Weißrussland für Freidenker
Alles ist geheim: der Ort, die Namen, das Lehrmaterial. Und nur die Besten bestehen die Aufnahmeprüfung für das "Jakub-Kolas-Lyceum" in Weißrussland. Es bietet ein Gegenmodell zum Schulsystem im autoritären Staat Lukaschenkos - und ist eigentlich seit 2003 geschlossen.
"Meine Damen und Herren! Unsere langersehnte Reise beginnt", begrüßt Schulleiter Uladzimir alle Teilnehmer der Klassenfahrt.
"Es geht nach Polatsk, der Stadt, die am Beginn unserer belarussischen Geschichte steht. Es ist wichtig, sie mit eigenen Augen gesehen zu haben. Das Lyceum gibt uns darüber hinaus die Möglichkeit, Geschichte aus erster Hand zu erfahren - von jemandem, der sie erschlossen hat. Das ist der berühmte Archäologe und Historiker, der hier in unserem Bus anwesend ist."
Herr Uladzimir übergibt das Mikrofon an den Archäologen, Herrn Siarhej. Dann rollt der Bus los – mit 50 Schülern, die alle auf eine Schule gehen, die es eigentlich gar nicht gibt.
Entstanden 1990 als "Schule unserer Träume"
Das Minsker "Jakub-Kolas-Lyceum" wurde 1990 gegründet, aber schon 13 Jahre später wieder geschlossen. Trotzdem existiert es weiter – seit 2003 im Untergrund. Die Geschichte des Lyceums ist beispielhaft für das heutige Belarus. Alles begann Ende der 80er-Jahre, als sich die Sowjetunion dem Ende näherte und Bürgerinitiativen entstanden, wie Pilze nach dem Regen.
"Wir waren mit den vorhandenen Schulen sehr unzufrieden und wollten die Schule unserer Träume aufbauen", erzählt der Gründer und Leiter des Lyceums, Herr Uladzimir. Alles schien damals möglich, man hat vieles selbst in die Hand genommen.
"Die Schule sollte in der belarussischen Sprache unterrichten und es sollte keine sowjetischen Dogmen mehr geben, diese ganzen Lügen. All das, was die damaligen Schulen darstellten, sollte es nicht mehr geben. Das waren ideologische Anstalten, wo jede neue Generation eine Gehirnwäsche verpasst bekam, wo sie in totalitärem Geist erzogen wurden, im Geist der Apathie der Bürger, der Passivität und der Unterwürfigkeit gegenüber den Machthabern. Genau das wollten wir ändern. Und das wurde von unserem damaligen Bildungsministerium begrüsst. Wir wurden eine Art Pilotprojekt."
Die Zeit der Freiheit und der Demokratisierung in Belarus dauerte nicht lange. Schon drei Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung von 1991 kam der heute noch amtierende Autokrat Alexander Lukaschenko (im Weißrussischen: Aleksandr Lukaschenka) an die Macht. Damit war die offizielle Aufarbeitung der Sowjetzeit beendet. Das Staat ruderte zurück, entwickelte sich nach und nach zu einem "Museum der Sowjetunion".
"Die erste Verordnung des neuen Präsidenten im humanitären Bereich war: alle Schulbücher, die nach 1991 erschienen, waren zu vernichten", sagt Schulleiter Uladzimir.
"Stellen Sie sich das vor, die neuen Lehrbücher für Geschichte, für Literatur und so weiter. Es war sofort klar, dass unsere Wege auseinandergehen. Es gab Veränderungen im Ministerium, und wir verstanden, dass unsere Existenz bedroht war."
Das Ende kam schleichend - 2003 das Aus
Auch ich habe die Rückwärtswende des Systems miterlebt – als Schülerin in Belarus. Als Anfang der 90er-Jahre die neuen Lehrpläne und Lehrbücher erschienen, gab es unter meinen Lehrern zwei Lager: die Fortschrittlicheren, oft Jüngeren, die mit den Schülern gemeinsam die neuen Erkenntnisse wahrgenommen hatten.
Und es gab diejenigen, die dem alten sowjetischen System nachtrauerten. Sie haben sehr schnell den Rückwärtsgang eingelegt. Kaum hatte man mit der Aufarbeitung der sowjetischen Verbrechen begonnen, war es damit auch vorbei.
Aber das neue, autoritäre System ist nicht von heute auf morgen entstanden. So kam auch das Ende des Minsker "Jakub-Kolas-Lyceum" schleichend. Fast zehn Jahre hatten sie gekämpft, existiert während dieses Regimes, erzählt Schulleiter Uladzimir. Sie seien geduldet worden und nach wie vor für ihr Niveau respektiert.
"Viele Eltern unserer Schüler arbeiteten in der Administration des Präsidenten, und die Kinder saßen neben den Kindern der Oppositionellen. Die Eltern wussten, dass die Kinder bei uns gut lernen, und später gute Chancen an den Unis haben."
Das sei geschätzt worden.
"Und im Ministerium arbeiteten damals Profis. Doch dann fingen die Veränderungen im Ministerium an. Wir haben vier Minister überlebt."
2003 kam dann das Aus: Der Staat enteignete das Lyceum, nahm sich das Gebäude und schloss die Institution ganz offiziell. Nach fast zehn Jahren hatte sich das Regime auch im Bildungswesen umfassend etabliert. Das Lyceum sei aber geblieben, was es war.
"Es ist einfach zu den Anfängen zurückgekehrt, zum Status einer Bürgerinitiative. So sind wir als offizielle Bildungsinstitution verschwunden."
Weder Schulleiter Uladzimir, noch die Lehrer, Eltern oder Schüler haben ihren Traum von einer Schule auf Belarussisch und ohne sowjetische Dogmen aufgegeben. Anfangs wurde draußen auf Bänken unterrichtet, später Wohnungen gemietet, und schließlich ein Einfamilienhaus. Derzeit besteht das Lyceum aus vier Jahrgängen mit insgesamt rund 50 Schülern.
Klassenfahrt zum Ursprung des Landes
Heute fahren sie alle gemeinsam auf die langersehnte Klassenfahrt.
"Wir haben einen Garagen-Verkauf gemacht, um Geld für unsere Klassenfahrt zu sammeln", erzählt Mascha, Lyceistin des dritten Studienjahres. Und ihre Klasse habe am meisten gesammelt. "Ich bin ziemlich stolz auf uns."
"Sehr geehrte Freunde, sehr geehrte zukünftige Kollegen! Ich nenne Euch so, weil ich glaube, hier Menschen vorzufinden, die sich für die Geschichte unseres Landes interessieren", begrüßt der Archäologe Herr Siarhej die Reisegruppe. "Dieses Jahr feiern wir das 1155 Jubiläum der belarussischen Staatlichkeit. Es ist das Jahresdatum der ersten schriftlichen Erwähnung des Polatsker Fürstentums Jahr 862. In diesem Jahr wird das Datum zum ersten Mal in unserer Geschichte gefeiert, und aus diesem Anlass soll in Polatsk ein Denkmal eingeweiht werden."
"Wir wollten lernen"
Das Polatsker Fürstentum wird neben dem Großen Litauischen Fürstentum als Ursprung des Landes gesehen. Während der Bus Richtung Polatsk fährt, beneide ich die Passagiere ein wenig. Auch ich wäre gerne auf diese Schule gegangen. Hätten wir damals in Minsk gewohnt, hätte ich versucht, dort aufgenommen zu werden.
Aber wir wohnten in Wicebsk, rund 400 Kilometer von Minsk entfernt. Meinen Eltern schien es zu gewagt, mich als 14-järigen Teenager alleine in die Hauptstadt zu schicken. Sonst wäre ich wohlmöglich in die gleiche Klasse gegangen wie Olha, die Mutter einer der heutigen Schülerinnen:
"Ich habe das Lyceum besucht, als es gerade neu war. Zuerst war ich im Sonntags-Lyceum, dann habe ich im zweiten regulären Jahrgang angefangen. In dem schönen Gebäude in der Kirow-Straße. Damals hatten wir ganz normalen Unterricht. Wir hatten auch Sport. Wir sind dann oft zum Stadium gegangen. Und im Werken haben wir unsere Hemden mit nationalen Ornamenten bestickt. Die Lehrer haben uns als ihresgleichen angesehen. Und wir hatten viele spannende Zusatzfächer: Logik, Latein, Politologie. Wir haben gerne gelernt. Die Zeugnisse bekamen wir aus den Händen von lebenden Klassikern der Literatur, von Wassil Bykau und von Ryhor Baradulin. Es war sehr feierlich. Sogar mit Fieber hatte man versucht, irgendwelche Pillen zu schlucken und zum Unterricht zu rennen, um bloß nichts zu verpassen. Und wir wollten lernen."
