste Frau, die ein F-18-Kampfflugzeuz in Einsätzen im Irak und in Afghanistan flog. " Sogar in unseren Familien können wir nicht mehr ohne Wut und Schuldzuweisung über die Anführer in unserem Land sprechen", stellt McGrath in einem Wahlkampfvideo fest. Angefangen hat das, sagt sie, nicht mir Donald Trump, sondern mit Mitch McConnell.
"Wir werden trotzdem hinter ihm stehen"
Mike Woodsworth ist Demokrat, hat Lokalpolitik gemacht und ist nach drei Jahren Trump erschöpft.
"Schalte um, schalte den Ton aus", sagt er, "mache, was nötig ist! Die Medien füttern weiterhin die Bestie. Ist das alles, was wir haben. Ist das unser Bestes? Viele Leute in den USA stellen diese Frage: Ist das das Beste, was wir zu bieten haben? Wenn das so ist, sind wir wirklich von den Vereinigten Staaten enttäuscht. Und das wollen wir nicht hören. Nicht aus Europa. Ich möchte von nirgendwo hören, dass sie von uns enttäuscht sind."
Demokrat Mike hält eine Wiederwahl Donald Trumps für wahrscheinlich. Und er drückt in einer Analogie aus, was viele US-Bürger aus Respekt vor dem Amt des Präsidenten denken:
"Es gab diesen Typen, er war Trainer eines bekannten College Football Teams. Er war einfach nicht populär. Manchmal redeten sie übel hinter seinem Rücken. Er mochte ein Idiot sein, aber er war unserer. Diese Situation könnten wir auch hier haben. Wir mögen ihn vielleicht nicht. Aber wir werden uns erheben und sagen: Aber er ist unserer. Das werden wir sagen. Wir werden trotzdem hinter ihm stehen."
Anhänger der Republikaner, die geschlossen hinter dem Präsidenten stehen, und der Demokraten, die erst noch ermitteln müssen, wen sie aus einem ursprünglich mehr als 20-köpfigen Kandidatenfeld gegen Donald Trump aufstellen, stehen sich unversöhnlich gegenüber.
"Not my president", beharren die Liberalen nun seit drei Jahren. "Trump, Trump", skandieren Anhänger des Präsidenten.
Ohne Mehrheit trotzdem gewinnen
Viele Wahlforscher schätzen: Wie schon 2016 wird Donald Trump auch im November nicht die Mehrheit der Menschen hinter sich bringen, die Wahl aber trotzdem gewinnen, dank der Stimmenmehrheit bei den Wahlfrauen und -männern, die den Präsidenten bestimmen. Ein Kandidat mit der Stimmenmehrheit in einem Bundesstaat erhält nämlich in der Regel alle Wahlleute-Stimmen.
Beim "Popular Vote", den tatsächlichen Wählerstimmen, könnte Trump sogar noch schlechter abschneiden als 2016 und dennoch im "Electoral College" mit seinen 538 Sitzen wieder die Mehrheit gewinnen. Weniger Stimmen, mehr Wahlmänner, so war es im Jahr 2000 und vor drei Jahren. Zaghafte Versuche von Demokraten und Republikanern, das altmodische Wahlsystem zugunsten einer direkten Abstimmung abzuändern, scheiterten bislang.
Von Louisville, Kentucky, nach Concord, Hauptstadt des Neuengland-Staates New Hampshire sind es 1542 Kilometer. Das Städtchen mit etwas mehr als 40.000 Einwohnern trägt den Beinamen "City in a coma". Komatös sind die Menschen in New Hampshire besonders in Wahljahren ganz und gar nicht.
Nach dem Iowa Caucus am 3. Februar werden in New Hampshire am 11. Februar die ersten Primaries, die Vorwahlen abgehalten. Das Feld der demokratischen Präsidentschaftsbewerber dürfte sich nach diesen Terminen weiter lichten. Rob Moulton engagiert sich seit vielen Jahren im Stadtrat von Concord für die Sozialpolitik und wundert sich immer wieder über seine Mitbürger.
"In New Hampshire gibt es seit Jahren einen Zusammenschluss der Wohlhabenden und der armen Arbeitnehmer gegen die gebildete Mittelklasse und die Wohlfahrtsverbände", sagt er. "Wegen ihrer Wut und ihrer Missgunst gegenüber denjenigen, die aus ihrer Sicht unberechtigt Sozialleistungen erhalten, stimmen sie gegen Programme, die ihnen helfen könnten."
