Das Wunder von Essen
Die Krupp-Stiftung hatte 56 Millionen Euro für einen Neubau des Folkwang Museums bereitgestellt. Den hat jetzt der britische Architekt David Chipperfield vorgelegt, der auch schon beim Neubau des Berliner Neuen Museums begeisterte. Sein Bau strahlt architektonische Ruhe aus und lässt in seiner klaren Transparenz die Sammlung des Museums gut zur Geltung kommen.
Wunder stoßen nicht vielen Menschen zu. Und die, denen ein Wunder begegnet, können es meistens nicht glauben. Das geht auch einem Intellektuellen wie Hartwig Fischer nicht anders. Hartwig Fischer ist der Direktor des Folkwang Museums in Essen und das Wunder, das ihm zugestoßen ist, hat sich am Rande der Essener Innenstadt materialisiert: Der Neubau für das Folkwang Museum.
Hartwig Fischer: "Für mich persönlich begann dieses Wunder am 23. August 2006, als ich in London einen Anruf erhielt von Herrn Professor Beitz, der mir sagte, es könne für mich von Interesse sein, mich am nächsten Tag mittags in seinem Büro einzufinden. Dort angekommen, eröffnete er mir, dass das Kuratorium der Krupp-Stiftung einstimmig beschlossen habe, den Neubau des Museum Folkwang als alleinige Förderin zu finanzieren. Er legte das Blatt hin, nahm die Brille ab, schaute mich an und sagte: 'Und jetzt gehen wir zur Pressekonferenz'."
Berthold Beitz, der Mann, der die Krupp-Milliarden verwaltet wie sein eigenes Geld, hatte also die Schatulle aufgemacht: 55 Millionen Euro gab die Stiftung, die mit ganzem Namen "Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung" heißt und nur einen einzigen Zweck hat - alles Geld, das sie mit ihrer Beteiligung an dem Konzern verdient, der heute Thyssen-Krupp heißt, für gemeinnützige Zwecke auszugeben. Zum Beispiel für diesen Museumsneubau an der Bismarckstraße in Essen.
Da steht er nun, bei minus sechs Grad und unter schneewolkengrauem Himmel grünlich schimmernd wie eine Skulptur aus Gletschereis, die von einem ordnungsliebenden Goliath mit dem Geodreieck vermessen wurde. Das grünliche Schimmern kommt von den marmorierten Glaspanelen, mit denen die Fassade verkleidet ist – Panele aus Recyclingglas, um genau zu sein.
Und der imaginäre Goliath mit dem Geodreieck, der diesem Haus so viele rechte Winkel, exakte Vertikalen und ordnende Horizontalen spendiert hat, ist im wirklichen Leben eher klein, Engländer und heißt David Chipperfield. Chipperfield ist ein Star unter den Architekten und auch ein wenig eitel – sein Museumsbau in Essen ist es nicht. Das neue Haus nimmt sich bewusst zurück, um der bemerkenswerten Kunstsammlung, die es umhüllt, keine Konkurrenz zu machen.
David Chipperfield: "The tradition of the Folkwang and its extraordinary collections I think allowed us to consider a museum of a certain calmness in its architectural representation and that we should concentrate on the quality of spaces and the quality of light."
Raum und Licht waren beim Bau also wichtig, während die Gestaltung der Stille huldigt, der architektonischen Ruhe. Herausgekommen ist dabei eine kühle Eleganz, in der die Folkwang-Sammlung glänzen kann: Van Gogh, Gauguin, Cézanne, Matisse, das ganze 19. und 20. Jahrhundert in einem Museum, das als das schönste der Welt beschrieben wurde und schon Legende war, bevor Hitlers Barbaren die meisten Stücke der Sammlung als "entartet" brandmarkten, das Beste ins Ausland verkauften und der Krieg den Rest erledigte.
Die Direktoren Heinz Köhn und Paul Vogt bauten in den 50er und 60er Jahren die Sammlung wieder auf, indem sie Werke zurückkauften und Neues erwarben, das sich am gewesenen Bestand der Vorkriegszeit orientierte. In diese Zeit, die 60er, fiel auch der erste Neubau des Museums, der heute der Altbau ist.
Dessen architektonisches Grundthema hat David Chipperfield wieder aufgenommen – eine Verbeugung vor der Tradition und den Direktoren, die das Folkwang Museum damals wiedererweckten: Transparente, klare Räume, logisch organisiert um zwei grüne Innenhöfe. Missverständnisse sind vom Eingang bis zum Ende ausgeschlossen, sagt David Chipperfield: Links die zu Recht gerühmte Sammlung der Fotografie und die Plakatausstellung, rechts die Dauerausstellung, im Rücken der riesenhafte Raum für die Wechselausstellungen und die Museumscafeteria. Alles auf einen Blick zu erfassen, sagt der Architekt.
David Chipperfield: "From the entrance you are able to see every part of the building. To the left you can see the posters, photography and the prints. On the right hand you can see the new permanent galleries. On this side you can see the new temporary galleries and behind you can see the cafeteria. Everything is highly visible."
