Das wahre, bunte Leben
Er fotografiert die dicken Fish-and-Chips-Esser in England, die reichen Russen, den krebsroten Urlauber im Liegestuhl. Martin Parr lichtet das wahre Leben ab, mal schrill, mal trist, mal trashig oder öde. Das C/O Berlin zeigt nun Serien und Einzelaufnahmen aus den vergangenen 20 Jahren seines Schaffens.
Saftige Wiesen, rauschendes Meer, breiter Strand, ein Pier zum promenieren und - natürlich - zum unterstellen im britischen Regen: Solche Bilder kommen einem in den Sinn, wenn man an England denkt, im Sommer. Aber Martin Parr führt dem Betrachter das krasse Gegenteil vor Augen - England im Sommer, auf seinen Fotos ist das Beton statt Sandstrand, im plätschernden Wasser treibender Müll statt Gischt sprühende Brandung, überfüllte Imbissbuden und Papierkörbe, dicke, sonnenverbrannte Menschen.
Last Resort nennt der 1952 in Südengland geborene Parr so zynisch wie doppeldeutig diese zweifelhaften Badefreuden - ein letzter Zufluchtsort, der eigentlich "Das Letzte" ist.
Diese vor 24 Jahren entstandene Serie war die erste, die Martin Parr in Farbe fotografierte, und sie machte ihn berühmt für seine Art, die Kamera einfach auf das einfache Leben zu richten. Mit einem gnadenlosen Blick für das Absurde - im Banalen.
"Während Kollegen von mir die Krisen dieser Welt, die fernen Kriege und Krankheiten dokumentieren, will ich das normale Leben an ganz gewöhnlichen Orten zeigen. Es gibt nichts, was ich nicht fotografieren würde. Dabei wähle ich natürlich bestimmte Ausschnitte aus und schaue mit einer gewissen Ironie auf meine Motive."
Inspiriert von seinem Großvater, beginnt Martin Parr mit 14 Jahren zu fotografieren, studiert in den frühen Siebzigern an der Uni in Manchester und entwickelt dann seinen besonderen Stil immer weiter, und seinen Blick vor allem für die Menschen. Er lichtet sie ab beim Mobiltelefonieren mit ihren großen, kleinen, klappbaren oder als Häschen verkleideten Handys am Ohr. Er beobachtet sie zu Hause oder im Urlaub, fotografiert englische Arbeiter oder russische Millionäre.
Das kann sehr komisch sein, sehr traurig, oder beides.
"Das Leben ist eben zum Lachen und zum Weinen. Das will ich zeigen mit meinen Bildern. Und ich will klar machen, dass die Welt nicht schwarz oder weiß, sondern beides ist."
Doch egal, ob zum Lachen oder zum Weinen - nie stellt Martin Parr die Menschen, die er fotografiert, bloß. So ist man gerührt von der alten Frau, die allein im Fast Food Restaurant isst, und lächelt angesichts der Berliner Kleingärtner, die er vor fünf Jahren aufgenommen hat: Wie sie da stehen, vor ihrer mit Geweihen verzierten Kleingartenhütte mit ihren viel zu engen Leggins, den viel zu gemusterten Oberteilen, den viel zu dicken Bäuchen. Man lächelt, aber man lacht sie nicht aus.
"Nein, ich mache mich auf keinen Fall lustig über die Menschen, die ich fotografiere. Ich lache nicht über ihre Versuche der Selbstdarstellung, über ihre Art, sich zu kleiden, über ihr Aussehen. Wenn Sie lachen, dann ist das ihre Sache. Also, das liegt ganz allein beim Betrachter, obwohl ich zugeben muss, dass es jede Menge Ironie in meiner Arbeit gibt. Ich meine, wie könnte das anders sein, schließlich ist diese Welt zu verrückt, um sie ernst zu nehmen."
In dieser verrückten Welt ist Martin Parr viel unterwegs, allerdings nicht als rasender Reporter. Vielmehr gönnt er sich den zweifelhaften Thrill, gelangweilte Paare zu fotografieren und langweilige Postkarten zu sammeln, letzteres für einen an Tristesse reichen Bildband aus Deutschland Ost - und West.
Autobahnraststätten, Kaufhausfassaden, Hochhaussiedlungen: Postkarten, die leider in der aktuellen Ausstellung nicht zu sehen sind.
Dabei sieht sich Parr durchaus als Dokumentarfotograf. Und - auch wenn es zunächst nicht den Anschein hat - irgendwie hat er Recht. Schließlich führt Martin Parr zusammen, was eben zusammengehört in dieser Welt. Kirche und Konsum zum Beispiel, indem er in Mexiko die Madonnen an einem Devotionalienstand genau so ablichtet, dass man im Hintergrund die McDonalds Leuchtreklame sieht.
Er fotografiert all das, was sich andere nicht trauen würden zu fotografieren, in den knalligsten Farben, die der Drucker, der Film in seiner Kleinbildkamera und das Blitzlicht hergeben: Lila Pudel, tiefrotes Beef, schrumpelige Hot Dogs, rosa Socken in braunen Sandalen, glänzende Glatzköpfe. Darin entdeckt er nationale Eigenheiten und globale Gemeinsamkeiten.
