"Das Zimmer im Spiegel"
Die jüdische Ärztin Luisa versteckt sich während des Zweiten Weltkriegs in einer Dachmansarde. Die Zeit vergeht dort quälend langsam. Luisa muss lernen, geräuschlos zu leben - ansonsten läuft sie Gefahr, entdeckt zu werden.
Dass sich dem Thema Holocaust im Kino immer noch aufregende, nie gesehene Erlebnisse und Erfahrungen abringen lassen, beweist der junge Filmemacher Rudi Gaul mit dieser nur 50.000 Euro teuren Low-Budget-Produktion.
Wir sehen eine junge, elegante Frau, eingesperrt in eine Dachmansarde. Die jüdische Ärztin Luisa (Kirstin Fischer) wurde von ihrem Ehemann 1941 dort versteckt, die Vorgeschichte wird uns nicht erzählt, aber das braucht es auch nicht und am Ende wissen wir auch nicht, wie lange dieses Eingesperrtsein gedauert hat. Die Zeit vergeht in den vier Wänden quälend langsam. Die Sonne zieht vor das Fenster, Luisa hat Hunger und macht sich Frühstück und Mittagessen, sie wartet auf den Besuch ihres Mannes. Die Nachbarn reden beim Abendbrot, die Frau ist schwanger und an ihrem Befinden lässt sich Zeit messen.
Luisa zieht sich an und aus. Sie lernt, sich mit Dingen zu beschäftigen, die kein Geräusch nach außen dringen lassen, Zigaretten rauchen zum Beispiel, Bücherlesen. Sie flüstert Gedichtzeilen, aber die Wasserspülung betätigen darf sie nicht. Beethovens Klaviermusik dringt aus dem Erdgeschoss, dann die Verdächtigungen der Nachbarn, der Mieter unten sei wohl Jude. Dann niemals mehr Musik, dafür Schüsse auf der Straße. Der Zuschauer erfährt nur, was Luisa wissen kann, er sieht nur, was sie sieht, ihre subjektive Wahrnehmung sind unsere Bilder, die wie die Wände immer enger und dichter werden - beklemmender kann der Ausschluss eines Menschen aus der mitmenschlichen Gemeinschaft im Kino nicht erfahrbar werden.
Als ihr Mann nicht mehr kommt, scheint Luisas Schicksal besiegelt. Dann kommt Judith (Eva Wittenzellner) und die Schauspielerin und Widerstandskämpferin, wohl auch Geliebte ihres Mannes, teilt ihr Schicksal. Sie bringt äußerliches Chaos und Hoffnung, laszive Verführung und damit einhergehend eine Auflösung aller Grenzen. Wovon leben die Frauen, hat sich Luise Judith wirklich hingegeben? Haben die mondänen Verkleidungen bei einem nächtlichen Ausflug wirklich geschützt, hat er überhaupt stattgefunden? Fantasie und Realität sind nicht mehr unterscheidbar, doch der Sog der farbgesättigten Bilder, die Intensität der beiden Darstellerinnen und der gesellschaftliche Ausnahmezustand, in dem die Geschichte angesiedelt ist, lassen unser Ringen um Logik und Klarheit immer unwichtiger werden.
Deutschland 2008, Regie: Rudi Gaul, Darsteller: Kirstin Fischer, Eva Wittenzellner, Maximilian Berger, Klaus Münster, ab 12 Jahren, 106 Minuten
Filmhomepage: "Das Zimmer im Spiegel"
Wir sehen eine junge, elegante Frau, eingesperrt in eine Dachmansarde. Die jüdische Ärztin Luisa (Kirstin Fischer) wurde von ihrem Ehemann 1941 dort versteckt, die Vorgeschichte wird uns nicht erzählt, aber das braucht es auch nicht und am Ende wissen wir auch nicht, wie lange dieses Eingesperrtsein gedauert hat. Die Zeit vergeht in den vier Wänden quälend langsam. Die Sonne zieht vor das Fenster, Luisa hat Hunger und macht sich Frühstück und Mittagessen, sie wartet auf den Besuch ihres Mannes. Die Nachbarn reden beim Abendbrot, die Frau ist schwanger und an ihrem Befinden lässt sich Zeit messen.
Luisa zieht sich an und aus. Sie lernt, sich mit Dingen zu beschäftigen, die kein Geräusch nach außen dringen lassen, Zigaretten rauchen zum Beispiel, Bücherlesen. Sie flüstert Gedichtzeilen, aber die Wasserspülung betätigen darf sie nicht. Beethovens Klaviermusik dringt aus dem Erdgeschoss, dann die Verdächtigungen der Nachbarn, der Mieter unten sei wohl Jude. Dann niemals mehr Musik, dafür Schüsse auf der Straße. Der Zuschauer erfährt nur, was Luisa wissen kann, er sieht nur, was sie sieht, ihre subjektive Wahrnehmung sind unsere Bilder, die wie die Wände immer enger und dichter werden - beklemmender kann der Ausschluss eines Menschen aus der mitmenschlichen Gemeinschaft im Kino nicht erfahrbar werden.
Als ihr Mann nicht mehr kommt, scheint Luisas Schicksal besiegelt. Dann kommt Judith (Eva Wittenzellner) und die Schauspielerin und Widerstandskämpferin, wohl auch Geliebte ihres Mannes, teilt ihr Schicksal. Sie bringt äußerliches Chaos und Hoffnung, laszive Verführung und damit einhergehend eine Auflösung aller Grenzen. Wovon leben die Frauen, hat sich Luise Judith wirklich hingegeben? Haben die mondänen Verkleidungen bei einem nächtlichen Ausflug wirklich geschützt, hat er überhaupt stattgefunden? Fantasie und Realität sind nicht mehr unterscheidbar, doch der Sog der farbgesättigten Bilder, die Intensität der beiden Darstellerinnen und der gesellschaftliche Ausnahmezustand, in dem die Geschichte angesiedelt ist, lassen unser Ringen um Logik und Klarheit immer unwichtiger werden.
Deutschland 2008, Regie: Rudi Gaul, Darsteller: Kirstin Fischer, Eva Wittenzellner, Maximilian Berger, Klaus Münster, ab 12 Jahren, 106 Minuten
Filmhomepage: "Das Zimmer im Spiegel"