Die Hyparschale in Magdeburg von DDR-Architekt Ulrich Müther ist ein Beispiel dafür, dass man DDR-Denkmale auch sanieren kann, anstatt sie abzureißen. Eine Reportage über die Sanierungsarbeiten einer Ikone der Ost-Moderne.
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Leuchttürme der Erinnerung
07:31 Minuten
Viele Bauten aus der DDR wurden in den 90er-Jahren einfach abgerissen – obwohl sie teilweise unter Denkmalschutz standen. Erst jetzt wird der Wert der Denkmale langsam anerkannt – in ästhetischer, aber auch erinnerungspolitischer Hinsicht.
30 Jahre nach dem Mauerfall kommen immer mehr Baudenkmale der DDR langsam zu ihrem Recht. Sie werden gewürdigt und nicht einfach nur abgerissen. Anne Holper und Matthias Käther begreifen die Architektur der DDR schon länger als wichtige Zeugnisse der Baugeschichte – und haben 2003 als erste nach der Wende einen Stadtführer geschrieben, der sich den DDR-Baudenkmalen in Ostberlin widmet.
Matthias Käther lebte damals selbst in Friedrichshain. "Ich bin durch diese Stadt gegangen und war beeindruckt von diesen Bauten – und habe mich immer gefragt: Wann ist das eigentlich gebaut worden?", sagt Käther.
So sei die Idee zum Stadtführer entstanden. Vor allem der Austausch mit seiner Co-Autorin, die aus München stammt, sei eine spannende Erfahrung gewesen sich.
Kubistische Ästhetik oder schnöder Plattenbau?
"Interessanterweise war Anne viel weniger voreingenommen als ich. Es gibt so Mini-Plattenbauten in Pankow, da wurden die Botschaften reingesteckt von kleinen Staaten. Anne fand, diese Würfel hätten etwas Kubistisches, und für mich war das einfach schnöder Plattenbau."
Matthias Käthers persönliches Lieblingsbaudenkmal in Ostberlin ist das Hochhaus an der Weberwiese. "Hermann Henselmann hat das entworfen, was man gar nicht unbedingt glauben würde, weil der ja später berühmt geworden ist, auch für den Fernsehturm – was mit einem ganz anderen Architektur angereichert ist."
Aus Trümmern gebaut
Henselmann habe das Hochhaus selber einen "Leuchtturm in Trümmern" genannt. Das schneeweiße Wohnhaus wurde aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs gebaut. "Und das hatte natürlich damals auch so eine Aufbau-, Startsymbolik. Die überträgt sich für mich immer noch", so Käther.
Ein Kapitel des Reiseführers widmet sich abgerissenen Objekten, darunter die Gaststätte Ahornblatt in Berlin-Mitte. Eigentlich stand das Ahornblatt unter Denkmalschutz. Trotzdem wurde es im Jahr 2000 abgerissen. Was kein Einzelfall sei, sagt Matthias Käther.
"Auch das Centrum Warenhaus am Alex stand unter Denkmalschutz. Da hat man sich auch drüber hinweggesetzt. Die Schalenbauweise des Ahornblatts, die ist ganz aufwendig und widerspricht dem Mythos von schnellen Fertigbauweisen."
Architektonischer Revanchismus
Mit Blick auf die 90er-Jahre könne man in manchen Fällen von einer Art architektonischem Revanchismus sprechen, so Käther. Aber nicht jeder Abriss sei ein Politikum. Manchmal ginge es auch schlicht um Ästhetik.
Für viele Ostdeutsche seien die Häuser inzwischen das Einzige aus der DDR, was noch geblieben sei. "Oder was man ihnen noch gelassen hat, um das mal polemisch zu formulieren", sagt Käther. "Egal, was man mit der DDR assoziiert: Ich finde es wichtig, dass es stehenbleibt, damit man es sieht. Und damit man sich diese Fragen zu Geschichte auch immer wieder stellt."
(rod)