Zwar kommt das manchmal weniger provokant als plakativ daher und die Motive wiederholen sich, aber man ist trotzdem fasziniert vom Fotografen Martin Parr, weil er unsere Welt mit so viel schrägem Humor nimmt.
Und es nicht tragisch, wenn man erkennt, dass es einfach so ist, wie es auf Martin Parrs Bildern ist. Schrecklich schrill, öde und geschmacklos, traurig und trashig, schaurig - und doch irgendwie schön.
Last Resort nennt der 1952 in Südengland geborene Parr so zynisch wie doppeldeutig diese zweifelhaften Badefreuden - ein letzter Zufluchtsort, der eigentlich "Das Letzte" ist.
Diese vor 24 Jahren entstandene Serie war die erste, die Martin Parr in Farbe fotografierte, und sie machte ihn berühmt für seine Art, die Kamera einfach auf das einfache Leben zu richten. Mit einem gnadenlosen Blick für das Absurde - im Banalen.
"Während Kollegen von mir die Krisen dieser Welt, die fernen Kriege und Krankheiten dokumentieren, will ich das normale Leben an ganz gewöhnlichen Orten zeigen. Es gibt nichts, was ich nicht fotografieren würde. Dabei wähle ich natürlich bestimmte Ausschnitte aus und schaue mit einer gewissen Ironie auf meine Motive."
Inspiriert von seinem Großvater, beginnt Martin Parr mit 14 Jahren zu fotografieren, studiert in den frühen Siebzigern an der Uni in Manchester und entwickelt dann seinen besonderen Stil immer weiter, und seinen Blick vor allem für die Menschen. Er lichtet sie ab beim Mobiltelefonieren mit ihren großen, kleinen, klappbaren oder als Häschen verkleideten Handys am Ohr. Er beobachtet sie zu Hause oder im Urlaub, fotografiert englische Arbeiter oder russische Millionäre.
Das kann sehr komisch sein, sehr traurig, oder beides.
"Das Leben ist eben zum Lachen und zum Weinen. Das will ich zeigen mit meinen Bildern. Und ich will klar machen, dass die Welt nicht schwarz oder weiß, sondern beides ist."
Doch egal, ob zum Lachen oder zum Weinen - nie stellt Martin Parr die Menschen, die er fotografiert, bloß. So ist man gerührt von der alten Frau, die allein im Fast Food Restaurant isst, und lächelt angesichts der Berliner Kleingärtner, die er vor fünf Jahren aufgenommen hat: Wie sie da stehen, vor ihrer mit Geweihen verzierten Kleingartenhütte mit ihren viel zu engen Leggins, den viel zu gemusterten Oberteilen, den viel zu dicken Bäuchen. Man lächelt, aber man lacht sie nicht aus.
"Nein, ich mache mich auf keinen Fall lustig über die Menschen, die ich fotografiere. Ich lache nicht über ihre Versuche der Selbstdarstellung, über ihre Art, sich zu kleiden, über ihr Aussehen. Wenn Sie lachen, dann ist das ihre Sache. Also, das liegt ganz allein beim Betrachter, obwohl ich zugeben muss, dass es jede Menge Ironie in meiner Arbeit gibt. Ich meine, wie könnte das anders sein, schließlich ist diese Welt zu verrückt, um sie ernst zu nehmen."
In dieser verrückten Welt ist Martin Parr viel unterwegs, allerdings nicht als rasender Reporter. Vielmehr gönnt er sich den zweifelhaften Thrill, gelangweilte Paare zu fotografieren und langweilige Postkarten zu sammeln, letzteres für einen an Tristesse reichen Bildband aus Deutschland Ost - und West.
Autobahnraststätten, Kaufhausfassaden, Hochhaussiedlungen: Postkarten, die leider in der aktuellen Ausstellung nicht zu sehen sind.
Dabei sieht sich Parr durchaus als Dokumentarfotograf. Und - auch wenn es zunächst nicht den Anschein hat - irgendwie hat er Recht. Schließlich führt Martin Parr zusammen, was eben zusammengehört in dieser Welt. Kirche und Konsum zum Beispiel, indem er in Mexiko die Madonnen an einem Devotionalienstand genau so ablichtet, dass man im Hintergrund die McDonalds Leuchtreklame sieht.
Er fotografiert all das, was sich andere nicht trauen würden zu fotografieren, in den knalligsten Farben, die der Drucker, der Film in seiner Kleinbildkamera und das Blitzlicht hergeben: Lila Pudel, tiefrotes Beef, schrumpelige Hot Dogs, rosa Socken in braunen Sandalen, glänzende Glatzköpfe. Darin entdeckt er nationale Eigenheiten und globale Gemeinsamkeiten.
Zwar kommt das manchmal weniger provokant als plakativ daher und die Motive wiederholen sich, aber man ist trotzdem fasziniert vom Fotografen Martin Parr, weil er unsere Welt mit so viel schrägem Humor nimmt.
Und es nicht tragisch, wenn man erkennt, dass es einfach so ist, wie es auf Martin Parrs Bildern ist. Schrecklich schrill, öde und geschmacklos, traurig und trashig, schaurig - und doch irgendwie schön.