Viel Interesse: drei bis vier Bewerber pro Platz
Auch die heutigen Schüler wollen lernen - und sie müssen sich anstrengen. Das beginnt schon vor den Aufnahmeprüfungen, erzählt Historiker Herr Doktor Aleh. Denn sie würden nur die Besten nehmen.
"An den Vorbereitungskursen darf jeder teilnehmen, und dann schauen wir, wer die Prüfungen besteht."
Jedes Jahr gebe es drei bis vier Bewerber pro Platz.
"Wer im Unterricht nicht mitkommt, wird gefeuert. Es ist ein recht straffes System. Wer es nicht schafft, muss zurück an eine 'sowjetische Schule'."
Mit "sowjetische" Schule meint der Historiker das staatliche Bildungswesen. Dazu zählt auch, dass in jedem Klassenzimmer die staatlichen Symbole hängen müssen. Fahne und Wappen sind angelehnt an die früheren Symbole der Belarussischen Sowjetrepublik. Den Sowjetbezug gibt es auch bei der Nationalhymne: Die Melodie wurde übernommen, der Text – leicht verändert.
Das alles steht im Widerspruch zum Aufbruch der 90er, als man sich vom großen Bruder Russland lossagen und eine eigenständige Existenz aufbauen wollte.
Am Jakub-Kolas-Lyceum fühlt man sich dieser Zeit verpflichtet und dem Wunsch, ein Volk von eigenständigen mündigen Bürger zu erziehen.
"Nach der Schule, also nach der einfachen Schule, kommen die Kinder mit einem sehr engen Horizont. Sogar der Wortschatz ist schwach", meint Professor Valiantsin. Er unterrichtet am Lyceum Geschichte.
"Die Schule hat ihnen nicht beigebracht, wie man liest, wie man schreibt."
Und so seien sie gezwungen, den Schülern nicht nur neue Kenntnisse zu vermitteln, sondern auch die Fehler der "gewöhnlichen Schule" auszubügeln.
"Wir müssen den Kindern Begriffe beibringen, ihre Lexik erweitern. Erst wenn sie genügend Vokabeln im Kopf haben, kann man den Kindern das Denken beibringen – mit Hilfe dieser Vokabeln. Für uns ist es ja wichtig, dass die Kinder nicht nur ein Volumen an Information aufnehmen – sie sollen lernen, aus den Informationen ihre eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen."
"Früher war für mich alles ganz normal. Dass der Präsident immer der gleiche bleibt, na und? Ich habe erst später begriffen, wie auf unsere Rechte und unsere Verfassung gespuckt wird", sagt Hanna. Sie ist Schülerin des dritten Jahrgangs, und lernt seit einem Jahr im Lyceum.
"Mein Vater wusste aber Bescheid und hat alles verstanden. Aber ich war wohl zu noch zu jung, und Papa hat mit mir nicht darüber gesprochen. Jetzt fängt er an, über seine Jugend zu sprechen. Das ist sehr interessant. Ich habe auch Oppositionelle in der Verwandtschaft, sogar sehr aktive. Sie haben ihr Leben dafür geopfert. Und die Zukunft ihrer Kinder. Sie werden in Belarus weder einen Studienplatz, noch eine Arbeit finden."
"Ich wusste, dass ich einen Onkel habe, der zu irgendwelchen Demos geht, und dessen Bild manchmal in der oppositionellen Zeitung erscheint. Ich habe das alles aber nicht wirklich verstanden. Damals habe ich noch das staatliche Fernsehen geschaut. Morgens vor der Schule lief der Fernseher im Hintergrund. Ich habe damals gar nicht begriffen, was für ein Quatsch da gezeigt wird. Und wenn heute zu Hause der Fernseher läuft, – ah – da sträuben sich meine Haare, bei dem, was da zu sehen ist. Und ich finde es einfach unangenehm, was uns Belarussen da erzählt wird, und dass die Menschen das glauben. Und ich habe es früher auch geglaubt."
