David Adam, Das Genie, das in uns steckt
Die Möglichkeiten der menschlichen Intelligenz
Übersetzt von Jörn Pinnow
dtv, München 2018, 320 Seiten, 16,90 Euro
Eine Wegsuche zum Klugsein
Der Wissenschaftsjournalist David Adam untersucht die bekannten und weniger bekannten Pfade, die Menschen nutzen, um schlauer zu werden. Ganz nebenbei erklärt er dabei, wie Hirn und Körper interagieren – und beschreibt dabei das ungeheuer komplexe Feld der Hirnforschung.
Man kann gar nicht klug genug sein, meint David Adam, und sucht nach Wegen, dem eigenen Intelligenzquotienten (IQ) auf die Sprünge zu helfen. Als Wissenschaftsjournalist setzt er dabei ganz auf die Forschung, auch wenn die offiziell von Neuro-Enhancement, also der geistigen Leistungssteigerung mittels psychoaktiver Substanzen und Geräte, eher abrät. Und so muss Adams sich die Pillen und Hirnstimulatoren über das Internet bestellen und im Selbstversuch herausfinden, wie sehr sich sein Geist wirklich mit Hilfe dieser Mittel verbessern lässt.
Dabei gibt es durchaus praktische Hürden. Wie etwa befestigt man glitschige Elektroden-Schwämmchen verlässlich am eigenen Kopf? Und wie überprüft man, ob die teuren, online-bestellten Pillen wirklich das gewünschte "Modafinil" enthalten? Dieses Mittel hilft Menschen, die unter der Schlafkrankheit Narkolepsie leiden, wird aber derzeit vor allem in den USA von Studenten eingenommen, weil der Wirkstoff auch den Geist von Gesunden schärfen soll. Und so hofft auch David Adam, mit Hilfe des Medikaments beim IQ-Test besser abzuschneiden. Am Ende aber, so sein Fazit, konnte er sich zwar dank der Pille besser konzentrieren, aber insgesamt fühlte er sich ausgebremst, weil er viel zu lange über einzelne Aufgaben nachgrübeln musste.
Den Hilfsmitteln zur Optimierung auf der Spur
Die überaus unterhaltsamen Beschreibungen der Selbstversuche bilden aber nur den Rahmen für eine ernsthafte Kartierung der Wege und Abwege der Intelligenzforschung, die David Adam in seinem Buch vornimmt. "Intelligenz bedeutet, das zu nutzen, was man hat, um das zu bekommen, was man will", schreibt er und sucht Kapitel für Kapitel pragmatisch nach neuen Hilfsmitteln zur Optimierung seiner Intelligenz.
Und die findet er in der Epilepsieforschung genauso wie in der Nahtoderfahrung, beim Tennis wie auch bei den Savants. Das sind Menschen, die trotz niedrigem IQ eine Inselbegabung haben, also etwa rasend schnell Kopfrechnen oder nach nur einem Blick eine Szene bis ins letzte Detail nachzeichnen können. Für den Wissenschaftsjournalisten sind Savants ein Hinweis darauf, dass es im Gehirn eines jeden Menschen verborgene Fähigkeiten schlummern. Doch auch wenn Forscher versuchen, diese verborgenen Fähigkeiten freizuschalten, bleibt fraglich, ob so ein Supergedächtnis per Hirnstimulation tatsächlich ein Segen wäre.
Realität oder Gespinst: Kongnitives Enhancement
David Adam aber gibt sich zuversichtlich. Mehr noch, während der Deutsche Ethikrat noch über die Chancen und Risiken des Gehirn-Dopings debattiert, ist der Brite davon überzeugt, dass sich dieser Trend ohnehin nicht mehr aufhalten lässt. "Die Bevölkerung wächst, und die Chancen schrumpfen. Auf einem solchen Markt könnte kognitives Enhancement ein lebenswichtiges und umkämpftes Instrument werden, um Menschen voranzubringen", heißt es im Buch.
Für Bedenken hat der Autor daher wenig Verständnis. Seine Helden sind Gehirn-Hacker, die die Erkenntnisse der Forscher einfach an sich selbst ausprobieren. Und so ist Adams Buch gleichermaßen unterhaltsam wie informativ, selbst dann, wenn einen seine Voraussagen gruseln. Müssen sie aber nicht, denn laut Forschung hilft Neuro-Enhancement vor allem den Menschen am besten, die vergleichsweise magere Ausgangswerte haben – alle anderen müssen sich weiter selbst anstrengen.