Singspiel mit Pseudotiefsinn
"Kimberly" ist eine Frau, die aus Liebe tötet. Sie steht im Mittelpunkt von David Schalkos erstem Theaterstück, das nun am Schauspiel Köln uraufgeführt wurde. Doch Schalko, in Österreich mit TV-Serien erfolgreich, hat sich leider zu viel vorgenommen.
In Österreich ist er weltbekannt. Der Autor und Regisseur David Schalko ist seinen Landsleuten so etwas wie der Neuerfinder des Fernsehens. Er hat Showformate entwickelt und vor allem mit Serien Furore gemacht. "Braunschlag" etwa, die kürzlich auch bei uns zu sehen war, hat Quotenerfolge eingefahren, die Kritiker begeistert und internationale Preise eingesammelt. Jetzt hat das Schauspiel Köln David Schalko den Auftrag für sein erstes abendfüllendes Theaterstück erteilt. Die Uraufführung von "Kimberly" hat er selbst inszeniert.
Das Stück führt in die Welt, die dem Autor nach eigener Auskunft besonders nahe ist: die Provinz mit ihren bigotten, engherzigen, egoistischen Einwohnern. Dorthin kommt Kimberly, eine Frau, die zwei ihrer Liebhaber getötet, zerstückelt und eingemauert hat. Sie ist vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen, auf Betreiben ihrer Psychologin, die ihr ebenfalls rettungslos verfallen ist und ihr auf der Spur bleibt, teils aus Eifersucht, teils aus Sorge, sie könnte rückfällig werden. Und darauf steuert der ganze Abend nun zu. Kimberly will ein neues Leben anfangen, aber der erste Mensch, den sie trifft, ist Konrad, der sich auf der Stelle in sie verliebt und damit sein Todesurteil unterschrieben hat. Denn Kimberley kann nicht lieben, nur aus Liebe töten. Fragt sich nur, wann das Urteil vollstreckt wird.
David Schalko will bei "Kimberly" alles auf einmal
Daraus könnte man einen Tatort-Krimi machen, ein dunkles Psychodrama oder eine trashige Groteske, die vom Wirtshausstammtisch bis zu Dr. Freuds Couch kein Klischee auslässt. David Schalko will das alles auf einmal und noch viel mehr. "Kimberly" ist ja auch noch ein Singspiel, dessen Musik von dem norwegischen Komponisten Kyrre Kvam ebenfalls einen bunten Stilmix hinzufügt. Der Autor Schalko liefert einen überambitionierten Text, der gestelzt und pseudotiefsinnig daherschwatzt, den schwarzen Humor aber sehr sparsam dosiert. Der Regisseur Schalko lässt ihn kalt und brav aufsagen, ohne dass in den Figuren irgendein menschliches Wesen fassbar würde, ganz zu schweigen von einem der psychischen Extreme, über die so wortreich reden. Dafür gibt es viel zu sehen auf der Bühne, auf der aus mobilen Raumelementen immer wieder Mauern und andere Hindernisse gebaut werden: farbiges Licht, Nebel, Projektionen.
Und trotzdem fängt man spätestens nach der Pause an sich zu langweilen in "Kimberly" und die zweieinhalb Stunden Spieldauer ziehen sich ganz gewaltig. David Schalko hat sein eigenes Erfolgsrezept nicht befolgt. Eine Serie wie "Braunschlag" lebt von ihrer Bodenständigkeit, davon, dass wir da lauter fast normalen Menschen zuschauen. Nur eine Winzigkeit wird die Schraube überdreht - und öffnet ein Ventil für das Surreale und die Satire. In "Kimberly" sind wir in einer Welt schräger Kunstfiguren. Die Schraube dreht ohne jeden Widerstand. Und produziert Leerlauf.