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Rosen aus dem Süden
Englische Musik mit italienischem Flair: William Waltons Violinkonzert ist eine Liebeserklärung an die Schönheit Italiens und an die englische Geliebte des Komponisten. In deren Villa entstand das Werk kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs.
Eine Solo-Violine steht einem Orchester gegenüber – das ist seit der Barockzeit eine der geläufigsten Konstellation der Instrumentalmusik und zugleich eine Konfrontation zweier Welten. Wie soll sich dieses kleine Instrument gegenüber einem großen Kollektiv behaupten?
Etliche Komponisten haben im Ringen um die Balance von Violine und Orchester einige ihrer größten Meisterwerke geschaffen, und das durchaus konfliktträchtige Gegenüber dieser beiden Sphären brachte es mit sich, dass sich die Gattung Violinkonzert ausgerechnet in den 1930er Jahren besonderer Beliebtheit erfreute. Im Zeitalter des Totalitarismus und am Vorabend des Zweiten Weltkriegs entstanden bedeutende Violinkonzerte von Samuel Barber, Béla Bartók, Alban Berg, Benjamin Britten, Paul Hindemith, Arnold Schönberg und anderen.
Wo die Zitronen blühen
Einer der interessantesten "anderen" ist heute nicht mehr sonderlich präsent, was in jeder Hinsicht bedauerlich ist: William Walton (1902-1983). Er schrieb sein Violinkonzert für den berühmten Virtuosen Jascha Heifetz. So "englisch" die Musik des aus Lancashire stammenden Komponisten anmuten mag, so "italienisch" ist sie gleichermaßen: Walton hatte ein besonderes Faible für Italien. Dort – auf Ischia – ließ er sich später mit seiner aus Argentinien stammenden Frau Susana nieder.
Ein anderes Faible Waltons galt adeligen Damen, die er zu Förderinnen (und manchmal auch zu Liebhaberinnen) zu machen verstand. Mit einer von ihnen, der Viscountess Wimborne, weilte er 1938 in Ravello, als er auf Heifetz‘ Anregung zurückkam und ein Violinkonzert schrieb.
Das italienische Flair des Werks ist schon aus einer Satzbezeichnung wie "Presto capriccioso alla napolitana" zu erahnen. Es ist eine komponierte Liebeserklärung, schwärmerisch und bisweilen wild bewegt, jedoch ohne Bitterkeit. Kurz nach Kriegsausbruch spielte Heifetz die Uraufführung in Cleveland; andere Geiger übernahmen das Werk in ihr Repertoire, etwa Yehudi Menuhin (der es 1969 unter Leitung des Komponisten aufnahm) oder Nigel Kennedy.