Das Urheberrecht wird die Künstler nicht schützen
Wer profitiert von der Durchsetzung oder Nichtdurchsetzung des Urheberrechts im Internet? Jedenfalls nicht die Künstler, meint der Verleger und Publizist Stefan Kraft. Sondern immer schneller wachsende Konzerne, die die Macht im Netz unter sich aufteilen.
Falls Sie diese Sendung aufnehmen, sollten Sie mir in den nächsten Minuten genau zuhören. Denn ob Sie meinen Kommentar vervielfältigen, also etwa auf Ihre Festplatte kopieren dürfen, hängt davon ab, ob er "politische, wirtschaftliche oder religiöse Tagesfragen" behandelt. So steht es im Paragraf 49 des deutschen Urheberrechtsgesetzes, der die "Vervielfältigung und Verbreitung einzelner Rundfunkkommentare und einzelner Artikel" regelt.
Woran Sie ersehen können, wie fern der digitalen Realität manche der 143 Paragrafen anmuten. Dennoch sollen sie die Existenz der Künstler auch in Zukunft sicherstellen, die für die Durchsetzung des Urheberrechts in diesem Jahr erstmals breit mobil machten. Und damit eine heftige Reaktion der Netzgemeinde, die gerne auch pauschal als "Piraten" bezeichnet wird, hervorriefen.
Aber sollte man ausschließlich darüber diskutieren, wie mit Tauschbörsen, mit illegalen Down- und Uploads, mit frei herumschwirrenden Musikdateien umzugehen ist? Oder stellen sich nicht in diesem Zusammenhang ganz andere, viel grundlegendere Fragen?
Ich meine: ja, es geht ums Ganze. Denn das tägliche Geschehen im Internet beweist: Von der Durchsetzung des Urheberrechts wie auch von seiner Nichtdurchsetzung profitieren einige wenige, immer schneller wachsende Konzerne, die die Macht im Netz unter sich aufteilen.
Täglich füttern eine Milliarde User Facebook mit urheberrechtlich geschützten Inhalten, mit Youtube-Videos, mit kopierten Fotos, mit Sounddateien. Kein Cent wird dafür an die eigentlichen Urheber ausbezahlt. Google, Inhaber unter anderem von Youtube, profitiert in ungeahnten finanziellen Höhen davon, dass im Netz nach Medien gesucht wird, für die man sonst zahlen müsste. Das sind die Hauptverdiener des freien Dateitausches, nicht die Piraten, nicht irgendwelche dubiosen Tauschbörsen, die diese Entwicklung nur befördern.
Gleichzeitig mit dem Aufstieg von Google und Facebook wurde aus Apple der größte Musikhändler der Welt. Weil die Musikindustrie die Entwicklung im Internet nicht wahrhaben wollte. Und wir als User nun damit konfrontiert sind, dass das Copyright auf Musik nun besonders drastisch durchgesetzt wird.
Kaufen wir einen Song bei iTunes, dürfen wir ihn nicht herborgen wie eine CD, wir dürfen ihn auch nicht kopieren, und selbst die Anzahl der Geräte, auf den wir ihn anhören dürfen, wird uns vorgeschrieben. Die wenigen Cent, die für unseren Kauf an die Urheber ausbezahlt werden, zeigen ihre Ohnmacht gegenüber den neuen Verwertungsmodellen.
Das freie Netz ist eine Illusion geblieben. So wurde in Österreich vor kurzem eine der ältesten alternativen Online-Communities, die "Blackbox" zu Grabe getragen. Sie war lang vor dem Durchbruch des WWW eine zentrale Kommunikationsplattform, ohne Werbung, betrieben vor ein paar Idealisten. MySpace, Facebook, Yahoo, Twitter und Google haben solche Projekte beerdigt.
Unsere Kommunikation im Netz ist heute durchkommerzialisiert, sie findet auf Webseiten statt, die Milliarden Dollar schwer sind. Ganz ähnlich verhält es sich mit Kunst und Kultur im Netz. Solange es nicht möglich ist, einen Raum im Internet zu etablieren, dessen Hintergründe nicht ausschließlich profitorientiert sind und in dem die Netzgemeinde Künstlern fairere Chancen einräumen kann, wird die Debatte um das Urheberrecht keine Lösungen zeitigen.
Und an den Spielregeln der Kulturindustrie, die Bestseller zu fördern und die Nische Nische bleiben zu lassen, hat die Entwicklung des Internets nichts verändert. Ganz im Gegenteil. Erst ein Netz, das von seinen Akteuren dominiert wird, statt von seinen Betreibern, könnte einen neuen Umgang mit der Kunst bewirken.
Sollte Sie diese "Tagesfrage" interessieren, können Sie diesen Beitrag gerne weiterkopieren und verbreiten.
