Davon kriegt man ja Pickel!

Von Udo Pollmer |
Wer Schokolade isst, bekommt Pickel – so die weit verbreitete Meinung. Nun haben Ernährungswissenschaftler Studien dazu überprüft. Ihr Ergebnis: Deren Qualität ist meist so schlecht wie die untersuchte Teenie-Haut.
Pickel im Gesicht sorgen nicht gerade für Begeisterung – schon gar nicht bei Jugendlichen, aber sie gehören zur Pubertät wie der erste Liebeskummer. Eines Tages sind die Hormone bei den meisten wieder im Lot und die Akne ist die letzte erfolgreich überstandene Kinderkrankheit. Doch für die Teenies ist das erst mal ein Tunnel, ohne dass Licht am Ende sichtbar wäre.

Wenn Menschen mit ihrem Körper nicht zufrieden sind, hagelt es von allen Seiten Ernährungstipps. Vorsichtshalber haben die Experten den Begriff "Ernährungsakne" erfunden – eine geniale Geschäftsidee. Denn jetzt gibt es Beratungsbedarf. Was hilft gegen "Ernährungsakne"?

"Verzichte am besten über mehrere Wochen auf (z.B.) alles was Zucker hat. Also auf Schokolade, Kekse, alle Limonaden, Ketchup, Mayo, Pudding, Joghurts, Burger. Schaue immer auf den Zutaten-Zettel und lass alles mit Zucker RADIKAL über mehrere Wochen weg. Wenn du einmal rückfällig wirst, war alles umsonst, weil die Akne wieder aufblüht ..."

Wenn man die vielen Tipps liest, kriegt man allein davon schon die Pickel: Und was hilft? Natürlich die Universalwaffe gegen das Böse dieser Welt: "Obst, Gemüse & Fisch". Als Kronzeuge dienen ein paar traditionell lebende Jäger- und Sammlervölker wie die Kitavan auf Papua Neuguinea oder Eskimos am Polarkreis. Die haben keine Akne – und woran liegt's? Natürlich an der gesunden Kost. Auf Papua-Neuguinea hat der Kannibalismus eine lange kulinarische Tradition – aber wenn das gegen Pickel hilft? Traditionell lebende Eskimo speisen vor allem Walblubber, also das wertvolle Fett, und Robbenspeck. Obst und Gemüse? Fehlanzeige!

Studien: Mal senkt Milch die Pickelzahl, mal verschlimmert sie die Akne
Kürzlich haben Ernährungswissenschaftler der Universität New York die Studien in Sachen Ernährung und Akne zusammengetragen. Sie beklagen zurecht, dass die meisten dieser Ernährungsstudien von bescheidener Qualität sind. Doch in ihrer Zusammenfassung erklären sie vollmundig:

"Die wachsende Fülle an epidemiologischen und experimentellen Erkenntnissen legt einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Akne nahe."

Verdächtig seien vor allem Zucker, Mehl, Fett und Milch.

Die gesammelten Studien liefern einen gemischten Strauß welker Resultate, mal senkt Milch die Akne, mal erhöht sie die Zahl der Pickel. Natürlich sind da auch Studien dabei mit gleich fünf oder sogar vier Teilnehmern. Die besten Effekte erzielte allerdings eine Studie mit zweieinhalbtausend Probanden. Dabei handelt es sich wider Erwarten um eine kommerzielle Abnehm-Diät. Und die machte natürlich nicht nur gertenschlank sondern auch noch pickelfrei. Das Ganze war als Marketing-Gag angelegt, firmiert aber als Studie. So folgt Beweislein auf Beweislein.

Neben dem allseits bekannten Zusammenhang zwischen den Sexualhormonen und dem Auftreten von Akne gibt es noch einen zweiten wichtigen Faktor: die Stresshormone, namentlich das Cortisol – auch sie beeinflussen die Talgdrüsen und lassen die Akne aufblühen. Wenn Pubertierende "Stress" haben, egal ob in der Schule oder mit dem Elternhaus oder Liebeskummer, dann sprießen nicht nur die Pickel, dann greifen sie auch zu Desserts und Schokolade – und siehe da, die Milch oder die Schokolade war's. Da Jugendliche gewöhnlich etwas andere Ernährungsvorlieben haben als ihre Eltern, und dem Fastfood eher zugeneigt sind, ist es für Ernährungswissenschaftler eine einfache Übung, passende Studien zu produzieren. Es genügt die Ernährung der Teenies mit dem Pickelstatus zu korrelieren. Und simsalabim: die Pommes waren es!

Mit einigem Geschick lässt sich vielleicht auch noch eine Korrelation zwischen Pickeln in der Pubertät und Herzinfarkt im Alter aus den Daten destillieren. Dieser Frage sind vor einigen Jahren tatsächlich britische Forscher nachgegangen. Ergebnis: Akne in der Jugend senkt das Risiko von Herz-Kreislauf-Krankheiten im Alter rein statistisch um ein ganzes Drittel. Hoffentlich bringt dieses Ergebnis unsere Präventionsmediziner nicht schon wieder auf dumme Gedanken. Mahlzeit!

Literatur:
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