The Sun Sets Eight Times A Day"Der virtuelle Garten ist bis zum 31. Juli 2021 zu besichtigen.
Im virtuellen Gemeinschaftsgarten
11:03 Minuten
Viele gesellschaftliche Herausforderungen lassen sich nur gemeinsam und länderübergreifend angehen. Das Theaterprojekt "The Sun Sets Eight Times A Day" spielt es durch: Über eine Website können Zuschauer aus aller Welt einen 3D-Garten kultivieren.
In den "See der Krise" springen, an einem "Entfremdungspicknick" teilnehmen oder "intime Landschaften" erkunden – und all das, ohne das Haus zu verlassen. Beim Projekt "The Sun Sets Eight Times A Day" ist das möglich: in einem virtuellen Garten im Internet.
Seit dem 21. Juli wird dieser Garten von Künstlern und Künstlerinnen rund um den Erdball multimedial gepflegt. Es geht ihnen dabei um nicht weniger als die ganz großen Fragen unserer Gegenwart.
Weil das Reisen schwieriger wird
Mitinitiiert wurde die Dauerperformance von der Regisseurin Lydia Ziemke und dem Medienkünstler Daniel Hengst. Ziemke möchte ihr Projekt dennoch nicht als ein Produkt der Lockdown-Erfahrungen verstanden wissen, wie sie betont: "Das Projekt war schon vorher konzipiert worden. Und zwar aus der Erkenntnis, dass wir sehr viel internationaler arbeiten müssen, um in Zukunft gemeinsam leben zu können, nicht mehr so viel reisen können werden."
Es gehe darum, Herausforderungen der Zukunft zusammen anzugehen: Klimawandel, politischer Wandel, Pandemie und Gewalt. "Und dafür brauchen wir eine starke Verbindung, aber dafür wird es nicht möglich oder verantwortbar sein, so viel zu reisen, wie wir es in der Vergangenheit getan haben."
Modell für einen neuen Gesellschaftsvertrag
Den virtuellen Garten und die gemeinsame Arbeit an ihm verstehen die Macherinnen und Macher deshalb auch als Probe für neue Formen gesellschaftlichen, aber vor allem auch internationalen Zusammenwirkens.
Lydia Ziemke erläutert das: "Wenn man Rousseau liest, dann wird produktiv erst einmal vor allem hängen bleiben, dass der Mensch miteinander im Verbund, in der Gemeinschaft Verträge machen muss, um voranzukommen oder um friedlich zu leben. Und diese Verträge schauen wir uns eben an, in verschiedenen Kategorien."
Neben der Form der Zusammenarbeit, bei der die beteiligten Künstlerinnen und Künstler während der zehn Tage der Performance immer wieder auf Fragen und Anstöße der anderen reagieren, war Lydia Ziemke und Daniel Hengst auch die Zugänglichkeit der 3D-Umgebung für die Zuschauerinnen und Zuschauer besonders wichtig.
Kein Avatar-Theater
Für Daniel Hengst liegt darin auch ein Unterschied zu ähnlichen virtuellen Räumen im während Corona entstandenen "Netztheater", wie er betont: "Wir haben uns in Abgrenzung zum Beispiel zu Mozilla Hubs nicht ganz konkret auf den Avatar als zentrales Element unserer digitalen Bühne gestürzt. Sondern wir haben gesagt: Das zentrale Element ist die Bühne an sich."
Auch sei es ihnen wichtig gewesen, den Zugang zum dreidimensionalen Raum so einfach wie möglich zu gestalten. "Andererseits gibt es auch sehr viele Beschreibungen und Hilfen auf dieser Website, die einem schon auch mit wenig Vorkenntnissen ermöglichen, zu navigieren, zu schauen und zu entdecken."
Dabei können sich die Zuschauerinnen und Zuschauer auch selber einbringen und den Garten erweitern, indem sie etwa Fragebögen ausfüllen oder Sounddateien hochladen. Zudem können sie sich über Messengerdienste informieren lassen, wenn es neue Objekte im Garten zu entdecken gibt.
Achtmal am Tag, zu jedem Sonnenuntergang in den Ländern der auf mehreren Kontinenten verteilten Künstlerinnen und Künstler, gibt es zudem eine Live-Schalte in das jeweilige Land.
(jeb)