WM-Spiel Frankreich gegen Marokko
"Bessere Szenen konnte man sich nicht wünschen": Fußballfan mit guter Laune. © picture alliance / empics / Zac Goodwin
Der Clash blieb aus
08:35 Minuten
Von einer brenzligen Stimmung war im Vorfeld des Spiels Frankreich gegen Marokko die Rede. Die Realität sah anders aus, sagt der in Paris lehrende Literaturwissenschaftler Jürgen Ritte. Von einem Clash rede vor allem die extreme Rechte.
Frankreich, der amtierende Fußballweltmeister und große Favorit, hat in Katar Marokko 2:0 geschlagen und spielt am Sonntag im Finale gegen Argentinien. Dabei hatten die Marokkaner gute Chancen, als erste afrikanische Mannschaft überhaupt in ein WM-Finale zu gelangen.
Es sollte Bürgerkrieg geben
Im Vorfeld wurde viel über dieses Spiel in den Medien geschrieben und spekuliert. Verschiedene Szenarien machten die Runde, auch von zu erwartenden bürgerkriegsähnlichen Zuständen war die Rede. Doch diese blieben weitgehend aus.
„Manchmal hatte ich den Eindruck, dass bestimmte Artikel, die von einer emotionalen Aufladung sondergleichen sprachen, direkt von der extremen Rechten in Frankreich diktiert worden sind, von Éric Zemmour, dem Präsidentschaftskandidaten, der mit sieben Prozent abgeschnitten hat beim letzten Mal, oder auch von Marine Le Pen“, sagt Jürgen Ritte. Der Literaturwissenschaftler ist Professor für deutschsprachige Literatur und interkulturelle Studien an der Sorbonne in Paris.
„Einen Konflikt herzustellen zwischen Franzosen und Marokkanern, die hier in Frankreich leben, und das Ganze auf dieses WM-Spiel zuzuschneiden – das ist der Diskurs der extremen Rechten in Frankreich, so hat hier sonst kein Mensch geredet über dieses Fußballspiel“, berichtet Ritte.
Mbappé mit marokkanischem Trikot
Zemmour habe sogar von einem Clash der beiden Fußballzivilisationen gesprochen. „Das zeigt, dass dieser Mann von Fußball überhaupt keine Ahnung hat“, so Ritte - spielten doch viele Fußballspieler, die sich nun auf dem Feld gegenüberstanden, in denselben Ligen und Vereinsmannschaften.
Nach dem Spiel lagen sie sich dann auch in den Armen und trösteten sich. „Und der französische Nationalspieler Kylian Mbappé ging mit einem marokkanischen Trikot vom Platz. Bessere Szenen konnte man sich nicht wünschen. Man hatte den Eindruck: Da ist gerade ein Freundschaftsspiel zu Ende gegangen.“