EU hat keine Kontrolle über US-Geheimdienste
Stolz erklärt die EU-Kommission, sie habe die USA zum "angemessenen und verhältnismäßigen" Zugriff ihrer Geheimdienste auf Daten aus der EU bewegen können. Falk Steiner hat daran Zweifel und übt scharfe Kritik am transatlantischen Datenschutzabkommen.
Es sind bislang nur Eckpunkte, die bekannt sind. Die Details des sogenannten Privatsphärenschutzschild-Abkommen werden erst noch verhandelt. Regeln soll es, wie aus der EU in die USA Daten übertragen und dort verarbeitet werden dürfen. Doch es ist bereits absehbar: dieser Schild wird viele nicht zufriedenstellen. Der vom Europäischen Gerichtshof für schwebend unwirksam erklärte Vorgänger, das Safe Harbor-Abkommen, wird um einige Punkte ergänzt, umbenannt und vielleicht auch etwas härter formuliert.
Wirklich positiv ist, dass Europäern, die eine Verletzung ihrer Rechte befürchten, der Rechtsweg in den USA einfacher gemacht werden soll. Hierzu hat vor wenigen Wochen auch die US-Legislative bereits erste Schritte unternommen. Da könnte eine tatsächliche Verbesserung erzielt worden sein.
NSA und CIA unter ausländischer Prüfung? Wohl kaum!
Doch besonders stolz präsentierte die EU-Kommission nun, dass die US-Seite erstmals Erklärungen zum Verhalten ihrer Nachrichtendienste beim Zugriff auf aus der EU stammende Daten abgegeben habe. Nur noch angemessen und verhältnismäßig soll solcher Zugriff überhaupt stattfinden – was das bedeutet, da dürften US- und EU-Einschätzung jedoch bereits auseinandergehen.
Zudem heißt es: Das US-Handelsministerium und die EU-Kommission würden gemeinsam jährlich die Umsetzung prüfen. Spätestens hier stimmt etwas nicht. Denn: Die US-Seite hätte damit zugesichert, der EU-Kommission transparent darzustellen, welche Zugriffe auf Daten aus der EU stattgefunden haben. Das wäre zwar wirklich ein großer Schritt vorwärts. Allein, es fehlt der Glaube. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass die US-Geheimdienste sich von der EU-Kommission kontrollieren lassen. NSA, CIA und DIA ernsthaft von einer ausländischen Exekutive prüfen zu lassen, das kann im US-Kongress kaum auf Zustimmung stoßen, der ja schon mit einem abstrakten Nichtausspähabkommen grundsätzliche Probleme hat. Und das ist nur einer der Punkte, bei denen die EU-Kommission Gefahr läuft, sich mit Lösungsversprechen ohne Inhalt zu blamieren.
Eine Neuauflage von Safe Harbor
Das neue Abkommen, dessen Rahmen nun also stehen soll, kann also in Teilen kaum den Erwartungen gerecht werden. Wiederholt sich also die Geschichte? Auch wenn der konkrete Abkommenstext natürlich abzuwarten bleibt: dass die grundlegenden Probleme gelöst würden, die mit der transatlantischen Vernetzung und dem Zugriffsanspruch der US-Exekutive auf jegliche von US-Firmen verwaltete Daten einhergehen, das wird man von dieser Safe-Harbor-Neuauflage mit dem schönen Namen Privatsphärenschutzschild kaum erwarten können.
Und schon beim ursprünglichen Safe Harbor-Abkommen aus dem Jahr 2000 gab es ja scharf formulierte Bedenken gegen Eckpunkte, Entwürfe und den finalen Text. Bedenken, die schlussendlich vom Europäischen Gerichtshof in maßgeblichen Punkten geteilt wurden, von den Verhandlern zur Jahrtausendwende jedoch weitgehend ignoriert wurden. Wenn sich das wiederholt, stehen die Chancen gut, dass der Europäische Gerichtshof auch das Safe Harbor-Nachfolgeabkommen schon bald "löscht".