Das Schulsystem unter Präsident Lukaschenko
Das Lukaschenko-Regime besteht seit beinahe einem Vierteljahrhundert. Die Erstklässler bekommen zur Einschulung ein Buch mit dem Titel "Mein Land Belarus". Untertitel: "Das Geschenk des Präsidenten der Republik Belarus Aliaksandr Lukaschenka". Diverse Lukaschenko-Porträts lächeln die Grundschüler von den Seiten ihrer Lehrbücher an.
Wie kann man Kindern in diesem Umfeld kritisches Denken beibringen?
"Viele Dinge liegen an der Oberfläche. Ich hatte mal eine Privatschülerin, eine ganz junge, vielleicht fünfte oder sechste Klasse. Kurz nach den Präsidentschaftswahlen hat sie mich gefragt, für wen ich denn gestimmt hätte. Sie meinte, dass ihre Eltern letztes Mal für einen gestimmt hätten, der nach der Wahl verhaftet wurde", erzählt Frau Natalia. Sie ist selbst eine Lyceumsabgängerin. Seit acht Jahren unterrichtet sie hier Englisch.
"Und dieses Mal war es genauso. Das war eine Sechsklässlerin, und sie konnte selbst ihre Schlussfolgerungen ziehen. Das war ein wirklich junges Mädchen. Und wir haben hier die achte, neunte, zehnte, elfte Klasse! Die können doch eins und eins zusammenzählen!"
"Ich sage den Kindern nicht geradeaus: Wir in Belarus haben ein autoritäres Regime", sagt Geschichtslehrer Herr Prof. Valiantsin. Im Gegenteil, er erzähle von ihrer Verfassung, wie sie verabschiedet wurde, was für gute Perspektiven wir hatten.
"Und dann schauen wir, was daraus geworden ist, und warum. Die Kinder erleben ja, dass heute friedliche Demonstrationen gewaltsam niedergeschlagen werden, wie jetzt gerade am 25. März. Sie bekommen mit, dass die EU die staatliche Gewalt verurteilt. Sie besprechen das mit ihren Eltern. Sie bekommen es im Internet mit. Und wenn wir dann darüber reden, was vor zehn, 15 Jahren passiert ist, und sie jetzt erleben, dass nach den Wahlen immer wieder die gleichen Situationen entstehen. Es gibt so eine Art Déjà-Vu. Es bedarf oftmals keiner Erklärung."
Derweil erreicht der Bus das historische Zentrum von Polatsk. Und Herr Doktor Siarhej – der Archäologe - greift wieder zum Mikro.
"Schauen Sie genau hin: Rechts ist die Sophienkathedrale, dahinter ist die Epifanien-Kathedrale", weist er auf einige Sehenswürdigkeiten hin.
"Und rechts, da wo die Birken wachsen, ist die sogenannte ehemalige Insel. Auf dieser Insel befand sich das Kloster Johannes des Täufers. Das war wahrscheinlich das erste christliche Kloster auf unserem Territorium."
Unterricht mit dem "Wow-Effekt" für Schüler
Der Geschichtsunterricht ist ein Schwerpunkt im Lehrplan des Lyceums. Schon in der sowjetischen Ära wurde die Geschichte je nach Bedarf umgeschrieben. Das Lukaschenko-Regime ist zu dieser Tradition zurückgekehrt. Im Lyceum wird das den Schülern vor Augen geführt.
"Ich finde es besonders spannend, wenn wir das Lehrbuch durchnehmen, und unsere Lehrer die Aufmerksamkeit auf bestimmte Fakten lenken, die eventuell nicht stimmen", sagt Nadzeja. Er ist im vierten, letzten Studienjahr und seit zwei Jahren am Lyceum. "Oder sie lenken unsere Aufmerksamkeit auf Dinge, die im Lehrbuch gar nicht enthalten sind."
In gar keinem Lehrbuch.
"Dann gibt es so einen Wow-Effekt. Das ist cool."
"Wolltest Du eigentlich hierher, auf das Lyceum?", frage ich Mascha aus dem dritten Studienjahr. Nein, sagt sie.
"Ich habe damals ein gewöhnliches Gymnasium besucht, und dachte, ich sei Teil der gesellschaftlichen Bewegung."
