Das "Swinging London" der 60er
Michelangelo Antonioni war schon ein anerkannter Meisterregisseur des italienischen Kinos, als er sich entschloss, seinen ersten Film in englischer Sprache zu drehen. Der Film "Blow Up", eine Mörder-Mystery-Geschichte um einen Fotografen, spiegelt wie kaum ein anderer den Zeitgeist der 60er Jahre. Vor 40 Jahren hatte er seine Premiere in den USA.
Mitte der 60er Jahre war London mit seiner Musikszene, den Miniröcken und Modeläden auf der Carnaby Street, mit seinen Flohmärkten und Pot-Partys das absolute Zentrum des Zeitgeistes. In dieses "Swinging London" verlegte der italienische Filmregisseur Michelangelo Antonioni die Handlung einer Kurzgeschichte von Julio Cortázar für seinen ersten in Englisch gedrehten Film. Es wurde der bei weitem erfolgreichste Film des Meisterregisseurs mit mehr als 20 Millionen Zuschauern weltweit und der wichtigste, wenn es darum ging, den Geist der 60er Jahre zu beschreiben. Der Radiotrailer von 1966 beschwört ihn schon herauf.
"Blow-UP - his astonishing glimpse of today, seen through Antonionis camera, his talent, his London, his first english language film."
Mit der Geschichte eines Fotografen, der in einem Londoner Park beiläufig einen Mord dokumentiert, begann die Karriere von Vanessa Redgrave. Auch David Hemmings, der als ratlos-rastlose Hauptfigur den Film dominiert und Jane Birkin, die in einer kleinen Szene als kicherndes Möchtegernmodel ihren ersten Auftritt hat, machten damit ihr Glück - wie Veruschka von Lehndorff als gelangweilte Modeaktrice, die in ein denkwürdiges erotisches Fotoshooting mit dem Helden der Geschichte verwickelt wird, zu Herbie Hancocks legendärer Musik.
"Blow Up" ist allerdings alles andere als ein flotter Krimi mit Zeitgeistpartikeln. Antonioni variiert einmal mehr sein Generalthema. Die Oberfläche - Rituale, Bildwelten, Sinneswahrnehmungen, Rockkonzerte -, die Oberfläche bekommt ihre eigene Bedeutung, den nur die Filmkamera aufspüren kann. Antonioni - der Erkenntnistheoretiker unter den italienischen Filmemachern - versteht seine Filme als Recherchen, die das Innenleben der Figuren deutlich machen sollen.
"Der Film ist ein offenes Kunstwerk, das jeder nach seiner eigenen Art interpretieren kann. Was heißt es denn, einen Film zu sehen. Wir machen eine ganz persönliche, individuelle persönliche Erfahrung mit diesem Film."
An den Lagerfeuern der Filmliebhaber wird immer noch von diesen persönlichen Erfahrungen geschwärmt. Vom Rauschen der Bäume zum Beispiel ist da oft die Rede, wenn Fotograf Thomas in einem Londoner Park eine Frau entdeckt, die einen Mann umarmt und in eine bestimmte Richtung schiebt. Unheil droht über dieser Szene, und das Geräusch wird zur Schicksalsmacht. Antonioni wurde immer wieder und ganz besonders bei "Blow Up" der Vorwurf gemacht, er sei Formalist, immer auf der Suche nach dem originellen Bild statt nach der Wahrheit. Besonders die Schauspieler seien ihm dabei völlig egal, nur abstrakte Gestaltungselemente. Seine Antwort sollte man in Stein meißeln.
"Sehen Sie, der Vorwurf des Formalismus, den man mir immer Mal wieder gemacht hat, scheint mir etwas willkürlich, denn für mich stehen die Personen immer in einem visuellen, figurativen Kontext und sind deswegen immer Bestandteile eines Bildes. Je nach Komposition bekommen die Personen eine bestimmte Bedeutung. Sie kann größer oder geringer sein, je nachdem, was die Einstellung an menschlichen Elementen erfordert."
