David Höner: "Kochen ist Politik"
Westend Verlag, Frankfurt am Main 2019
256 Seiten, 24 Euro
Frieden geht durch den Magen
06:37 Minuten
Auf der ganzen Welt hat David Höner mit seiner Hilfsorganisation "Cuisine sans frontières" Menschen an den Esstisch gebracht – und Probleme gelöst. Über seine Arbeit hat er ein Buch geschrieben - und verrät, welches Rezept begeistert.
Einfach mal runterkommen und beim gemeinsamen Essen nach Lösungen suchen. Das ist die Idee der Hilfsorganisation "Cuisine sans frontières". Sie wurde 2005 von David Höner gegründet. Seit vielen Jahren reist der Koch und Autor durch die Krisenregionen der Welt, um Menschen beim Kochen und Essen zusammenzubringen. Einen Einblick in das, was er seit 15 Jahren macht, findet sich in seinem Buch "Kochen ist Politik. Warum ich in den Dschungel gehen musste, um Rezepte für den Frieden zu finden".
Gemeinsame Lösungen finden
Wenn man beim Kochen Politik macht, bedeutet dies, zu versuchen, die verschiedenen Kulturen, Welten, Ansichten und Meinungen in einer gemeinsamen Aktion zusammenzubringen, um in Austausch zu kommen, erklärt Höner. Darüber könne dann zu gemeinsamen Lösungen gefunden werden.
Seit 2005 arbeiteten viele verschiede Menschen mit Höner zusammen. Beispielsweise seien nun gleichzeitig zehn bis 15 Köche unentgeltlich im Einsatz. Sie engagierten sich in ihren Ferien oder zwischen zwei Aufträgen.
Es gehe dabei nicht nur um kriegerische Konflikte: So fand das erste Projekt der Organisation in einer kleinen Gemeinde bei Tschernobyl statt. Dort konnte das gemeinsame Essen dazu beitragen, die Hoffnungslosigkeit der Menschen in den Dörfern rund um den Reaktor zu überwinden.
Am Ende sagten die Menschen zu Höner: "David, du brauchst nicht mehr kommen, wir machen das selbst." Er habe dafür lediglich den Anstoß gegeben, sagt der Koch und Autor.
Mit Kriegern Feste feiern
Ein anderes Beispiel sind die Aktivitäten rund um Orwa im Nordwesten Kenias. Dort grenzen die Gebiete der Pokot und Turkana aneinander, die sich "seit Menschengedenken in Stammeskriegen" gegenseitig bekämpften. Im Niemandsland zwischen den beiden Gruppen eröffnete "Cuisine sans frontières" gemeinsam mit Partnern von vor Ort ein Restaurant.
Am Anfang sei keiner erschienen, doch nach und nach seien die Menschen gekommen, berichtet Höner. Dafür sei es auch notwendig gewesen, mit lokalen Warlords zu verhandeln.
Im Laufe von vier bis fünf Jahren seien auch Krieger gekommen. Schlussendlich sei es gelungen, mit den verfeindeten Gruppen sogar gemeinsam Feste zu feiern – und so einen Beitrag zur Befriedung des Konflikts zu leisten.
Lokale Spezialitäten sind beliebt
Kulinarisch gebe es indes kein universelles Rezept, um Frieden zu stiften. Denn die meisten Menschen hätten ihre eigenen lokalen Spezialitäten, die gekocht werden – denn damit seinen auch Erinnerungen verbunden.
"Es ist nicht so, dass sie sich wahnsinnig drauf freuen, wenn ich sage, ich hab die Rösti erfunden und wir machen jetzt etwas Schweizerisches. Dann sagen sie, nein, nein, das wollen wir nicht", sagt Höner.
(rzr)