Sichtbar, visible, ist ein Teil der Ausstellung schon von außen – durch die großen, museumsuntypischen Fenster, die sich der Direktor Hartwig Fischer gewünscht hat. Wer draußen steht, will mehr sehen – zwangsläufig. Wenn am Ende mit Krupps Millionen, Chipperfields Bau und Folkwangs Sammlung die Besucherzahlen steigen, dann ist es vermutlich perfekt, Hartwig Fischers Museumswunder von Essen.
Hartwig Fischer: "Für mich persönlich begann dieses Wunder am 23. August 2006, als ich in London einen Anruf erhielt von Herrn Professor Beitz, der mir sagte, es könne für mich von Interesse sein, mich am nächsten Tag mittags in seinem Büro einzufinden. Dort angekommen, eröffnete er mir, dass das Kuratorium der Krupp-Stiftung einstimmig beschlossen habe, den Neubau des Museum Folkwang als alleinige Förderin zu finanzieren. Er legte das Blatt hin, nahm die Brille ab, schaute mich an und sagte: 'Und jetzt gehen wir zur Pressekonferenz'."
Berthold Beitz, der Mann, der die Krupp-Milliarden verwaltet wie sein eigenes Geld, hatte also die Schatulle aufgemacht: 55 Millionen Euro gab die Stiftung, die mit ganzem Namen "Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung" heißt und nur einen einzigen Zweck hat - alles Geld, das sie mit ihrer Beteiligung an dem Konzern verdient, der heute Thyssen-Krupp heißt, für gemeinnützige Zwecke auszugeben. Zum Beispiel für diesen Museumsneubau an der Bismarckstraße in Essen.
Da steht er nun, bei minus sechs Grad und unter schneewolkengrauem Himmel grünlich schimmernd wie eine Skulptur aus Gletschereis, die von einem ordnungsliebenden Goliath mit dem Geodreieck vermessen wurde. Das grünliche Schimmern kommt von den marmorierten Glaspanelen, mit denen die Fassade verkleidet ist – Panele aus Recyclingglas, um genau zu sein.
Und der imaginäre Goliath mit dem Geodreieck, der diesem Haus so viele rechte Winkel, exakte Vertikalen und ordnende Horizontalen spendiert hat, ist im wirklichen Leben eher klein, Engländer und heißt David Chipperfield. Chipperfield ist ein Star unter den Architekten und auch ein wenig eitel – sein Museumsbau in Essen ist es nicht. Das neue Haus nimmt sich bewusst zurück, um der bemerkenswerten Kunstsammlung, die es umhüllt, keine Konkurrenz zu machen.
David Chipperfield: "The tradition of the Folkwang and its extraordinary collections I think allowed us to consider a museum of a certain calmness in its architectural representation and that we should concentrate on the quality of spaces and the quality of light."
Raum und Licht waren beim Bau also wichtig, während die Gestaltung der Stille huldigt, der architektonischen Ruhe. Herausgekommen ist dabei eine kühle Eleganz, in der die Folkwang-Sammlung glänzen kann: Van Gogh, Gauguin, Cézanne, Matisse, das ganze 19. und 20. Jahrhundert in einem Museum, das als das schönste der Welt beschrieben wurde und schon Legende war, bevor Hitlers Barbaren die meisten Stücke der Sammlung als "entartet" brandmarkten, das Beste ins Ausland verkauften und der Krieg den Rest erledigte.
Die Direktoren Heinz Köhn und Paul Vogt bauten in den 50er und 60er Jahren die Sammlung wieder auf, indem sie Werke zurückkauften und Neues erwarben, das sich am gewesenen Bestand der Vorkriegszeit orientierte. In diese Zeit, die 60er, fiel auch der erste Neubau des Museums, der heute der Altbau ist.
Dessen architektonisches Grundthema hat David Chipperfield wieder aufgenommen – eine Verbeugung vor der Tradition und den Direktoren, die das Folkwang Museum damals wiedererweckten: Transparente, klare Räume, logisch organisiert um zwei grüne Innenhöfe. Missverständnisse sind vom Eingang bis zum Ende ausgeschlossen, sagt David Chipperfield: Links die zu Recht gerühmte Sammlung der Fotografie und die Plakatausstellung, rechts die Dauerausstellung, im Rücken der riesenhafte Raum für die Wechselausstellungen und die Museumscafeteria. Alles auf einen Blick zu erfassen, sagt der Architekt.
David Chipperfield: "From the entrance you are able to see every part of the building. To the left you can see the posters, photography and the prints. On the right hand you can see the new permanent galleries. On this side you can see the new temporary galleries and behind you can see the cafeteria. Everything is highly visible."
Sichtbar, visible, ist ein Teil der Ausstellung schon von außen – durch die großen, museumsuntypischen Fenster, die sich der Direktor Hartwig Fischer gewünscht hat. Wer draußen steht, will mehr sehen – zwangsläufig. Wenn am Ende mit Krupps Millionen, Chipperfields Bau und Folkwangs Sammlung die Besucherzahlen steigen, dann ist es vermutlich perfekt, Hartwig Fischers Museumswunder von Essen.