"Dass Joyce unlesbar ist, ist totaler Quatsch"

Moderation: Joachim Scholl |
Die Autorin und Kritikerin Pieke Biermann hat den irischen Schriftsteller zu dessen 125. Geburtstag gewürdigt. "Zu diesem General-Irrtum über Joyce, der so Schwellenangst macht und der so unlesbar sei: Es ist totaler Quatsch", sagte sie.
Auszug aus dem Gespräch:

Joachim Scholl: "Die Toten", Frau Biermann, diese Geschichte ist aus Dublin, aus einem Band mit Erzählungen. Der amerikanische Regisseur John Houston hat vor einigen Jahren einen tollen Film draus gemacht, "Die Dubliners" … Das ist kein schlechter Einstieg, um James Joyce kennenzulernen, oder?

Pieke Biermann: Ich glaube, ich bin auch mit den "Dubliners" eingestiegen, aber eher unverpflichtet, ich habe die irgendwie entdeckt. Oder es war "Porträt des Künstlers als junger Mann", ich weiß es nicht mehr ganz genau. Jedenfalls die frühen, noch kleinen Schriften, wo die Multiperspektive auf diese Stadt Dublin hinter seinem eigenen Rücken so ein bisschen anfängt. Weil er Splitter beschreibt, kurze Geschichten, oder eigenes, also über sich selber, Autobiographisches. Zu diesem General-Irrtum über Joyce, der so Schwellenangst macht und der so unlesbar sei: Es ist totaler Quatsch.

Scholl: Sie steigen gleich richtig ein …

Biermann: Entschuldigung, wenn ich das jetzt so richtig scharf verkünde. Das hat gar nichts damit zu tun, dass ich das hier kraft meiner Wassersuppe das beschließe, sondern die Joycians, die berühmte Kultgemeinde um Joyce zeigt das ja: Sie besteht ja nicht nur aus Wissenschaftlern und hochmögenden Akademikern, die sich endlich mit irgendwas beschäftigen können. Es gehören ja die wahnwitzigsten Dilettanten, im wahrsten Sinne des Wortes, dazu. Leute, die dilettieren, die etwas gerne mögen, die sich aus Spaß da rein begeben. Amateure kann man auch sagen, Liebhaber von Joyce.


Das vollständige Gespräch mit Pieke Biermann können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören.