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Mit Ernst, Wehmut und Ironie
Auch wenn Robert Schumanns Violinkonzert d-Moll mittlerweile eine geachtete Position im Konzertleben einnimmt, und auch wenn in jüngster Zeit geradezu ein Schub von Neueinspielungen zu verzeichnen ist – zur "Zugnummer" ist es dennoch nicht geworden.
Allzu lange standen einer Etablierung dieses 1853 komponierten Werkes geradezu tragische Widrigkeiten im Wege. Sie begannen damit, dass es zu Lebzeiten Robert Schumanns weder druckfertig vorlag, geschweige denn uraufgeführt werden konnte. Die Misere setzte sich fort mit der zwiespältigen Bewertung, die das Konzert nach Schumanns Tod durch dessen Witwe Clara, wohl auch durch Johannes Brahms, vor allem aber durch den Geiger Joseph Joachim erfuhr. Mit der Folge, dass Schumanns letztes Orchesterwerk in die damals entstehende erste Schumann-Gesamtausgabe nicht aufgenommen wurde.
Da sich anfangs sowohl Clara Schumann als auch Joseph Joachim, dem das Violinkonzert zugeeignet war, für das Stück begeisterten, müssen ihre späteren Vorbehalte im Zusammenhang gesehen werden mit dem nachhaltigen Bann, unter den Schumanns finales Schaffen im Ganzen geriet. An der Schwelle seiner geistigen Erkrankung entstanden, konnte sich dieses Œuvre – so die gängige Meinung – nicht mehr auf der Höhe seiner Kunst befinden.
Schutz durch Schweigen
Um das Ruhmesbild des verehrten Meisters zu "beschützen", hielten seine Mitstreiter das Violinkonzert vor der Öffentlichkeit somit verborgen. Zudem wollte man ein potentiell strittiges Werk aus der damals tobenden Kontroverse zwischen "Konservativen" und "Neudeutschen" heraushalten – aus dem Konflikt um die Beethoven-Nachfolge also, der zwischen den Anhängern Brahms' auf der einen und denen Wagners auf der anderen Seite ausgebrochen war.
Eine weitere Hürde für die Rezeption des Werks entstand, als das Autograph im Nachlass Joachims verschwand und eine Nichtveröffentlichung bis zum 100. Todesjahr des Komponisten verfügt wurde. Dass sich die Sperrfrist schließlich auf 81 Jahre verkürzte, kann allerdings auch nicht als glückliche Fügung betrachtet werden. Denn nun – man schrieb das Jahr 1937 – gerieten Publikation und Uraufführung von Schumanns Violinkonzert unter fatale politische Vorzeichen: Das Werk sollte als "arischer" Ersatz für das verfemte Violinkonzert von Felix Mendelssohn Bartholdy herhalten und wurde im Rahmen einer nationalsozialistischen Propagandaveranstaltung aus der Taufe gehoben.
Gegen diese historischen Hypotheken war nur schwer anzukommen, und es bedurfte des Engagements von Interpreten verschiedener Generationen, um Schumanns Violinkonzert zu rehabilitieren. Eine Pionierleistung vollbrachte Yehudi Menuhin, der sich – anders als Georg Kulenkampff, der Solist der Uraufführung – vorbehaltlos zur originalen Gestalt des Werks bekannte. Ihm folgte Henryk Szeryng, dessen meisterhaftes Spiel alle Behauptungen Lügen strafte, der Solopart sei zwar schwer ausführbar, aber wenig wirkungsvoll.
Musik der gedeckten Farben
Vielen heutigen Solistinnen und Solisten scheint die Frage nach effektsicheren Aufgaben zweitrangig zu sein. Meist wissen sie mit dem ganz eigenen Anspruch und Charakter des Konzerts produktiv umzugehen – eines Werks, dessen Schönheiten nicht offen zutage treten, einer Musik der gedeckten Farben, die die Klangmöglichkeiten der Violine eher zurückhaltend nutzt. Anstelle virtuosen Blendwerks bietet das Stück – nach Schumanns eigenen Worten – "das Abbild von einem gewissen Ernst, hinter dem oft eine fröhliche Stimmung hervorsieht". Diese Ausdruckshaltungen phantasievoll zu verbinden, gehört zu den Kriterien gelungener Darbietungen des Konzerts.