Partnersuche à la Silicon Valley
Online-Dating ist seit Jahren beliebt. Inzwischen haben die Software-Entwickler im US-amerikanischen Silicon Valley auch Erfolg mit Dating-Apps. Es gibt sie für jede Spezialgruppe. Nur der geschäftliche Erfolg ist noch nicht dauerhaft gesichert.
Ok, gehen wir das ganze mal rein geschäftlich an. Im Silicon Valley sind eigentlich alle immer auf der Suche nach dem "next big thing”, dem nächsten großen Trend, mit dem sich richtig viel Geld verdienen lässt. Und ja, das könnten auch Dating Apps sein. Tinder zum Beispiel, der Platzhirsch unter den Dating Apps, wurde von Merill Lynch voriges Jahr mit 1,35 Milliarden Dollar bewertet - nicht schlecht für eine Firma, die es vor vier Jahren noch nicht gab. Entsprechend selbstbewusst gibt sich CEO Sean Read bei der Antwort auf die Frage, ob's bei Tinder nicht einfach nur um schnellen Sex gehe:
"Nein, wir sind eigentlich am anderen Ende des Spektrums. Uns geht es darum, Ihnen zu helfen, Leute zu treffen, die sie interessant finden - dazu stellen wir eine Verbindung her, damit sie kommunizieren können."
Aber Tinder nutzt dann eben doch die Möglichkeiten der aktuellen Smartphone-Technik und zeigt zum Beispiel andere Tinder-Nutzer in nächster Nähe an - eine Funktion, die vor allem bei Studifeiern in amerikanischen Unis massiv genutzt wird. Und: Tinder hat schon seinen Beitrag zur Popkultur geleistet, mit dem Einführen des Swipes, der Wischgeste mit dem Finger: Wenn die App mir eine mögliche Partnerin vorschlägt, kann ich nach links wischen, um abzulehnen, oder nach rechts, um zu bestätigen. Wischt diejenige auch nach rechts - dann können wir via Textnachricht ein Date ausmachen.
Wer nur Sex will, wischt bei App "Down" nach unten
Die Wisch-Geste ist inzwischen so populär, dass Tinder-Konkurrenten sie auch schon einsetzen, wenn auch etwas anders: "Down" zum Beispiel, früher bekannt unter dem zwar nicht sehr eleganten, aber durchaus aussagekräftigen namen "bang with friends” - auf deutsch etwa: "Freunde poppen”. Wer hier ein Date will, wischt nach oben, wer nur Sex möchte, nach unten - daher auch der App-Name "Down”.
Die meisten Dating Apps fragen übrigens mit Erlaubnis der Nutzer die persönlichen Daten aus deren Facebook-Profil ab. Das heißt, dort wie hier kann sich ein 40-jähriger Mann locker mal als 18-jährige junge Frau ausgeben - das sollte einem als Nutzer klar sein.
Millionen Männer in aller Welt kennen diesen Ton - er zeigt an, dass sie eine Nachricht in "Grindr" haben. "Grindr" hat schwule und bisexuelle Männer als Zielgruppe - und funktioniert im Grunde nicht so viel anders als Tinder. Die App ist sehr beliebt: In einer Gegend wie etwa West Hollywood, einem schwul geprägten Viertel von Los Angeles, sieht man im Umkreis einer Meile locker 200 Nutzer, erklärt Josh Jackson beim US-Radiosender NPR.
Dating-Apps für Christen, Muslime und Juden
Dating-Apps für bestimmte Zielgruppen - da treffen sich gleich mehrere technologische Trends. Denn natürlich funktioniert ein Service um so besser, je genauer der Anbieter die Nutzergruppe und ihre Wünsche definieren kann. Und so gibt es Dating Apps für fast alles und jeden: etwa für engagierte Christen. Die App "Collide" fragt ihre Nutzer ab, wie oft sie in die Kirche gehen und was ihre Lieblingsbibelstelle ist - nun kann man natürlich fragen, inwieweit die wirklich aussägekräftig bei der Partnersuche ist - aber eins ist klar: Bei Tinder würde die Info unter den Tisch fallen.
Vielleicht ist die Frage auch nur ein Mittel, um Nutzer abzuhalten, die gar keine Christen sind - wie die Hauptfigur des Spielfilms "Christian Mingle”, die eigentlich nicht an Gott glaubt, aber über ein christliches Dating-Portal endlich die wirklich zuverlässigen jungen Männer kennenlernen will.
Natürlich gibt es ähnlich Apps auch längst für Muslime - immerhin sagen 80 Prozent der muslimischen Amerikaner, dass Religion in ihrem Leben eine große Rolle spielt. Solche Apps wie "Ishqr" setzen allerdings alles daran, das potenzielle Paar nicht nur zum ersten Date, sondern gleich Richtung Ehe zu bewegen.
So weit geht "JSwipe" nicht, die Dating App für moderne Amerikanerinnen und Amerikaner jüdischen Glaubens. Dafür gibt's dort aber einen lachenden oder weinenden Davidsstern, je nachdem, ob man nach rechts oder links wischt. Gründer David Yarus analysiert natürlich das Verhalten seine Nutzer genau und hat für die Jungs einen dringenden Rat: "Keine Profilfotos mit nacktem Oberkörper posten."
Aber gut, das dürfte je nach Oberkörper ein guter Tipp für fast alle Dating-Apps sein.
Dating-Apps werfen noch kaum Rendite ab
Was den Betreibern der Apps gemein ist: So ganz wissen sie noch nicht, wie sie die Idee auch zu Geld machen. Denn die Apps selbst sind meist kostenlos und nur selten wird Werbung eingeblendet. Tinder hat voriges Jahr eine Plus-Version mit besonderen Zusatzfunktionen eingeführt. Gegen Gebühr können die Nutzer zum Beispiel eine Bewertung rückgängig machen, wenn sie sozusagen danebengewischt haben.
Kostenpunkt: 10 Dollar im Monat - oder 20, wenn die Nutzer älter als 30 Jahre sind. Prompt wurde der Verdacht laut, Tinder wolle ältere Nutzer vergraulen - doch die offizielle Linie ist, dass die in der Tendenz mehr Geld haben und sich deshalb auch die höhere Gebühr leisten können. Wer nichts zahlt, darf auch nur begrenzt oft nach rechts wischen. Damit, so die Tinder-Gründer - die positive Bewertung auch wirklich etwas Besonderes bleibt.