Datenschutzabkommen EU/USA
Ob wir uns im Internet bewegen, Einkaufen oder Angestellte eines Unternehmens sind: Immer kann es passieren, dass Daten von uns in den USA landen. © Getty Images / EyeEm / Volker Schlichting / EyeEm
„Ein Etikettenschwindel“
08:17 Minuten
Bereits zwei Datenschutzabkommen zwischen USA und EU wurden vom EuGH gekippt, zuletzt 2020 wegen Spähvorwürfen. Nun soll ein Präsidentenerlass eine Lösung bringen. „Ich sehe überhaupt keine wesentliche Verbesserung“, sagt der Jurist Thilo Weichert.
US-Präsident Joe Biden hat einen neuen Anlauf für ein Datenschutzabkommen zwischen der Europäischen Union und den USA genommen. Er unterzeichnete ein Dekret, das die Daten von Internetnutzern in der EU verbessern und den Bedenken des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Rechnung tragen soll. Der EuGH hatte bereits zweimal Vorgänger-Übereinkommen für die Übermittlung von Daten aus Europa in die USA für ungültig erklärt.
Thilo Weichert vom Netzwerk Datenschutzexpertise bezweifelt allerdings, dass das neue Dekret Bidens wirklich eine Lösung bringen wird. Denn „dieser Präsidentenerlass ändert nicht viel“. Einige Worte seien ausgetauscht worden. „Was vorher geheißen hat, dass nur maßgeschneiderte Datenverarbeitung erlaubt sein soll, das heißt jetzt: notwendig und verhältnismäßig. Das sind rechtliche Begriffe vom europäischen Datenschutzrecht. Aber in der Realität, von den Rahmenbedingungen ändert sich nichts. Aus meiner Sicht ist das nichts anderes als ein Etikettenschwindel.“
"Keine wesentliche Verbesserung"
Ein weiteres Beispiel Weicherts dafür, dass der Präsidentenerlass wenig Verbesserungen zum zuletzt gekippten Abkommen „EU-US Privacy Shield“ bringt: Wurde in der Vergangenheit die Kontrolle der Datenvermittlung in die USA über einen sogenannten Ombudsmann, ein Mitarbeiter des Außenministeriums, vorgenommen, solle es nun ein Gericht sein. Das klinge erst einmal gut. „Wenn man sich dann aber anschaut, wie dieses Gericht ausgestaltet ist, dann stellt man fest, dass es der Regierung nachgeordnet ist. Das heißt, es gehört zur Exekutive, mit der Folge, dass eine richterliche Unabhängigkeit nicht gewährleistet ist und somit auch keine Kontrolle stattfindet.“
Auch der Möglichkeit für EU-Bürgerinnen, sich über einen aus ihrer Sicht widerrechtlichen Zugriff zu beschweren, sieht Weichert nicht ausreichend Rechnung getragen: „Nach der amerikanischen Verfassung sind nur US-Amerikaner klageberechtigt und nicht Europäer. Außerdem gibt es auch keine Transparenz. Ich sehe überhaupt keine wesentliche Verbesserung“, so Weicherts Bilanz. „Er ändert für die US-Geheimdienste nach meiner Einschätzung überhaupt nichts.“
EuGH würde neues Gesetz wohl kippen
Für die EU sei ein neues Datenschutzabkommen dringlich. Deswegen „ist auch die Europäische Kommission bereit, da wirklich einige Kröten zu schlucken“. Sollte die Kommission aber ein an Bidens Dekret orientiertes Gesetz erlassen, so ist sich Weichert relativ sicher: Dieses würde wieder vor dem Europäischen Gerichtshof scheitern. „Es ist einfach notwendig, dass die US-amerikanische Regierung jetzt wirklich mal auch Datenschutz ernst nimmt und die Gesetzte ändert“ und nicht nur ein Dekret erlasse, so der Appell Weicherts.
(lkn)