Der Look des Films, sein Spiel mit den Sinnen, die sexuelle Freizügigkeit - auch sie ein Spiel. Und dann der universelle Zweifel an der "Wahrheit der Wirklichkeit". Das hat der Film "Blow Up" so perfekt eingefangen wie kein anderer Klassiker aus der großen Zeit des Autorenfilms. Am Ende schaut Fotograf Thomas ein paar Clowns zu, die ein Tennisspiel pantomimen, und dann plötzlich ist das Ploppen der Tennisbälle wirklich zu hören: Sinnliche Wahrnehmung? Film? Oder reine Einbildung? Wer weiß das schon. Die meisten, die diesen Film gesehen haben, erzählen aber am liebsten von der Szene, die auf einem Konzert der damals populären Band "The Yardbirds" spielt. An deren Ende zertrümmert Bassgitarrist Jeff Beck sein Instrument auf dem Bühnenboden und schleudert es ins Publikum. Den Kampf ums lädierte Instrument gewinnt Thomas. Aber dann wirft er es schon wieder weg. Genau! So waren die 60er Jahre.
"Blow-UP - his astonishing glimpse of today, seen through Antonionis camera, his talent, his London, his first english language film."
Mit der Geschichte eines Fotografen, der in einem Londoner Park beiläufig einen Mord dokumentiert, begann die Karriere von Vanessa Redgrave. Auch David Hemmings, der als ratlos-rastlose Hauptfigur den Film dominiert und Jane Birkin, die in einer kleinen Szene als kicherndes Möchtegernmodel ihren ersten Auftritt hat, machten damit ihr Glück - wie Veruschka von Lehndorff als gelangweilte Modeaktrice, die in ein denkwürdiges erotisches Fotoshooting mit dem Helden der Geschichte verwickelt wird, zu Herbie Hancocks legendärer Musik.
"Blow Up" ist allerdings alles andere als ein flotter Krimi mit Zeitgeistpartikeln. Antonioni variiert einmal mehr sein Generalthema. Die Oberfläche - Rituale, Bildwelten, Sinneswahrnehmungen, Rockkonzerte -, die Oberfläche bekommt ihre eigene Bedeutung, den nur die Filmkamera aufspüren kann. Antonioni - der Erkenntnistheoretiker unter den italienischen Filmemachern - versteht seine Filme als Recherchen, die das Innenleben der Figuren deutlich machen sollen.
"Der Film ist ein offenes Kunstwerk, das jeder nach seiner eigenen Art interpretieren kann. Was heißt es denn, einen Film zu sehen. Wir machen eine ganz persönliche, individuelle persönliche Erfahrung mit diesem Film."
An den Lagerfeuern der Filmliebhaber wird immer noch von diesen persönlichen Erfahrungen geschwärmt. Vom Rauschen der Bäume zum Beispiel ist da oft die Rede, wenn Fotograf Thomas in einem Londoner Park eine Frau entdeckt, die einen Mann umarmt und in eine bestimmte Richtung schiebt. Unheil droht über dieser Szene, und das Geräusch wird zur Schicksalsmacht. Antonioni wurde immer wieder und ganz besonders bei "Blow Up" der Vorwurf gemacht, er sei Formalist, immer auf der Suche nach dem originellen Bild statt nach der Wahrheit. Besonders die Schauspieler seien ihm dabei völlig egal, nur abstrakte Gestaltungselemente. Seine Antwort sollte man in Stein meißeln.
"Sehen Sie, der Vorwurf des Formalismus, den man mir immer Mal wieder gemacht hat, scheint mir etwas willkürlich, denn für mich stehen die Personen immer in einem visuellen, figurativen Kontext und sind deswegen immer Bestandteile eines Bildes. Je nach Komposition bekommen die Personen eine bestimmte Bedeutung. Sie kann größer oder geringer sein, je nachdem, was die Einstellung an menschlichen Elementen erfordert."
Der Look des Films, sein Spiel mit den Sinnen, die sexuelle Freizügigkeit - auch sie ein Spiel. Und dann der universelle Zweifel an der "Wahrheit der Wirklichkeit". Das hat der Film "Blow Up" so perfekt eingefangen wie kein anderer Klassiker aus der großen Zeit des Autorenfilms. Am Ende schaut Fotograf Thomas ein paar Clowns zu, die ein Tennisspiel pantomimen, und dann plötzlich ist das Ploppen der Tennisbälle wirklich zu hören: Sinnliche Wahrnehmung? Film? Oder reine Einbildung? Wer weiß das schon. Die meisten, die diesen Film gesehen haben, erzählen aber am liebsten von der Szene, die auf einem Konzert der damals populären Band "The Yardbirds" spielt. An deren Ende zertrümmert Bassgitarrist Jeff Beck sein Instrument auf dem Bühnenboden und schleudert es ins Publikum. Den Kampf ums lädierte Instrument gewinnt Thomas. Aber dann wirft er es schon wieder weg. Genau! So waren die 60er Jahre.