Erst später habe sie verstanden, wie schrecklich das war.
"Heute werde ich da nicht mehr reingelassen. Wenn ich zu Besuch komme, sagen sie, ich störe den Lernprozess."
"Sie lernen nicht, um etwas zu verstehen"
Der Kontakt zum alten Leben vor dem Lyceum fällt vielen schwer – auch Dascha.
"Letztes Jahr habe ich meine alten Freunde getroffen. Ich habe versucht, mit ihnen über die Dinge zu sprechen, die mich jetzt interessieren, über die Geschichte. Aber das war für sie etwas weit entferntes", erzählt das junge Mädchen, das mittlerweile im vierten Studienjahr, und seit zwei Jahren in der Untergrund-Schule ist.
"Und wenn man nach Zukunftsplänen fragt, was man überhaupt will vom Leben, kommt keine Antwort, nur: keine Ahnung."
Was auch anders sei:
"Diejenigen, die sich irgendwo bewerben wollen, arbeiten nur für die Note, und nicht für das Wissen. Das ist wohl der größte Fehler unseres Bildungswesens, dass die Schüler nur für eine Note arbeiten. Hauptsache wenigstens eine acht, oder eine neun. Sie lernen nicht, um etwas zu verstehen. Dabei ist das das Wichtigste. Aber dort ist es leider anders. Deswegen war ihre erste Frage, wie meine Noten sind. Aber die Noten sagen doch nichts über das Wissen."
Auf den Spuren der Geschichte
"Ich nehme an, irgendwo unter diesen Bauten stand das Kloster Johannes des Täufers. Direkt hinter meinem Rücken, am linken Ufer der Düna. Dieser Ort ist die 'Insel'. Damals hatte die Düna noch einen Nebenarm. Das Kloster stand wohl unmittelbar an dem Platz, wo Ihr die Dächer seht", erzählt der Archäologe Dr. Siarhej. Er habe rund um diese Gebäude Ausgrabungen durchgeführt, und dort alte Gräber gefunden.
"Ihr wisst, dass unsere Vorfahren ihr Grabstätten um Kirchen, Kappellen oder sonstige heiligen Stätten herum angelegt haben. Vielleicht wird einer von euch Archäologe, kommt hierher und gräbt diese Fundamente aus? Dann denkt daran – ich habe euch diesen Ort gezeigt. Bitte, wir gehen jetzt hoch zur Sofia-Kathedrale."
Herr Dr. Siarhej führt uns zur Sophienkathedrale. Die Kathedrale wird für Orgelkonzerte genutzt. Ein Muss für Besucher von Polatsk. Die historischen Fundamente sind freigelegt, und für Führungen zugänglich. Die Reisegruppe ergreift die Gelegenheit, nach der Führung die Akustik des Raumes auf die Probe zu stellen.
"Unser belarussisches Lyceum, wir ehren dich. Der Geist der Freiheit soll ewig in dir erhalten bleiben und in unserem Land", singen sie die Lyceumshymne. Unsere Schule ist wie Hogwarts aus "Harry Potter", meint eine Schülerin. Der Bus fährt durch die Nacht zurück in Richtung Minsk. Nun kommen wieder die Gitarren zum Einsatz.
Wie bei Harry Potter
In drei Stunden wird der Bus in Minsk ankommen, und ab Montag geht der Schulalltag in ihrem Untergrund-Gymnasium wieder los. Im Geheimen – unbemerkt von der Öffentlichkeit. Fast wie bei Harry Potter.
"Wenn ich mit meinen Eltern spreche, vergleiche ich unser 'Jakub-Kolas-Lyceum' mit Hogwarts aus Harry Potter", meint auch eine der Schülerinnen. Keiner wisse, wo das Lyceum sei.
"Außerdem gibt es hier besondere Lehrer und besondere Schüler. Wahrscheinlich hat jeder zweite ein besonderes Talent. Und wir sind eine Familie und haben ein Haus. Genau wie Hogwarts."
Und nach der Zeit auf dem belarussischen Lyceum? Viele gehen zum Studieren ins Ausland. Ob sie anschließend zurückkommen – und unter dem Langzeitpräsidenten Lukaschenko leben wollen, ist fraglich.