Vorwahlen mit kaum kalkulierbarem Ausgang
Der Ausgang der Vorwahlen in New Hampshire ist kaum kalkulierbar. Die Wähler sind eigensinnig wie Jack aus Concord.
"Ich habe noch nie gewählt", sagt er. "Interessiert mich nicht. Ich bin Vietnam-Veteran und habe eine schlechte Einstellung gegenüber Politikern und dem Land, für das ich gekämpft habe."
Oder Lisa, die den unabhängigen Senator Bernie Sanders aus dem benachbarten Vermont als nächsten Präsidenten unterstützt.
"Als ich das erste Mal wählen durfte, mit 18, stimmte ich für Jimmy Carter", sagt sie. "Das fühlte sich so richtig an! Seitdem hat es sich bei niemandem mehr so richtig angefühlt. Bis zu Bernie."
Sanders scheiterte bereits 2016 gegen Hillary Clinton. Sein Programm aus Pazifismus, gesetzlicher Krankenversicherung und freier Bildung erscheint vielen Wählern als zu links.
Kontrast von Wappenspruch und politischem Alltag
789 Kilometer südwestlich von Concord, in der US-Hauptstadt Washington, DC, wird "E pluribus unum", "aus vielen Eines", der Wappenspruch im großen Siegel der Vereinigten Staaten im Besucherfilm des US-Kapitols pompös inszeniert. Mit dem politischen Alltag hat die Formel der Einigkeit dort, wo die Kongresskammern arbeiten, wo im Januar kommenden Jahres die Präsidentin oder der Präsident vereidigt wird so gut wie nichts mehr zu tun.
Knapp drei Kilometer westlich entlang der National Mall arbeitet David Nakamura. Er ist White-House-Reporter bei der "Washington Post". "Im Trump-Zeitalter aus dem Weißen Haus zu berichten ist beides", sagt er. "Ein Marathon und ein Sprint."
Tweets, überraschende Ankündigungen, die nicht nur Journalisten, sondern auch Regierungsmitarbeiter überraschen. Das ist der Alltag bei diesem 24-Stunden-Job. Drei zusätzliche Reporter hat die Post zu ihren sieben White-House-Reportern dafür eingestellt.
"Das allgemeine Chaos der Trump-Regierung resultiert besonders aus dem Umstand, dass der Präsident häufig ohne interne Abstimmung Entscheidungen trifft", sagt David Nakamura. "Das führte zu vielen ungewöhnlichen Nachrichtenlagen. Gleichzeitig gibt es den Strang der Berichterstattung über die Politik Trumps, zum Beispiel zu den Themen Immigration oder Umwelt. Das erfordert tiefere, wachsamere Berichterstattung über einen viel längeren Zeitraum Zusätzlich gibt es die sehr aufwendigen Themen Russland und Ukraine, die ja zum Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten geführt haben. Außerdem gibt es die komplizierten und wichtigen Geschichten zu Trumps privaten Geschäften, die er nach wie vor gemeinsam mit seinen Söhnen kontrolliert."
Vor eigenen Anhängern machte sich der Präsident umgehend über das im US-Repräsentantenhaus eröffnete Impeachment-Verfahren lustig und sprach von "Impeachment light": mit einer geschlossenen republikanischen Basis und eigener Mehrheit im entscheidenden US-Senat, mit steigenden Umfragewerten, einer wachsenden Wirtschaft und einer prall gefüllten Wahlkampfkasse im Rücken. Das Wahljahr hat begonnen.
Wie die Bürger der Vereinigten Staaten Anfang November entscheiden werden, ist kaum vorhersehbar. Liberale und Konservative wie ein Mann, der einen Anzug aus einer US-Flagge, einen langen Bart, Pferdeschwanz und Sonnenbrille trägt und sich Grizzly Joe nennt, lächeln müde nach dem inzwischen drei Jahre andauernden politischen Spektakel der Trump-Präsidentschaft.
"Es ist gute Unterhaltung, um das Mindeste zu sagen", sagt er. "Man könnte sagen, es ist verrückt, bekloppt, was zum Teufel spielt sich ab. Ich kann Ihnen sagen: Das ist besser als Profi-Ringen!"