Forschungsprojekt zur DDR-Geschichte

Wie sich Alltag in den Medien spiegelte

06:53 Minuten
Privat organisiertes Punkkonzert in einem Ostberliner Hinterhof im Mai 1985. Vier Musiker spielen und singen in einem leeren Hinterhof vor einer bröckelnden Mauer.
Auch das gehört zur Erinnerung an den DDR-Alltag: Privates Punkkonzert in Ostberlin, 1985 © imago / Frank Sorge
Frank Bösch im Gespräch mit Ute Welty · 07.07.2022
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Besonders interessant ist oft das, was nicht in den Geschichtsbüchern steht: Forschende untersuchen das mediale Erbe der DDR, auch anhand privater Erinnerungen. Der Historiker Frank Bösch sagt, warum diese Alltagsgeschichten so wichtig sind.
Das kollektive wie das individuelle Gedächtnis beinhaltet so viel mehr als das, was dann später in den Geschichtsbüchern zu lesen ist: Welche Musik haben wir gehört, welche Sendungen im Fernsehen angeschaut und wie über welche Ereignisse berichtet?
Das gilt für die Menschen in der DDR in besonderem Maße: In den turbulenten Zeiten der Wende drohte so einiges verloren zu gehen, Altes verschwand, musste Platz machen für den neuen Alltag. Aber es verschwand eben doch nicht restlos.

Gerettet für die Forschung

Davon zeugen unter anderem viele Schmalfilme und Fotos, die im Privaten entstanden. Einiges davon landete irgendwann auf Flohmärkten, anderes konnte aber gefunden und gerettet werden.
Wie wird das Bild der DDR durch Medien und Medienmenschen geprägt, aber auch durch Musik, Schulbücher, Filme und private Fotos? Der Forschungsverbund „Das mediale Erbe der DDR“ geht der Frage nach, wie solche Medien ostdeutsche Biografien begleitet haben. Frank Bösch, Direktor des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam und stellvertretender Sprecher des Verbunds, beschritt auch unkonventionelle Wege, um an das Forschungsmaterial zu kommen.
„Wir haben Aufrufe gemacht, zum Beispiel in der ‚Super Illu‘, ob Leute uns ihre Schmalfilme oder auch ihre Fotoalben zur Verfügung stellen“, beschreibt der Historiker das Vorgehen. „Und wir haben geschaut, was sind eigentlich prominente Bands, die auch in den 90er-Jahren weiter Erfolg haben. Dann haben wir in einem weiteren Schritt geschaut: Wie wird das eigentlich tradiert, was wird aufbewahrt, welche Erzählungen sind damit verbunden?“

Warum gerieten populäre Bands in Vergessenheit?

Interessant ist für Bösch unter anderem: Warum verloren einige in der DDR populäre Bands nach der Wende ihre Bedeutung, während andere, die erst in den 80er-Jahren ihren Durchbruch erlebt hatten, in den 90ern so richtig durchstarteten? Warum geriet beispielsweise die Heavy-Metal-Bewegung der DDR in Vergessenheit?
Eine wichtig Frage sei auch, wie DDR-Journalistinnen und –Journalisten in der Wendezeit der Sprung in die 90er-Jahre gelungen sei. Und wie es bestimmten TV-Größen glückte, ihre Erfolge im gesamtdeutschen Fernsehen fortzusetzen.

Der Öffentlichkeit zugänglich

Das aus Privatbeständen gesammelte Forschungsmaterial verschwindet nicht in igendwelchen Schränken. Neben Büchern, die darüber geschrieben werden, wird das Material der Öffentlichkeit auch im Netz zugänglich gemacht, zum Beispiel über das Online-Portal „Open Memory Box“.
Dort seien 400 Stunden Schmalfilmmaterial  hinterlegt. „Daraus haben wir Filme gemacht, in denen diejenigen, die in dem Filmmaterial zu sehen sind oder die Macher sind, das selbst kommentieren“, berichtet Bösch. Dadurch entstehe ein ganz anderes Bild.
(mkn)

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