Stefan Kraft, Verleger und Publizist in Wien, leitet gemeinschaftlich den Promedia Verlag in Wien, schrieb u. a. für "Datum" und "Die Presse", Redakteur des Fußballmagazins "Ballesterer", gab vor kurzem das Buch heraus: "Wer besitzt das Internet? Die Freiheit im Netz und das Urheberrecht. Eine Streitschrift" (Promedia 2012)
Woran Sie ersehen können, wie fern der digitalen Realität manche der 143 Paragrafen anmuten. Dennoch sollen sie die Existenz der Künstler auch in Zukunft sicherstellen, die für die Durchsetzung des Urheberrechts in diesem Jahr erstmals breit mobil machten. Und damit eine heftige Reaktion der Netzgemeinde, die gerne auch pauschal als "Piraten" bezeichnet wird, hervorriefen.
Aber sollte man ausschließlich darüber diskutieren, wie mit Tauschbörsen, mit illegalen Down- und Uploads, mit frei herumschwirrenden Musikdateien umzugehen ist? Oder stellen sich nicht in diesem Zusammenhang ganz andere, viel grundlegendere Fragen?
Ich meine: ja, es geht ums Ganze. Denn das tägliche Geschehen im Internet beweist: Von der Durchsetzung des Urheberrechts wie auch von seiner Nichtdurchsetzung profitieren einige wenige, immer schneller wachsende Konzerne, die die Macht im Netz unter sich aufteilen.
Täglich füttern eine Milliarde User Facebook mit urheberrechtlich geschützten Inhalten, mit Youtube-Videos, mit kopierten Fotos, mit Sounddateien. Kein Cent wird dafür an die eigentlichen Urheber ausbezahlt. Google, Inhaber unter anderem von Youtube, profitiert in ungeahnten finanziellen Höhen davon, dass im Netz nach Medien gesucht wird, für die man sonst zahlen müsste. Das sind die Hauptverdiener des freien Dateitausches, nicht die Piraten, nicht irgendwelche dubiosen Tauschbörsen, die diese Entwicklung nur befördern.
Gleichzeitig mit dem Aufstieg von Google und Facebook wurde aus Apple der größte Musikhändler der Welt. Weil die Musikindustrie die Entwicklung im Internet nicht wahrhaben wollte. Und wir als User nun damit konfrontiert sind, dass das Copyright auf Musik nun besonders drastisch durchgesetzt wird.
Kaufen wir einen Song bei iTunes, dürfen wir ihn nicht herborgen wie eine CD, wir dürfen ihn auch nicht kopieren, und selbst die Anzahl der Geräte, auf den wir ihn anhören dürfen, wird uns vorgeschrieben. Die wenigen Cent, die für unseren Kauf an die Urheber ausbezahlt werden, zeigen ihre Ohnmacht gegenüber den neuen Verwertungsmodellen.
Das freie Netz ist eine Illusion geblieben. So wurde in Österreich vor kurzem eine der ältesten alternativen Online-Communities, die "Blackbox" zu Grabe getragen. Sie war lang vor dem Durchbruch des WWW eine zentrale Kommunikationsplattform, ohne Werbung, betrieben vor ein paar Idealisten. MySpace, Facebook, Yahoo, Twitter und Google haben solche Projekte beerdigt.
Unsere Kommunikation im Netz ist heute durchkommerzialisiert, sie findet auf Webseiten statt, die Milliarden Dollar schwer sind. Ganz ähnlich verhält es sich mit Kunst und Kultur im Netz. Solange es nicht möglich ist, einen Raum im Internet zu etablieren, dessen Hintergründe nicht ausschließlich profitorientiert sind und in dem die Netzgemeinde Künstlern fairere Chancen einräumen kann, wird die Debatte um das Urheberrecht keine Lösungen zeitigen.
Und an den Spielregeln der Kulturindustrie, die Bestseller zu fördern und die Nische Nische bleiben zu lassen, hat die Entwicklung des Internets nichts verändert. Ganz im Gegenteil. Erst ein Netz, das von seinen Akteuren dominiert wird, statt von seinen Betreibern, könnte einen neuen Umgang mit der Kunst bewirken.
Sollte Sie diese "Tagesfrage" interessieren, können Sie diesen Beitrag gerne weiterkopieren und verbreiten.
Stefan Kraft, Verleger und Publizist in Wien, leitet gemeinschaftlich den Promedia Verlag in Wien, schrieb u. a. für "Datum" und "Die Presse", Redakteur des Fußballmagazins "Ballesterer", gab vor kurzem das Buch heraus: "Wer besitzt das Internet? Die Freiheit im Netz und das Urheberrecht. Eine Streitschrift" (Promedia 2012)